Metzger

gustavmetzger

Habe heute beim Schreibtisch aufräumen (Mein Motto: „inneres Chaos – äußere Ordnung“) einen älteren SPIEGEL-Nachruf für den Künstler Gustav Metzger gefunden. Beim Durchlesen fiel mir wieder ein, warum ich ihn damals aufgehoben habe. Erstens weil der Mann sehr alt geworden ist (90), zweitens weil er ein sehr aus der Kindheit geprägtes, bewegtes, relevantes Künstlerdasein gelebt zu haben scheint und drittens weil da am Ende der Satz steht: „Seine Arbeiten wurden auf der Documenta, in der Tate Britain und in New York ausgestellt. Erhalten ist kaum eine – nur in Fotos und Erinnerungen bleibt sein Werk präsent.“ Das hat mich, ehrlich gesagt, total umgehauen. Diese Vorstellung, ein Leben lang mit aller Kraft bedeutende Werke zu schaffen, in dem Wissen, diese immer wieder auch zu verlieren, bzw. keine von denen behalten und sie so bei Bedarf nach Jahren aus einem anderen Blickwinkel erneut betrachten zu können – ich weiß nicht, ob ich das könnte (das zweite, nicht das erste).

Doublefacebook

„Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen.“

Kluge Worte von Lessing, die ich heute im neuen SPIEGEL-Geschichte-Heft gefunden habe. Thema dieses Heftes ist die „Aufklärung“. Hab mich während des Studiums ausgiebig damit beschäftigt und ganz vergessen, was das für kluge, kritische Köpfe damals waren. Und dass der Begriff „Aufklärung“ gar nicht wörtlich genug genommen werden kann, weil diese Denker wirklich Licht ins Dunkel gebracht haben.

Und heute? Versuchen mein Alphabeten-Kumpel Sebastian und ich zumindest Freude zu bereiten – mit Erfolg.

nicht so vieh

Unser letzter Bilderwitz hat 30.000 Leute erreicht. Hammer! Dafür ist Facebook echt gut. Andererseits wurde mir gestern u.a. die AfD-Seite vorgeschlagen. Ich frage mich, ob das an unserem vorletzten Bilderwitz liegt, wo wir ein Wortspiel mit Asylant – Asiland gemacht haben. Oder sind das „Bots“? Ich hoffe, nicht. Wie kommen die darauf, dass mir diese Scheiße gefallen könnte? Nee, tut sie nicht. Nicht im Geringsten, im Gegenteil. Es ist gruselig, wer heutzutage alles meint, aufklärerisch unterwegs zu sein. Dabei zieht es sich immer weiter zu. Zündende Gedanken sind gefragt. Kleine Taschenlampe, brenn, schreib den kategorischen Imperativ in den Himmel. Dann wären wir schon ein großes Stück weiter …

Die taz brachte heute auch ein Netz-Feature über fake news & Co. Angeteasert wurde das Ganze so:

Netzreparatur

Das ist ernsthaft lustig.

 

Verrückter All-Tag

Zurück aus dem Urlaub. Zurück im Tagesgeschehen. Neben dem Amok-Film betreue ich dieses Jahr wieder eine kleine Serie fürs Schweizer Fernsehen. Werde dafür ein paar Mal nach Moskau reisen, was natürlich spannend ist. Versuche, den damit verbundenen Stress so klein wie möglich zu halten und das Projekt in erster Linie zu genießen. Mal schauen, ob´s klappt.

Hab diesen Blog, wie man sehen kann, in den letzten Wochen ein bisschen vernachlässigt. Auch das soll sich wieder ändern. Das Leben ist bunt und liefert ständig Stoff, um darüber nachzudenken. Das sollte man auch tun, solange man es noch kann – und darf! Also opfere ich heute meine Mittagspause und halte schnell ein paar Gedanken fest.

War ja in der Zwischenzeit nicht untätig. Die kleinen Bilderwitze, die mein kreativer Partner Sebastian und ich unter dem Namen „Die Alphabeten“ jeden Freitag in die Welt entlassen, machen mir großen Spaß. Der letzte war etwas politischer und erzielte starke Reaktionen:

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Gestern Abend habe ich noch ein Foto bei FB gepostet, das ebenfalls eine politische Lesart zulässt (ging um die Farbe des Himmels), und auch da entsponn sich eine Mini-Diskussion.

Verrückter Himmel. Ohne Filter und technische Bearbeitung.
Verrückter Himmel. Ohne Filter und technische Bearbeitung.

Klar, damit muss man rechnen. Und trotzdem möchte ich mich einfach hinstellen, mit den Fingern schnippen und sagen: „So, ab jetzt: Weltfrieden!“ Die Gemütslage ist momentan so vergiftet und die Gemengelage so komplex, dass ich plötzlich wieder die Vorteile dieses Blogs zu schätzen gelernt habe, der sich ja mehr oder weniger als Einweg-Kommunikation etabliert hat.

Und gerade in diesen hysterischen Zeiten (die aber vielleicht auch immer so waren) schlägt das Schicksal dann zu und erstickt mal eben einen Großteil der herum fliegenden Funken. Mein Patenonkel ist gestorben. Am Ende doch ein bisschen überraschend, nachdem ich ihn (glücklicherweise) zu Weihnachten noch besucht hatte. Zugegeben, in den letzten Jahren ist der Kontakt weniger geworden, doch in den ersten zwanzig Jahren meines Lebens stellte dieser Mann eine feste Größe für mich da: nett, großzügig, verlässlich – und bärenstark. Die Sommerferien auf seinem Bauernhof sind und bleiben unvergessene Kindheitserinnerungen. Er hat mir mein erstes Auto geschenkt: einen apfelgrünen Trabbi (über den ich allerdings auch manchmal geflucht habe).

Detlef

Jetzt tippe ich nebenbei die Beerdigung als Termin in meinem Smartphone-Kalender, was an sich schon ein unmöglicher Satz ist, und während ich sogar kurz zögere, ob man seinen Namen am Ende(!) mit „f“ oder mit „v“ schreibt, fängt mein Kopf an zu pochen, weil ich ahne, dass diese Trauer wieder so eine Halbwertzeit hat, wieder so eine seltsame un-tote Un-Trauer ist, die sich erst am Grab, im Kreise der Familie richtig artikulieren wird – und dann immer, immer wieder, wenn ich von nun an in Zukunft da oben in der Gegend unterwegs bin. Ich weiß es, und es wird mich trotzdem überraschen. So ist das Leben.

Verrückt.