Kai aus der Kiste

  

Copyright des Original-Fotos (rechts): Peter Lueders

Hab jetzt erst den Spiegel-Artikel über Kai Diekmann gelesen. Ich meine, ich laufe ja immer herum wie ein Schlunz, aber die optische Wandlung vom BILD-Chefredakteur mit Gel im Haar zum „digitalen Nerd“ (Spiegel) ist schon krass. Meiner Meinung nach, hat da jemand eine Midlife-Crisis und zerreisst sich in dem Konflikt, noch mal jung sein zu wollen (Biologie), aber dabei auch etwas bewegen zu müssen (Business). Also zieht er sich an wie die jungen Nerds, die was bewegt haben. Aber das ist natürlich krude, wenn sich ein fast 50-Jähriger eine Facebook-Google-Uniform maßschneidern lässt, weil er denkt, dass es dann auch im Kopf `Klick´ macht. Oder denkt er das gar nicht? Ich verstehe das jedenfalls nicht. Als würde man sich eine komplette Golf-Ausrüstung zulegen, bevor man das erste Mal auf dem Platz steht. Oder sich die Beine rasieren, bevor man ein Rennrad kauft. Hinkt das? Egal. Man kann das auf jeden Fall nicht umdrehen. Natürlich sahen die College-Boys aus wie College-Boys, als sie ihre Ideen zündeten, aber das war ja nicht die notwendige Voraussetzung für den Erfolg. Als kreatives Verkleidungs-Foto-Shooting wäre das übrigens ziemlich geistreich und lustig gewesen. So ist es umso gruseliger, je mehr man darüber nachdenkt.

Ansonsten? Geht mir das Gequatsche um die falsche Neun endgültig zu weit. War doch alles gut gestern. Wenn die statt 6 Mal Alu 4 Mal ins Tor treffen und Neuer die Pille wegdrischt, gewinnen die 8:0, und man freut sich, dass Deutschland endlich die Spieler hat, um modernen Fußball zu spielen. Warum Beckmann sich dann nicht zu blöd ist, Löw zu fragen, ob er gegen Argentinien wieder mit Stoßstürmer spielt, weiß vermutlich nur er selbst.

Bernd, der Schuster

Hab mich heute nach unserem Hallen-Kick ausgiebig um meine coolen Buffer gekümmert. Gebürstet, eingefettet, Granulat rausgepult, an der Stelle zwischen Sohle und Spitze ein Tropfen Pattex reinlaufen lassen und mit Schraubzwingen fixiert.

Meine Freundin war etwas verwundert, dass bei den neuen Schuhen schon geklebt werden muss, aber ich sagte bloß: Wehret den Anfängen – Wäre ja toll, wenn die Schuhe länger als eine Saison halten. Fühlte mich – und das sage ich als Zivildienstleistender – ein bisschen so wie ein Scharfschütze, der nach getaner Arbeit erst mal seine Waffe durchputzt und ölt …

Oh, (S)No(w)

Kaum zu glauben, aber wahr – das war der Anblick heute Morgen. Nochmal 20 cm Neuschnee. Als ich an dem Fensterbild vorbei auf die Terrasse schaute, schoss mir durch den Kopf: Oje, habe ich schon alle Weihnachtsgeschenke?

 

Entsprechend labil war der öffentliche Nahverkehr. Kam eine Stunde zu spät in den Schnitt. Dort wurde es nicht besser. Hab den ganzen Tag versucht, den Bausch-Vorschnitt sinnvoll auf 22 Minuten zu kürzen. Bin fast bekloppt geworden. Das Komische ist, dass ich ja an dem Buch im Moment auch nix anderes mache, als ständig zu entscheiden: Weglassen oder drinlassen? Hoffe, das wird nicht zur Lebensaufgabe …

Schlaft gut,
Gerrit

Kurz und knapp

So, das war ein harter Tag am Buch. Muss aber sagen, es ist toll, wenn man weiß oder spürt, dass sich andere Menschen ausgiebig mit dem eigenen Werk auseinandergesetzt haben. Bin zufrieden. Werde demnächst immer mal wieder kleine Häppchen, die „über“ sind, hier reinstellen, damit sie nicht so ganz verloren sind. Nicht weil ich glaube, es sei große Literatur, hab nur das Gefühl, sie verdienen es …

Chaos-Theorie

 

Endlich wieder mal zu Hause. Wollte eigentlich ganz viel am Roman schaffen, doch dann überkam mich der Putzteufel. Musste irgendwie Kühlschrank und Vorratsschubladen aufräumen, konnte nix dagegen tun. Äußere Ordnung, inneres Chaos, das war es wohl. Ich wusste ganz genau, ich würde heute keine Zeile mehr hinkriegen, wenn nebenan der Joghurt schimmelt. Hab sogar Bulgur, Linsen und Kichererbsen in Tupperpötte umgefüllt und mit MHD-Etiketten versehen. Ist das schon bedenklich? Also, nicht falsch verstehen, wir sind eigentlich eine ganz reinliche Familie. Aber wenn man so viel arbeitet und unterwegs ist wie wir im Moment, dann wird man zum Fremden im eigenen Haus.

Ansonsten? Hab mir vorgestern am Bahnhof blind und unbesehen den neuen Djian gekauft. Ich liebe den Typen. Immer noch. Fand die ersten Seiten auch schon wieder gut. Ist auch irgendwie wie nach Hause kommen. Werde nie vergessen, wie ich mir mal als Student morgens in der Buchhandlung „Erogene Zone“ gekauft hab, anfing zu lesen, spontan alle Vorlesungen und Seminare schwänzte und es nicht mehr aus der Hand legen konnte, bis ich es irgendwann am späten Abend durch hatte. Frage mich, ob der noch viel verkauft, egal. Philippe, wenn Du das liest, ich werde immer Deine Bücher kaufen. Unbelesen. Ich meine, 20 Euro für so ein dünnes Büchlein sind zwar happig, aber ich sehe das beinahe wie so eine Art Leibrente. Auf die 20 Euro im Jahr kannst Du Dich einfach verlassen und gleich als Sicherheit in den nächsten Kreditantrag schreiben …

Und: @ Jan-Uwe & Marc – Keine Sorge, ein Bisschen habe ich noch geschafft. Komme eigentlich ganz gut voran, aber gerade bin ich zugegebenermaßen an einem schwierigen Punkt. Weglassen oder stehenlassen?

Tief im Westen

 

Unterwegs im Wilden Westen. Bin immer ganz gerührt, wenn ich so durch den Pott fahre. Hab ja in Wattenscheid Familie und auch mal zwei Jahre in Witten gewohnt. Ich finde Hamburg ja toll, aber irgendwie hat das hier auch was. Die kleinen, grauen Häuser, das verlegene Kopfsteinpflaster, die abgewetzten Spuren der Industrie – wenn es Kalle Rummenigge nicht gegeben hätte, wäre aus mir, glaube ich, auch ein guter Borusse geworden. Ich meine, nur am Rande: Wo kommt Rummenigge her? Borussia(!) Lippstadt. Das ist auch (fast) Ruhrgebiet.

Hatte gestern Abend eine gute Abnahme in den Privatgemächern von Joe Bausch. Er fand den Vorschnitt toll. Ging natürlich nicht ohne technische Pannen ab. Hatte zwei DVDs mit, eine mit niedriger Bildauflösung, aber fettem Ton und eine mit guter SD-Bildqualität, aber digitalen Tonspratzern. Zum Mäusemelken. Hab dann die mit dem guten Sound in seine Surround-Anlage gelegt und das gute Bild mit dem Laptop abgespielt. Zum Glück war er entspannt.

Danach sind wir relativ spontan nach Essen gefahren, zum Auftritt von Eckart von Hirschhausen, der wiederum Bausch eingeladen hatte. War kein Problem, dass ich mit war, und dann auch sehr unterhaltsam. Zugegebenermaßen ist diese Art Live-Unterhaltung jetzt nicht mein Nummer 1-Zeitvertreib, aber Herr von Hirschhausen kam in der Pause kurz runter, stellte sich vor, fragte, was ich so mache und war sehr nett und unprätentiös. War mir aber jetzt zu blöd, ein Foto zu machen. Musste ja auch cool sein.

Heute Morgen dann zurück. Zwischenstopp in Münster. Mittagessen mit meinem Vater in der Kantine der Oberfinanzdirektion. Sexy. Danach Stippvisite in meiner alten Kreativ-WG an der Hammerstraße. Mein Freund Michael Knüfer betreibt hier seit Jahren sehr professionell eine DJ-Agentur: Nevermind Music. Er hat sich sehr gefreut, mich zu sehen, aber auch viel zu tun, kein Problem, ich ja auch.

 

Hab jetzt einen Schreibtisch an alter Wirkungsstätte und arbeite noch ein bisschen an dem Shaolin-Artikel. Nachher gibt´s Essen, später steige ich zu meiner Freundin in den Zug, die gerade in Köln dreht, dann ist erst mal Weekend und nächste Woche wird der Knast-Film feingeschliffen. Jetzt, wo alles auf das Ende hinausläuft, denke ich, dass das schon ein cooler Trip war. Es war sicher gut, so ein Ding mal von innen zu sehen. Werde in Zukunft (noch) mehr auf mein Gewissen hören.

Also, in die Glut pusten und Ruhe bewahren …

Nachtrag: Anbei das aktuelle DJ-Demo einer ganz heißen (oder coolen?) Veranstaltung, die Michael jeden ersten Samstag im Hot Jazz-Club am Hafen steigen lässt:


 

Don´t cry for him …

Gestern liefen auf sämtlichen Sparten- und Nachrichtenkanälen die Vorbereitungen zur Papstwahl. Sterbenslangweilig. Ich glaube, noch nie hat mich etwas so wenig interessiert wie die Frage, wer da jetzt kommt. Die einzig lustige Anmerkung zum Thema war eine Karikatur in der Leipziger Volkszeitung heute Morgen – sensationell …

Jetzt wissen wir, wer es ist – interessiert mich aber auch nicht weiter. Hatte dafür heute ein ganz nettes, kurzes Gespräch mit einem Layouter vom Spiegel. Es ging um die Geschichte, die ich über meinen Shaolin-Kämpfer schreiben soll. Ich hatte die Idee, ein paar szenische Screen-Shots von dem Filmmaterial als Fotos einzubauen und gleich ein paar Vorlagen mitgebracht. Fand er super …

Morgen geht´s noch mal nach Werl zu Joe Bausch. Er wollte sich auch gerne den Vorschnitt ansehen, bevor er ihn freigibt. Machen wir eigentlich nicht, aber Knast ist natürlich auch ein heikles Thema. Bin ganz entspannt, wird bestimmt nett.

So, jetzt hoffe ich noch, dass Bayern mal Ernst macht …

 

Monsterquote? Quotenmonster!

Nachdem ich gestern mit meiner Lügen-Doku abgeschmiert bin (5,0 % in der Zielgruppe), haben meine Freundin und ich uns eben den Schweiger-Tatort angeguckt. Muss man ja, um mitreden zu können. Denkt sich wahrscheinlich jeder. Deswegen wird dieser Tatort auch eine Wahnsinnsquote einfahren, obwohl er der schlechteste Tatort seit Urzeiten war. Der Plot von „Wegwerfmädchen“, verpackt in RTL2-Geballer. Egal, auf jeden Fall beweist das einmal mehr, dass die Quote nichts über die Qualität aussagt. Wobei ich schon ein bisschen ratlos bin und, ehrlich gesagt, auch ein bisschen genervt. Ich meine, vielleicht habe ich bei der Doku auch nicht alles richtig gemacht. Falsch gebaut? Die falschen Geschichten? Die falschen Kommentatoren? Tut mir auch Leid für meinen Schauspieler-Freund Gian-Philip und seine Kollegin Vera. Finde, die haben einen Super-Job gemacht. Hab gestern Abend extra noch mal reingeschaut, obwohl ich vorschlafen musste, sind nämlich mitten in der Nacht aus dem Zillertal zurückgefahren. Fand es nach wie vor gut. Aber da sind wir wieder an dem Punkt. Vielleicht hab ich ja doch keine Ahnung von Fernsehen. Vielleicht hab ich aber auch keine Ahnung von allem. Stimmt das, dass Mehdorn jetzt den Berliner Flughafen übernimmt? Das kann doch nicht sein, dass die immer dieselben Gesichter auf die lukrativen Baustellen setzen. Was macht der als nächstes? Die Elbphilharmonie? Im Ernst, haben die keine anderen Handpuppen? Das ist ja schlimmer als das Trainerkarussell in der Bundesliga …

 

Aber der Urlaub war toll. Keiner hat sich was gebrochen, die Kinder haben ohne zu Murren eine Woche Skischule gemacht. Und drumherum jede Menge Patchwork-Gemütlichkeit mit Lustigen Taschenbüchern, Pasta, Keksen, Karten spielen und DVDs. Hätte gut noch eine Woche dranhängen können.

Gestern Nacht sind wir dann im Schneetreiben von 2000 Meter Höhe weggefahren und dachten, in Hamburg erwarte uns der Frühling. Denkste! 20 cm Neuschnee und Minus 2 Grad. Zum Glück hatte meine Freundin vor der Abfahrt die Heizung nicht mehr herunter gedreht. Ich finde übrigens, es müsste neben dem Kindergeld noch eine Extra-Prämie für Eltern geben, die die ganzen Urlaubsklamotten ihrer Kinder einpacken, 9 Stunden durch die Nacht fahren, zu Hause alles wieder auspacken und noch 4 Maschinen Wäsche waschen. Ach ja, und  – auf freundliche Anweisung der Nachbarin – noch den Keller schrubben, weil die pflegeleicht gewaschenen Skihosen ein bisschen tropfen …