Höltigbaum-Hits Vol. 1

Ihr Lieben,
ich habe ja vor ein paar Wochen schon mal geschrieben, dass ich – um dem totalen Lockdown-Schock zu entgehen – abends regelmäßig mit dem Fahrrad ins nahe gelegene Naturschutzgebiet „Höltigbaum“ fahre, mich da immer auf dieselbe Bank setze (mit Glück vorher den wilden Rindern begegne), ein Feierabendbier öffne, den Blick über die Wiese schweifen lasse und ein bisschen Musik höre. Jetzt im Winter vorzugsweise mit dicken Klamotten, langer Unterhose, Sitzkissen, Mütze, Handschuhe, das volle Programm.

hoeltigbaum

Wenn man in dieser Einsamkeit mit sich alleine ist, kommen die unterschiedlichsten Gedanken vorbei, setzen sich auf einen kleinen Plausch. Meine drehen sich dabei meistens ums Schreiben oder um Musik. Auch wenn ich mir gerade wieder eine richtige Platte bestellt habe (The Notwist – die neue), bin ich doch ein Fan dieser Musik-Apps geworden, weil man da ja tatsächlich fast alles findet, was einem gerade einfällt. Und oft ist ja so, dass einem, wenn man z.B. ein altes Stück hört, das man lange nicht gehört hat, gleich noch ein paar andere einfallen, die man dann auch sofort hören muss.

Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, demnächst an dieser Stelle ab und an kleine Musikgeschichten aus meinem Leben zu erzählen. Anekdoten, unnützes Wissen, ihr wisst schon.

Heute also diese: Ich bin jetzt kein Riesenfan von Marius Müller-Westernhagen, aber es gibt da ein paar Nummern, die ich gut finde. Und eine hab ich jetzt wiederentdeckt, die finde ich richtig geil:

Besonders dieses eine „Yeah!“ bei 05:10 Minuten. Der ganze Song ist gut, aber vor allem das Ende baut gut auf, schönes Solo, absolut geiler Trommler (Jean Paul Zimbris, sein Set klingt auch wie eines dieser ersten E-Drum-Sets, super fett und ein bisschen plastisch, ist aber vielleicht auch einfach nur gut aufgenommen und gemischt) und dann dieses beinahe schwebende, alles abrundende „Yeah!“ …

Immer wenn mich Dinge interessieren, gehe ich ihnen nach. Also bei Wikipedia das Line-Up gecheckt, und da sehe ich Gitarre: Karl Allaut. Und irgendwie sagt mir der Name was, aber ich komme nicht drauf. Ein paar Tage später sitze ich abends im Arbeitszimmer und beschäftige mich mal wieder mit Axel Schulß, einem Münsteraner Künstler, der viel zu früh gestorben ist. Der hat ein paar wahnsinnige gute Platten gemacht (z.B. mit Musikern wie Steffi Stephan aus dem Panikorchester, meinem Trommellehrer Ben Bönniger oder Ekimas und Wolfgang Proppe von den Erdmöbeln). Und auf einer gibt es einen Song, den ich absolut feiere: Morgen fangen wir von vorne an. Da gibt es am Anfang nur seine Stimme und eine Gitarre. Eine göttliche Gitarre. Und dreimal dürft ihr raten, wer die spielt – richtig, Karl Allaut. Klar, der wohnt jetzt in Hamburg und hat bei Westernhagen gespielt, der hat aber auch wie Steffi Stephan bei Lindenberg gespielt, und Steffi Stephan hat ja in Münster das berühmte Jovel betrieben. Will sagen, die Szene ist dann doch nicht so groß, zumindest nicht, wenn es um die wirklich guten Leute geht. Aber natürlich würde es mich interessieren, wie die Zusammenarbeit damals zustandekommen ist. War der zufällig in der Stadt? Und Stephi hat dann Ekki im Studio angerufen: Ey, der Karl ist hier und hat Bock, ne Nummer vom Axel einzuspielen!? Ich glaube, ich versuche das mal herauszubekommen.

Hier auf jeden Fall der Song! Zuvor die kleine Anmerkung, die Axel Schulß damals auf seiner Website zu dem Song gemacht hat. Komponiert hat das Ding übrigens Thomas Paßmann-Engel, der Bruder von … richtig … Bertram Engel, dem Trommler von … genau … Lindenberg und Maffay, ja, wie gesagt, die Musikwelt ist klein. Zumindest war sie das mal – als man, um Musik zu machen, noch ein Instrument beherrschen musste (Zwinkersmiley) …

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Aufgewärmt

Ihr Lieben,
Kurz vor Weihnachten und – noch schlimmer – vor dem Jahreswechsel und – noch viel schlimmer – das alles im Lockdown … da kann das Gedankenkarussell schon mal Fahrt aufnehmen. Oder komplett einrasten. Oder komplett aus. Wer sich jetzt nicht in guter Verfassung wähnt, sollte lieber keine Alben in die Hand nehmen und Fotos gucken, auf denen die Kinder noch sooo klein waren oder – noch schlimmer – man selbst. Die Zeit ist wie ein guter Freund, der sich immer Geld pumpt, aber nie zurückzahlt. Will sagen, man buttert nur rein.

Ich finde im Moment diese Verschiebung von Altersgrenzen spannend, den Wechsel der Generationen. Also, wenn ich plötzlich feststelle, dass mein Vater, als er unser Elternhaus (quasi im Alleingang) umgebaut hat, bloß etwas mehr als 10 Jahre älter war, als unsere ältesten Söhne jetzt sind …

Der eine hat sich zu Weihnachten übrigens Campinggeschirr und einen Spirituskocher gewünscht. Das finde ich natürlich großartig. Also, ja, vielleicht geht er illegal auf Wildschweinjagd, glaube ich aber nicht. Jedenfalls hat er mir einen Link geschickt. Große Kinder schreiben – geschweige denn malen – ja keine Wunschzettel mehr, sondern verschicken Links. Da ich aber auch gerne auf dieses Umtausch-Procedere verzichte, finde ich das ok. Jedenfalls fiel mir beim Anblick dieses Kochgeschirr-Sets ein, dass meine Ausrüstung noch im Keller steht. Seit zehn Jahren unbenutzt, ungefähr. Ich liebe es ja, Dinge, die mir im Laufe des Lebens wichtig geworden sind, an meine Nachkommen weiterzugeben, z.B. Klamotten oder Bücher, zum Glück sind sie da auch offen. Jedenfalls hab ich den Karton vor ein paar Tagen aus dem Keller geholt, alles mal vernünftig gereinigt und ausprobiert und …

Kocher

… funktioniert tadellos. Und mein Sohn findet den Old-School-Benzinkocher, der einen Lärm macht, als würde in der Ferne ein Düsenjet starten, auch gut. Er weiß aber natürlich auch, dass jetzt ein paar Euro übrig sind, z.B. für eine Hängematte mit Moskitonetz.

Was mich an der ganzen Sache am meisten berührt, ist die Tatsache, dass ich damals ziemlich genau so alt war wie er, als ich mir Geschirr und Kocher gekauft habe. Für eine Helgolandreise mit meinem Kumpel Bene. Das war eine schöne Zeit, und ich drücke uns allen, aber vor allem eben auch den jungen Menschen die Daumen, dass sie bald wieder raus in die Welt und diese für sich entdecken können.

Und eine Randnotiz noch: In meinem Debütroman „Jugendstil“, den man übrigens mit Glück immer noch gebraucht im Netz findet, gibt es eine Passage, die genau diesen Kocher, den ich jetzt an meinen Sohn weitergebe, zum Vorbild hatte. Auf der dem Buch beiliegenden CD habe ich diese Stelle damals auch vertont. Bisschen pathetisch, aber ich war noch jung:

Kommt zur Ruhe – und freut Euch auf den nächsten Tag am Meer!

Solo, Soli, Darität

Der Komponist Mathias Rehfeldt, der im Sommer für unsere TerraX-Reihe „Abenteuer Freiheit“ (Abenteuer Freiheit) die komplette Musik gemacht hat, schickte mir vor ein paar Tagen einen Link zu einem, wie er schrieb, Kompositionsauftrag für Chor und Orchester der Diözese. Oder, wie ich es nennen würde, geistliche Musik. Es sei natürlich alles schwierig gewesen, wegen Corona, und auch die Frage, ob und wie sie das Werk uraufführen. Sie haben dann letztlich dieses tolle Video gemacht.

Ich bin jedenfalls total begeistert. Ich finde es ja immer beeindruckend, wenn Menschen in ihrer Kreativität nicht so festgelegt sind, wenn sie also verschiedene Musikstile bedienen können oder, wie ich es versuche, neben dem Film auch mal zu schreiben, zu fotografieren, zu kalauern …

Storyteller

… oder zu trommeln.

War letzte Woche Donnerstag auch wieder in meiner Trommelbude. Als ich fertig war, bin ich auf dem Rückweg meinem Vermieter über den Weg gelaufen: Lars Watermann, sehr guter Trommler, super Typ. Hat in den letzten Jahren tolle Konzerte gespielt, auch ganz unterschiedliche Sachen (lars watermann).

Ich schreibe darüber, weil man ja vieles nur aus den Medien mitbekommt, z.B. was dieses Corona-Jahr mit KünstlerInnen gemacht hat. Lars erzählte, dass viele seiner Mucker-KollegInnen dieses Jahr wieder in ihre alten Jobs gegangen sind, um über die Runden zu kommen. Die, die konnten, wohlgemerkt. Und ich teile das hier, weil mir Mathias auch schrieb, wie ernst die Lage für einige geworden sei, nicht nur finanziell, sondern natürlich auch mental. Jemand, der seiner Bestimmung oder Berufung nicht nachkommen kann, leidet. Wenn ihm oder ihr dadurch noch der Lebensunterhalt flöten geht, ist es doppelt schlimm.

Damit möchte ich weder das existenzielle Leid vieler Menschen hierzulande und woanders auf der Welt schmälern noch verschweigen, dass momentan zigtausende andere vor allem in medizinischen oder Pflegeberufen aufopferungsvoll Tag für Tag ihren Mann/ihre Frau stehen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, vor Weihnachten und im nächsten Jahr wieder gezielter Kulturgüter zu erwerben, bei denen ich weiß, dass die Kohle auch den KünstlerInnen zugute kommt. Insbesondere Produkte von denen, die mir in den letzten Jahren und Jahrzehnten verlässlich Freude bereitet haben. Bringen The Notwist nicht bald ein neues Album heraus?

Unsere mta-Autorin Ina Bruchlos ist übrigens auch so eine Künstlerin. Ihr neues Buch habe ich schon. Und ihr? Suche Stehplatz Nord