Ich weiß, ich weiß, ich hatte gerade erst lange Urlaub. Das stimmt. Auch wenn ich in der Zeit fleißig war. Aber ja, jetzt, nach gerade mal wieder fünf Wochen im Job, nehme ich mir schon wieder Urlaub. Und es ist wieder etwas ganz Besonderes. Ich fliege nämlich mit meinem jüngsten Sohn für ein paar Tage nach England: London, Liverpool, Manchester. Er freut sich, glaube ich, sehr. Ich freue mich so sehr, dass es (fast) an Nervosität grenzt. Haben wir in der Form auch noch nicht gemacht, dabei ist er fast 16. Naja, besser spät als nie.
Es wird sicher ein guter Mix aus Sport und Musik. Fußball, Beatles, Anfield Road (zumindest mal vorbeigehen), Abbey Road (auf jeden Fall drübergehen), es ist mir sogar (fast) egal, wie das Wetter wird. Cool ist, dass wir am Tag des Championsleague-Rückspiels zwischen Bayern und Liverpool in England sind. Allerdings spielen sie ja dann zuhause in München. Trotzdem cool. Werde aber darauf verzichten, in meinem Bayern-Trikot einen Pub aufzusuchen. Obwohl das auch lustig werden könnte. Für meinen Sohn.
Übrigens mal ganz kurz: Es reden ja schon wieder alle von der guten Ausgangsposition, weil Bayern im Hinspiel in Liverpool 0:0 gespielt hat. Aber die eingefleischten Bayern-Fans wissen natürlich, dass genau das vor (fast) 40 Jahren schon mal schiefgegangen ist. 0:0 in Liverpool im Hinspiel, im Rückspiel 1:1 in München, kurz vor Schluss, Liverpool war weiter wegen des Auswärtstores. Eine traumatische Kindheitserinnerung meinerseits, die man heute im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit schön wieder aufleben lassen kann:
Das wird sicher Thema in der Vorbericht-Erstattung sein. Hoffentlich vergegenwärtigen sich die Spieler das auch nochmal. Kalle Rummenigge könnte sogar ein Lied davon singen.
Zu guter Letzt ein Hinweis in eigener Sache. Die Alphabeten haben eine neue Folge ihres Podcasts übers Schreiben veröffentlicht. Hört doch mal leise rein und gebt Laut, wie Euch der Stil gefällt. Wir finden´s schon (fast) optimal.
Haben gestern Abend als Familie zusammen ein bisschen GNTM geguckt. Ich habe auch schon Filme über die Fashion Week gemacht, das Genre ist mir also nicht fremd. Und außerdem kann das ganz lustig sein, sowas zusammen mit einem 17-Jährigen und dessen Mutter zu schauen. War es auch. Bis die BUNTE.de Chefredakteurin Julia Bauer ins Spiel kam, zum „Medientraining“. Also, abgesehen davon, dass man nie sicher sein kann, was bei solchen Formaten echt, geskriptet, inszeniert oder zumindest initiiert ist, fand ich die Dramaturgie, bzw. die Funktion der Journalistin etwas grenzwertig. Ja, es ist eben Fernseh-Unterhaltung und keine arte-Doku, und als SPIEGEL-Mitarbeiter muss man im Moment ohnehin ganz still sein, und vermutlich saß Frau Bauer auch nicht mit im Schnitt, aber wie im Prinzip rüberkam, dass bestimmte Models – jeweils mit gerade mal einem Halbsatz zu Wort kommend – als langweilig, nicht ehrgeizig oder arrogant bezeichnet wurden, fand ich schwierig. Aber es wurde noch schwieriger: Die „Expertin“ stellte nicht nur unbequeme Fragen, was für ein Medientraining ja noch okay gewesen wäre, sie profitierte auch noch von einem Konflikt zwischen den Mädchen und freute sich dann, als eines der Mädchen schon den Tränen nahe war, über eine coole Headline für ihr Produkt.
Wenn dieser Auftritt verkörpern soll, wie Journalisten heutzutage arbeiten (müssen), dann möchte ich lieber meinen Beruf an den Nagel hängen.
Glücklicherweise gibt es aber auch schöne Überraschungen: Habe in den letzten Tagen angefangen, eine noch nicht so alte, aber auch nicht taufrische Tokio-Hotel-Doku zu gucken. Sie heißt „Hinter die Welt“ und läuft in 4 Teilen auf YouTube. Und da muss ich sagen, dass mich dieser Film mehrfach überrascht hat. Klar, natürlich wollen die auch ihre VIP-Tickets verkaufen, aber trotzdem: sehr gelungene Parallelmontage der Lebensmittelpunkte der Band (Magdeburg und L.A.), insgesamt sehr nette, reflektierte Typen, interessante Rollenverteilung, lange Historie, und ich hätte nicht gedacht, dass die sich wirklich so viel selber um Dinge kümmern, vor allem im Studio (zumindest hat man den Eindruck). Und die symbiotische Beziehung der Zwillinge, mit dem schrillen Bill und Tom, der Bill immer beschützt hat, das hat mich mehrfach berührt. Klar, als Vater von Söhnen horcht man da natürlich auf. Es gibt im 4. Teil diese eine Einstellung, irgendwo in Russland, glaube ich, in so einem typischen Backstage-Raum. Bill signiert Plakate und Tom hängt im Sessel und spielt Gitarre. Bestes Bild!
Screenshot aus: Hinter die Welt, gibt´s auch auf DVD bei Amazon
Es wäre spannend zu sehen, wie sich dieses Verhältnis nun verändert, seitdem Tom mit seiner Freundin – und da – KREISCH! – schließt sich der Kreis, Heidi Klum zusammen ist. Aber gut, man kann nicht alles haben. Die BUNTE-Kollegin könnte sich von Tokio-Hotel jedenfalls mal ein paar Tipps in Sachen Menschlichkeit holen, und dass ich DAS mal so schreiben würde, hätte ich auch nicht gedacht.
Ansonsten? Watch out for the nice Brecht-Story von Volker Weidermann im neuen SPIEGEL. Ich kann allerdings an dieser Stelle verraten, dass der Kollege Weidermann den Bertolt nicht persönlich gesprochen hat.
Und? Mit ein paar Minuten Distanz weiß ich jetzt, was mich stört: Ein „Medientraining“ für nichtgeübte Menschen, die zum ersten Mal im Rampenlicht stehen, vor einem Millionen-Publikum durchzuführen, da muss man erstmal draufkommen. Das wäre so, als hätte ich meinen Kindern Schwimmen beigebracht, in dem ich sie auf offener See über Bord schmeiße – und mich dann noch darüber lustig gemacht, dass sie Wasser schlucken.
Vielleicht ist sie auch nur Teil einer großen Inszenierung. Aber dann finde ich es immer noch schwierig, welches Berufsbild vom Journalismus das transportiert wird.
Habe vor lauter Alltag gar nicht mitbekommen, dass Mark Hollis gestorben ist. Der Talk Talk-Sänger. Such a Shame ist für mich nach wie vor einer der besten Popsongs aller Zeiten, kraft- und gefühlvoll zugleich. Tanzbar und dennoch in keinster Weise schlicht. Allein das Intro, ein Meisterwerk. Dabei verraten die letzten Alben und vor allem Marks Solo Album im Grunde noch viel mehr über den Künstler Mark Hollis. Inspiriert, intuitiv, eigensinnig, nicht auf den Markt oder Absatzzahlen schielend. Beeindruckend.
Brexit, Venezuela, und die ganzen anderen Präsidentenjungs – es ist ja nicht so, dass das Weltgeschehen gerade ein Mittagsschläfchen hält. Und es ist nahezu grotesk, wie behütet, ruhig und friedlich alles hier in unserem kleinen Land im Vergleich zum großen Rest funktioniert. Ja, eine trügerische Ruhe vielleicht, mit seltsamen Schwingungen, aber wir stehen nicht morgens vor einem leeren Kühlschrank, weil die Politik versagt.
Wie Eltern zum Teil weltweit Probleme haben, für ihre Kinder zu sorgen, unbeschwert Zeit mit ihnen zu verbringen, das Leben zu genießen, und das im 21. Jahrhundert, das ist im Grunde unbegreiflich.
Ich weiß, es gibt auch unter Politikern, wie in jedem anderen Bereich menschlichen Lebens, gute und schlechte, in moralischem Sinne, aber auch, was deren Kompetenz betrifft. Doch es tummeln sich in den Parlamenten und Palästen schon erstaunlich viele, deren „Politik“ sich auf Machtpolitik beschränkt.
Aber die Menschen neigen ja auch dazu, sich immer wieder „Führern“ an den Hals zu werfen, die es schaffen, ihnen vorzugaukeln, sie nähmen sie nun an die starke Hand. Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist für viele offenbar gar nicht so erstrebenswert. Oder ihnen reicht ein kleiner Raum, um sich zu entfalten. Und, ja, die Freiheit, dies oder das zu tun, empfinden viele auch als Fluch.
Der „freie Wille“ – ich sitze gerade (mal wieder) an einem Papier über das Böse. Habe in den letzten Tagen versucht, den aktuellen Forschungsstand zusammenzufassen. Viel hat sich in den letzten Jahren nicht getan. Es gibt nach wie vor den Streit zwischen der Hirnforschung, also den „Deterministen“, die glauben, die Beschaffenheit eines Menschen (Gene, Hirn etc.) sei entscheidend dafür, ob jemand womöglich zum zum Täter wird, und der forensischen Psychiatrie, die immer noch die Meinung vertritt, der Mensch könne sich in der Regel bewusst für oder gegen eine böse Tat entscheiden.
Ziemlich bemerkenswert ist übrigens, dass beide Parteien unabhängig voneinander eine starke Exekutive und ein starkes Rechtssystem für die beste Abschreckung gegen Gewalttaten erachten. Dass irgendjemand sagt, wir müssen schon in Kitas und Grundschulen ansetzen und darüber hinaus verstärkt den Blick auf die Elternhäuser legen, habe ich nicht gelesen. Auch dass eine gute Städteplanung der Ghettoisierung vorbeugen und integratives Zusammenleben fördern müsse, ist mir auf die Schnelle jetzt so nicht untergekommen.
Habe heute in der Mittagspause dafür mal wieder einen schönen Kommentar in der taz gelesen. Der Autor Ilija Trojanow beklagt darin die Abstumpfung durch Leaks, also dass sich über Skandale und politische Lügen keiner mehr aufregt, weil eine Art Gewöhnungs- und Demoralisierungs-Effekt eingetreten ist. Wörtlich schreibt er: „Durch das tägliche Bombardement mit Skandalen aller Couleur wird die ethische und emotionale Wucht der Enthüllung geschwächt. Ein Exhibitionist, der immer wieder nackt herumstolziert, wird in Gegenwart einer wachsenden Zahl anderer Exhibitionisten weitaus weniger negativ auffallen als zuvor.“ Schön gesagt, mit anderen Worten: Wenn wir nicht aufpassen, leben wir bald gezwungenermaßen in einer FKK-Welt. Nur, dass das kein Urlaub wird.
Machtpolitik. Vielleicht muss ich mal wieder Machiavelli lesen. Oder Hobbes. Die Frage bleibt: Wie frei sind wir denn wirklich in unseren Entscheidungen? Bin gestern im Rahmen einer Recherche für ein anderes Projekt auf eine Familie gestoßen, die mit ihren schulpflichtigen Kindern gerade im Bus durch Amerika fährt. Monatelang. Die Kinder unterrichten die Eltern selbst. Wahnsinn. Also, toll! Es gibt mutige Menschen, die einfach machen. Kollege Stuertz und ich hatten gestern Abend die bekannte „Literatur-Lobbyistin“ (so bezeichnet sie selbst ihren Beruf) Karla Paul zu Gast. Eine Frau, die davon lebt, dass sie über Bücher spricht und schreibt. Die sich morgens mit einem Kaffee und einem Buch wieder ins Bett legt und so ihren Arbeitstag beginnt. Die aber auch clever genug ist, um zu erkennen, dass man das in Zeiten wie diesen einem anderen Menschen kaum erklären kann, wie das funktioniert. Und die sich auch darüber im Klaren ist, dass das vielleicht nicht ewig so weitergeht.
Es gibt Tyrannen und Psychopathen, die uns das Leben schwer machen. Und es gibt Menschen, die ihr Leben gestalten. So, wie sie es für richtig halten. Aber ohne andere dabei zu beschneiden, diskriminieren oder unterdrücken. Lasst uns zusehen, dass wir zu der zweiten Gruppe gehören.
Ist Norbert Noreply der Max Mustermann des digitalen Zeitalters?
Der unendliche Himmel wird für Karl Otto wohl gerade groß genug sein. Gucke gerade in der ARD-Mediathek eine tolle Lagerfeld-Doku, die gestern Abend, anlässlich seines Todes, nochmal gezeigt wurde. Aus der Reihe „Deutschland, Deine Künstler“, von Gero von Boehm. Meine Mutter hat davon geschwärmt – zurecht.
Tolle Kamera, tolles Archivmaterial (sein Vater war Dosenmilch-Fabrikant, „reizend, aber nicht so lustig wie meine Mutter“) und eine Hauptfigur, deren Statements wie in Stein gemeißelt daherkommen. Clever und lustig. Kann das hier gar nicht alles auflisten, aber ich sitze davor, lerne und lache. „Für mich ist Geld etwas, was aus dem Fenster geworfen wird, um durch die Tür wieder reinzukommen.“ Klar, er hat leicht reden, aber darum geht es nicht. Soll heißen: Er saß nicht da, und hat die Kontoauszüge gecheckt. Und wenn er für eine Show einen Supermarkt nachbauen musste, war das eben so. Die gute Idee schlägt immer die Vernunft. Inspirierend. Oder wie lässig verschmitzt er über seinen Wegbegleiter Ives Saint Laurent spricht: „Toll war der … bis ungefähr 1978 … dann nur noch in der Vergangenheit, immer nur Proust … ich meine, okay, aber wir sind in der Mode.“ Idealgewicht? „Meine Disziplin ist Größe 48 bei Dior.“
Als Fernsehmensch gucke ich bei solchen Dokumentationen natürlich immer in den Abspann (gibt´s ja heute teilweise gar nicht mehr). Die Kamera-Leute kannte ich nicht, aber Schnitt: Felix von Boehm. Der Sohn? Sehr interessant …
Am coolsten finde ich allerdings diese scribbelige Art zu zeichnen. Sieht immer leicht aus. Und trotzdem nach Kunst. Wie der ganze Typ.
In der nächsten Auszeit besuche ich einen Zeichenkurs!
Meine „Lebens-Gefährtin“ (werde das jetzt bis auf Weiteres mit Bindestrich schreiben, um das „Gefährtin“ herauszustreichen, tolles Wort) und ich saßen gestern Abend das erste Mal in diesem Jahr noch ein bisschen auf der Terrasse. Die Stimmung war friedlich, der Himmel klar. Man konnte die Sterne sehen. Ich kenne mich da nicht so gut aus, aber ein Bild erkenne ich immer wieder: den Oriongürtel, diese drei kleinen Sterne, die im Sternbild des mythischen Himmelsjägers Orion auf der Höhe des Hosenbundes zusammen eine gerade Linie ergeben.
Als 16-Jähriger habe ich dieses Sternbild über der Golden Gate Bridge gesehen und dachte: Wow, das ist wirklich derselbe Himmel wie über Helligbek, dem norddeutschen Heimathof meines Vaters. Komplett gegensätzliche Orte, unter demselben Himmels-Zelt (Randnotiz: Helligbek bedeutet so viel „Heiliger Bach“, weil da ein berühmter Taufstein steht, der „Poppostein“, aber dazu ein anderes Mal mehr).
Im Keller, in einem meiner Tagebücher (Gott, was freue ich mich, die mal hervorzukramen und in Ruhe durchzuackern. Die habe ich geschrieben, als ich so alt war wie meine Söhne jetzt, vielleicht geht mir dann ein Licht auf.), müsste sich jedenfalls noch eine Skizze aus dieser Nacht im fernen San Francisco finden lassen. Und gestern Abend auf der Terrasse schoss mir dieser Gedanke wieder durch den Kopf: Wow, der gleiche Himmel wie über San Francisco – und über Helligbek. Und dann dachte ich daran, dass das Chaos hier unten auf der Erde noch so groß sein kann – die Sterne bekommen das gar nicht mit, die zucken nicht mal mit der Wimper, wenn die Verrückten hier unten ihre verrückten Pläne schmieden. Und dann dachte ich daran, dass die Mutter meines Vaters, Oma Erna aus Helligbek, nicht mehr lebt und ich am Tag ihrer Beerdigung in New York auf dem Times Square stand und fürs Schweizer Fernsehen gedreht habe, und das klingt dann wahrlich glamouröser, als es ist. Weil es in Wahrheit nämlich einfach nur falsch und beschissen war. Ironie der Geschichte, irgendwie. Ein krummer Kreis, der sich schließt. Das würde ich heute vermutlich nicht mehr so machen, aber für bestimmte Widerworte muss man erst ein gewisses Alter erreichen, damit sie nicht nur ausgesprochen, sondern auch gehört werden.
Ansonsten? Höre ich gerade auf 917xfm eine gelungene Cover-Version von Radioheads „Creep“, interpretiert von Max Mutzke. Und in dieser Sekunde, in der ich das schreibe und mich auf das Finale Furioso freue, knallen die mitten ins Stück einen Werbeblock! Mitten ins Stück! WTF? So nicht, Freunde. Hab gerade mal geschaut und eine noch verrücktere Version von ihm gefunden. Und nicht, dass ich ihn „adeln“ könnte, trotzdem: guter Typ!
Ja, ist nur das Pinneberger Tageblatt, aber mein Wochenhoroskop klingt trotzdem spannend …
Heute, zu Beginn meiner – laut Horoskop – „turbulenten Woche“, habe ich etwas Lehrreiches und etwas Trauriges für Euch!
Recherchiere gerade in einschlägigen LKW- und Reisemobil-Foren für eine Formatidee über Weltreisende. Das ist, wie jede gute Recherche, mühsam, weil man da natürlich sehr, sehr, sehr viele Einträge und Blogs und Websites findet, z. T. alt, überholt, stillgelegt.
Die Suche nach der richtigen Geschichte ist eben wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Habe aber bereits ein paar Anfragen an Veranstalter von alternativen Reise-Treffen gestellt, weil sich da natürlich auch immer Leute zusammenfinden, die man vielleicht begleiten könnte.
Dabei habe ich in einer Mail folgenden Satz geschrieben: „Ich habe eben schon drei Videos (von der Veranstaltung, Anm.) im Netz gesehen, vielleicht sollte ich mal vorbeikommen.“ Glücklicherweise lese ich meine Mails meistens nochmal durch, bevor ich sie abschicke, weil ich es selbst ganz schlimm finde, wenn es in einer Mail von Fehlern nur so wimmelt. Und da ist mir aufgefallen, dass der Satz oben ziemlich falsch verstanden werden kann. Daraufhin habe ich ihn so umformuliert: „Ich habe eben schon drei Videos (von der Veranstaltung, Anm.) im Netz gesehen, da bekommt man Lust, auch mal vorbeikommen.“ Ist doch eine völlig andere Aussage als „vielleicht sollte ich mal vorbeikommen“, nach dem Motto: Dann zeige ich Euch mal, wie man richtige Videos dreht …
Tja, soviel aus der Rubrik: Deutsch fürs Leben. Eben, pünktlich zum Feierabend, bin ich allerdings noch über eine Seite gestolpert, die mich ziemlich berührt hat. Sie beschreibt die gemeinsamen Reiseabenteuer eines Paares und endet im Prinzip mit der Schilderung, wie die Frau des Mannes, unterwegs auf einem engen Bergpass in den argentinischen Anden (Cuesta de Zapata), vor seinen Augen 50 Meter tief in eine Schlucht stürzt. Er seilt sich ab, sie ist noch am Leben und stirbt dann in seinen Armen. Das ist wirklich das Traurigste, was ich seit Langem gelesen habe.
Ich habe kurz überlegt, ob ich das überhaupt verlinken soll, und dann dachte ich, naja, er hat es ja selbst veröffentlicht, vielleicht hilft ihm das, den Schmerz zu verarbeiten: arminius-on-tour
In diesem Sinne hier noch das Motto eines anderen Reise-Paares, ein Sprichwort aus Südafrika, mit dem ich heute schließen möchte. Ich widme es der einen Frau, mit der ich auch gerne auf Weltreise gehen würde …
Gehe ich vor Dir, dann weiß ich nicht, ob ich Dich auf den richtigen Weg bringe. Gehst Du vor mir, dann weiß ich nicht, ob Du mich auf den richtigen Weg bringst. Gehe ich neben Dir, werden wir gemeinsam den richtigen Weg finden.
Wochenende, Sonnenschein, läuft. Hab gestern meine Textproben verschickt. Mehr kann ich jetzt erst mal nicht tun. Außer: hoffen und beten. Opfer bringen. Voodoo-Zauber.
Merke, dass es guttut, die Sache für einen Moment vom Tisch zu haben. Und dass ich die Zeit davor, die ja auch dafür vorgesehen war, genutzt habe.
Habe vor ein paar Tagen irgendwo gesagt, Fußball sei für mich wie ein meditativer Kampfsport. Ist auch so. Gestern Abend die Senioren von Paloma in einem hitzigen Freundschaftsspiel niedergerungen. Hab ein Tor vorbereitet und eines verschuldet. Trotzdem sehr befriedigend. Kleine Handgreiflichkeiten während des Spiels, Handshakes nach dem Spiel. Körper und Geist. Hand in Hand, zum Beispiel, mit dem Podcast, der jetzt draußen ist. Man vergisst das ja manchmal, wie so schöne Dinge eigentlich entstanden sind. Zum Glück hat es der Kollege Stuertz in seinem Autorenblog nochmal aufgeschrieben …
Habe die letzten Tage ein bisschen in meinen alten Blog-Einträgen gelesen. Ganz interessant, was einen in der Vergangenheit so beschäftigt hat. Ich denke, es ist richtig, sich Gedanken zu machen und zu versuchen, dem Sinn des Lebens auf die Schliche zu kommen. Aber wenn ich unseren schwarzen Kater dabei beobachte, wie er einfach stundenlang da draußen sitzt, guckt, auf einer Arschbacke die Hühnersuppe bewacht, bzw. hofft, dass der Topfdeckel ein bisschen verrutscht, denke ich, man sollte noch viel mehr im Augenblick leben, anstatt ständig zu grübeln. Und hoffen, dass der Deckel verrutscht. Obwohl mir das im Grunde schon ganz gut gelingt. Oder zumindest besser als noch vor ein paar Jahren.
Am Donnerstag war ich in Berlin, für ein Meeting mit dem ZDF. 06:30 Uhr los, 15:30 Uhr zurück. So der Plan. Und dann steckte ich auf dem Rückweg sechs Stunden lang im ICE fest, weil sich jemand mitten in Brandenburg vor den Zug warf. Am Valentinstag. Der arme Mensch. Es hat auch keiner von den Fahrgästen gemeckert, im Gegenteil. Obwohl die Schlange vor dem Zugbistro fast durch den ganzen Wagon ging, waren alle sehr aufmerksam und höflich, ja, fast kommunikativ. Insofern, auch wenn das jetzt unpassend klingt, hat so eine Tragödie auch immer noch etwas Gutes, weil plötzlich alle anderen das, was sie zu sein glauben, in einem anderen Licht sehen.
Aber es darf natürlich trotzdem nicht passieren, dass sowas zum letzte Ausweg für einen Menschen wird. Auch der Stress für die Behörden: Kripo, Rettungshubschrauber, Staatsanwaltschaft, der ganze Kram. Es muss ja in kürzester Zeit ausgeschlossen werden, dass Fremdverschulden vorliegt. Und es musste extra ein neuer Lokführer herkommen. Mitten in die Pampa. Denn der alte stand natürlich unter Schock und konnte nicht weiterfahren. Das ist, glaube ich, ohnehin etwas, mit dem man sehr schwer umgehen kann. Wenn man jemanden überfährt. Eine Gefahr, die in meinem Beruf tatsächlich nicht so groß ist.
Ihr könnt aber gerne auch noch auf dem Nachhauseweg am Kiosk eine taz kaufen, trifft nicht die Falschen. In der Printausgabe ist es eine ganze Seite geworden, und neue Lesetermine gibt es auch. So eine Resonanz freut mich dann doch. Hab auch eben nochmal festgestellt, der kleine Trailer, den ich gemacht habe, ist verglichen mit dem, was es sonst so gibt, ein bisschen charmant.
Habe angefangen, mit ein paar Protagonisten zu telefonieren, es geht um ein ZDF-Format über Weltreisende. Die Dame, mit der ich heute gesprochen habe, sagte, es sei völlig offen, ob sie und ihr Mann jemals wieder nach Hause fahren und ein normales Leben führen werden. Das Reisen sei zu schön. Und das waren keine Superreichen. Und er musste gerade in Südamerika an der Bandscheibe operiert werden. Krass. Wie die das machen? Zuhause die Wohnung vermieten und unterwegs die Rente als Reisekasse verwenden. Vorbildliches Modell.
Es gibt Menschen, deren Impact auf die Welt man erst versteht, wenn man liest, dass sie gestorben sind. Tomi Ungerer ist so einer. Als Bilderwitz-Erfinder sind mir seine Zeichnungen und Illustrationen natürlich ein Begriff, ebenso, dass er zunächst provokante Erwachsenen- und später wunderbare Kinderbücher gemacht hat. Aber vieles wusste ich eben auch nicht.
Ungerer wurde als Kind drei Mal verboten, seine Sprache zu sprechen. Während der deutschen Besatzung das Französische, später, nach Kriegsende, verboten dann die Franzosen, Deutsch zu sprechen und das Elsässische, Tomis eigentliche Heimatsprache. Ungerer soll diese Sprachverbote, so steht es in einem FAZ-Artikel, später als „Kulturverbrechen“ bezeichnet haben.
Kleine Randnotiz, in meinem neuen Manuskript findet sich dieser Satz:
D. hatte genügend Länder dieser Erde bereist, um sicher sagen zu können, dass kein Mensch seine Heimat freiwillig für immer verließ. Und dass sich hierzulande niemand, der es nicht am eigenen Leib erfahren hatte, vorstellen konnte, wie schlimm es für einen Vater sein musste, mitanzusehen, wie sein eigenes Kind mit einer anderen Muttersprache aufwuchs.
Habe im Netz zwei Nachrufe gelesen, den, bereits erwähnten, auf der FAZ- und einen überraschend launigen auf der MOPO-Seite. Offenbar hat Ungerer Anfang der 80er mal eine zeitlang gemeinsam mit dem Kiez-Fotografen Günter Zint bei Domenica gewohnt. Wusste ich nicht, klingt aber so, als gäbe es aus der Zeit eine Menge zu erzählen. Macht Günter Zint morgen Abend im Sankt-Pauli-Museum. Ich kann leider nicht. Bin mit einem guten Freund verabredet, der sich unterhalten möchte. Mit mir. Ist das zu glauben?
Apropos, was ich nicht ganz verstanden habe – da war unter dem Artikel auf der MOPO-Seite so ein Feedback-Balken mit Emojis. Wollen die wirklich, dass ich da auf einen Smiley klicke, um … das kann ja wohl nicht wahr sein!?
Meine Freundin hat mein Buch gelesen, also das neue. Das ich in den letzten sechs Wochen zu Papier gebracht habe. Das noch keiner kennt. Sie hat es zu Ende gelesen, während ich draußen im Regen dem Jüngsten beim Fußball zugeguckt habe. Ich kam zurück, nass und durchgefroren und von der leichten Sorge befallen, mich bei ihr angesteckt zu haben, und bevor ich etwas sagen konnte, sagte sie: „Ich habe dein Buch gelesen … (diese paar Sekunden, in denen sie dann nichts sagt – HORROR!) … ich finde es gelungen.“
Puh!
Nun kann man sagen: Sie muss es ja gut finden. Ja, vielleicht. Um mich, ihren Partner, zu ermutigen. Aber sie ist als Partnerin zugleich auch verantwortlich dafür, dass ich nicht mit einem Scheiß-Text ins offene Messer des Betriebs renne und hinterher total frustriert bin. Aber nicht nur das macht die Sache kompliziert. Natürlich kann eine Lebensgefährtin nie eine objektive Leserin sein. Sie erkennt sofort persönliche Bezüge des Autoren und muss zugleich abstrahieren können, dass auch die persönlichen Dinge aus seinem Erfahrungshorizont hier nur eine textimmanente Funktion erfüllen. Also, zum Beispiel, wenn es um Liebe geht oder Frauen im Allgemeinen, und der Autor schreibt irgendwas Negatives oder Merkwürdiges, dann darf sie das nicht auf die Beziehung übertragen, die sie faktisch mit dem Autoren täglich führt. Das stelle ich mir nicht immer leicht vor, aber so ist sie eben: großartig.