Erster Aufschlag

Meine neues Buch „Eben noch Eden“ hatte gestern seine erste Besprechung – im Netz, auf Instagram, und es war – zum Glück – eine gute. Eine „Lese-Empfehlung“. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut. Wenn die erste, offizielle, öffentliche Wahrnehmung positiv ausfällt, ist es erstmal ein bisschen egal, was noch so kommt. Oder zumindest egaler.

Was auffällt, ist, dass es die Leute berührt. Es ist auf den ersten Blick vielleicht auch kein leichtes Buch, zumindest, wenn man die Geschichte als realistische Beziehungsgeschichte zweier Menschen (Adam & Eva) liest, von denen die eine (Eva) an einer rätselhaften Krankheit leidet. Die Verfasserin der Rezension, Britta, eine Buchhändlerin aus Klein Borstel, im Norden Hamburgs, schrieb, das Buch habe ihr ein paar Mal das Herz gebrochen, es sei eine schöne Liebesgeschichte, aber eben auch so viel mehr. Ich hatte mit ihr zwischendurch mal kurz Kontakt, da schrieb sie, sie lese das Buch gerade im Urlaub auszugsweise ihrem Mann vor, der in Ostdeutschland geboren sei, und sie würden in meinen Erzählungen und Beschreibungen aus der Wende-Zeit so viel wiedererkennen, und da war ich dann doch ein bisschen erleichtert, dass die Recherche diesbezüglich offenbar gefruchtet hat, wenn Leute, die es wissen müssen, sagen, ja, das war so (oder so ähnlich).

Natürlich sollte man als KünstlerIn/AutorIn nicht (immer) seine Interpretation oder seine Lesart eines Werkes sozusagen „mitverkaufen“, aber weil ich dachte, es sei vielleicht eine gute Gelegenheit, habe ich unter ihre Lese-Empfehlung auch noch einen kleinen Beipackzettel von mir drunter gepostet:

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Vielleicht hilft es bei der Ein- bzw. Aufnahme des Stoffs ;-)

Wie der Geburt

Das war eine gute Woche, tatsächlich so gut, wie lange nicht. Weil die Balance stimmte. Und es erfüllt mich Demut und Dankbarkeit, weil ich weiß, dass das gerade in Zeiten wie diesen nicht selbstverständlich ist. Sogar der Regen und der Wind sind brav, hier in Hamburg.

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Wir haben das Sendeband für den SAT1-Check fertig gestellt. Ich habe sogar bereits alle Listen und Einverständniserklärungen zusammen – vor der Ausstrahlung, wohlgemerkt. Das sollte zwar die Regel sein, kommt bei dem üblichen Trubel bis kurz vor Schluss aber gar nicht so oft vor. Ich meine, es gibt für alle Sender so eine „HKN“-Liste, d.h. eine Herkunftsnachweis-Liste, wo man im Prinzip Bild für Bild belegen muss, ob das jetzt z.B. Fremd- oder Agenturmaterial ist, Presse-Footage oder Eigendreh, das ist für 118(!) Minuten ein ganz schöner Brocken, wenn man das vernünftig macht ist (ungefähr 30 kleinzeilige Seiten, um genau zu sein ;-).

Jedenfalls ist das Projekt damit im Prinzip vom Tisch, und es fühlt sich gut an. Parallel konkretisieren sich gerade zwei musikalische Lesungen fürs Frühjahr, eine in Münster, mit meinem alten Kollegen DJ Mike Sugar, und in Essen, mit einem alten Freund, dem wunderbaren Bassisten Alexander Morsey. Obendrein kam der Flyer vom Literatur-Quickie, wo ich lesen darf. Bin ich gar nicht mehr gewohnt, auf solchen Literaturankündigungen zu stehen, aber ich freue mich riesig.

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Und (fast) das Beste ist dann Mittwochabend passiert. Ich war eingeladen zu einem kleinen Dinner bei dem Geiger und Künstler Mark Matthes, mit dem ich ja schon ein paar Mal Musik gemacht habe. Und der hatte u.a. noch ein sehr nettes Paar eingeladen, einen Mann, eine Frau, die auch beide früher mal mit ihm bandmäßig Musik gemacht haben – jedenfalls ergab es sich, dass wir zu später Stunde tatsächlich noch bei Mark im Probezimmer ein bisschen gejammt haben, ganz entspannt, fast „shoegazig“. Und auch wenn ich das früher sehr oft gemacht habe und da als Trommler in allen Richtungen recht stilsicher war, ist das doch eine Ewigkeit her, dass ich wirklich mit vier z.T. mir unbekannten Menschen spontan Musik gemacht habe. Aber alle schienen am Ende so glücklich und zufrieden, ja, fast beseelt, dass es, glaube ich, auch für die anderen ganz ok war. Für mich war es – abgesehen von den paar tollen Sessions mit Mark als Duo davor – beinahe wie eine musikalische Wiedergeburt als Trommler in einer Band, irre. Und irgendwie habe ich das gute Gefühl, das war erst der Anfang.

Die neuen Becken - super!
Die neuen Becken – super!

950

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Der Herbst ist da. Endlich. Freue mich auf die ersten gemütlichen Abende auf der Couch, Waldspaziergänge am Wochenende mit raschelndem Laub unter den Schuhen, auf kalte Finger, sichtbaren Atem, den ersten Rumgrog. Und das alles in dem Wissen, dass es im Moment überall eskaliert, ja, dass man sich im Herbst 2023 hinstellen und sagen muss, ein Glück, dass unser einziges Problem eine starke AfD ist. Aber wenn man DAS bedenkt, wird einem eigentlich erst klar, WIE schlimm es woanders ist. Immerhin, wir haben es warm, Strom und Wasser, gesunde Kinder, die nicht kämpfen müssen; dessen muss man sich im Herbst 2023 bewusst sein. Es geht uns gut, und dafür bin ich dankbar, aber es fühlt sich nicht so gut an. Meine Frau und ich sind froh, dass wir die Tiere haben, wirklich.

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Der Vorteil an der unsicheren Gesamtlage ist, dass man alles, was sonst so passiert, nicht so groß werden lässt wie üblich. Bin jetzt in den letzten Zügen der SAT1-Produktion, und alle sind happy. Und es ist ein bisschen verrückt, dass – obwohl es ja in dem Sinne kein investigatives Recherche-, sondern eher ein informatives Unterhaltungsstück ist – die großen Firmen (wir reden hier von einem Jahres-Netto-Umsatz von ca. 25 Milliarden(!) Euro offenkundig ein bisschen nervös sind und sich fragen, was sie wohl erwartet. Das muss man SAT1 zugute halten: Sie haben mit diesem SAT1-Check ein Format entwickelt, das auf die Leute (und somit auch auf die Unternehmen/Branchen, die sie sich in diesen Sendungen vornehmen) einen gewissen Impact hat.

Hier entsteht der ganze Kram
Hier entsteht der ganze Kram

Wer sich dafür nicht sooo interessiert, der kann sich den kleinen Trailer anschauen, den ich fürs Buch gebastelt habe, gibt auch noch einen zweiten bei FB, da singe ich sogar. Diese kleinen (Ent-)Würfe werden die Welt leider nicht verändern, aber es ist schön, dass man sich einfach darüber freuen kann, wenn einem etwas gelungen ist, das einem auch etwas bedeutet.

Ansonsten? Freue ich mich natürlich sehr auf die Premiere im Nachtasyl und habe es tatsächlich hinbekommen, vorher noch ein paar freie Tage einzubauen, damit ich mich vernünftig vorbereiten kann. Und MTA ist auch ganz beschwingt: „Gute Menschen“ von Sigrid Behrens ist auf der Shortlist für das Buch des Jahres in Hamburg – Wow!

Und? Oha. Dies ist der 950. Beitrag. Wenn ich mich ranhalte, kann ich dieses Jahr noch die 1000 vollmachen. Wenn das Nichts ist, …

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Haben unseren Teil der Abmachung erfüllt und meine Mutter am Wochenende „entführt“, damit meine Schwestern im haus meiner Mutter in Ruhe das Esszimmer renovieren konnten. Sind nach Dänemark gefahren, genauer gesagt, Fünen, zu dritt, meine Frau, meine Mutter und meine Wenigkeit, Samstag Nyborg, Sonntag Odense, es sollte nicht zu weit weg sein, aber eben auch nicht zu nah, sodass man ein bisschen das Gefühl hat zu verreisen.

Was soll ich sagen? Der Plan ist aufgegangen. Wir hatten tolles Wetter und eine super Logistik: Samstagmorgen direkt nach dem Frühstück los, Ankunft mittags in Nyborg, sind dann da ein bisschen durch die niedliche, kleine City und ein paar Läden geschlendert, danach in so einem Imbiss-Klassiker am Hafen einen Happen gegessen, danach ins Hotel, einchecken, ein bisschen hinterm Haus an den Strand, dann auf 18h ins Cafe Apostrof zum Dinner, was klasse war, und im Anschluss zu Fuß in die Bastion, einem traditionsreichen kleinen Theater, in dem an dem Abend die dänische Jazzsängerin Sinne Eeg mit ihrer Band James Bond-Songs interpretiert hat.

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Und das war ganz toll, weil die Band richtig Bock hatte, obwohl (oder gerade weil?) es gar nicht so voll war. Tatsächlich hab ich mich ein bisschen gewundert, weil Sinne Eeg schon bekannt ist und James Bond-Songs doch eigentlich auch ein massentaugliches Programm – selbst „verjazzt“ – will sagen, das hätte m.E. so auch vor 1000 Leuten in der Laeiszhalle funktioniert, so waren es keine 100 in Nyborg, obwohl die Bastion auch Platz für mehr Leute gehabt hätte.

Ich habe mich gefragt, ob die Sängerin enttäuscht war. Und ob sich das rechnet mit 7 Leuten auf der Bühne. Eigentlich interessant, dass sich offenbar auch so renommierte Acts Gedanken machen müssen, ob genug Leute zu ihren Konzerten kommen. Uns hat es jedenfalls umgehauen, und ich hab plötzlich wieder total Lust bekommen, in einer Band Musik zu machen. Die gute Stimmung auf der Bühne war total ansteckend, dieses gemeinsam Erleben, das ist wie Fußball, nur noch eine Spur intensiver.

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Für Sonntag hatten wir auf dem Rückweg in Odense einen Slot im Hans-Christian Andersen-Haus gebucht, und das war auch sensationell. Allein die Architektur – wie die um das Geburtshaus des berühmten Märchenerzählers ein hochmodernes, interaktives Museum gebaut haben, war total inspirierend. Holz, Glas, und eine ganz wunderbare Raumausstattung.

Snapseed
Wünsche ich natürlich nicht, aber ich fand, es klingt wie der Titel eines interessanten Songs

Natürlich war mir vieles über Andersen noch aus meinem Skandinavistik-Studium bekannt. Vieles aber auch nicht mehr so, und das war schon spannend, bis hin zu seiner bis zum Schluss etwas ungeklärten Sexualität. Das hatten sie schön arrangiert, mit Briefen und Exponaten, diese verschiedenen Begegnungen mit Männern und Frauen, die Andersen im Laufe seines Lebens etwas bedeutet hatten. Ich hatte erst letztens wieder an Andersen denken müssen, als ich mich mit Heines Harzreise beschäftigt habe, Andersen war die Reise ja im Prinzip nachgereist, mit dem festen Wunsch, auch als Romancier (oder Dramatiker) Erfolg zu haben. Dass er letztlich mit seinen Märchen zu Weltruhm gelangte, wird ihn zwar gefreut, aber womöglich nicht immer künstlerisch befriedigt haben. Und auch wenn das jetzt ein bisschen größenwahnsinnig klingt, fühle ich ihn da sehr. Nicht, dass meine Filme künstlerisch so wertvoll wären wie Andersens Märchen, aber wie es der Zufall will, geht jetzt am 02. November, also genau an dem Abend der Premiere meines neuen Buches (19h, Nachtasyl/Thalia), zeitgleich auch der Film auf Sendung, an dem eine Kollegin und ich schon das ganze Jahr sitzen (und noch ein paar andere Menschen). Aber ob der jetzt supergut läuft oder den Kritikern gefällt oder nicht, ist mir – im Vergleich zu der Resonanz auf das Buch – tatsächlich nicht ganz soooo wichtig, obwohl es das vielleicht sein müsste.

Und deswegen hege ich einmal mehr Bewunderung für Menschen wie Andersen oder Sinne Eeg und ihre Musiker, die für ihre künstlerische Leidenschaft brennen, auch wenn die Widerstände mitunter groß sind. Und am Ende ist eben auch das in besonderem Maße inspirierend.

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