Hab heute morgen auf dem Weg zur Arbeit auf NDR-Kultur einen Kommentar zur „cancel culture“ gehört. Also, zu der Tendenz, dass hierzulande umstrittene (die Autokorrektur von Notizen schlägt mir „unstrittige“ für „umstrittene“ vor – WTF?) Künstler eher ausgeladen und entsprechende Veranstaltungen eher abgesagt werden, anstatt sich mit anderen, anstößigen oder gar rassistischen Meinungen (z.B. rechten Verlagen auf Buchmessen) kritisch auseinanderzusetzen.
Einer der NDR-Redakteure hat sich sehr offen dafür ausgesprochen, dass es gut sei, diese Konflikte immer auszutragen, also z.B. rechte Verlage zuzulassen und Verschwörungstheoretiker nicht auszuladen.
Ich glaube nicht, dass das so einfach ist. Ich glaube auch nicht, dass man das pauschal beantworten kann. Ich glaube, dass es auch einen Unterschied macht, ob man z.B. einer umstrittenen Band eine Festival-Bühne zugesteht, wo das Publikum sich dann eben auch so goebbelsmäßig einfangen lässt, oder ob man explizit ein diskursives Streitgespräch einberuft. Dann sollte man jedoch drauf achten, dass der Gastgeber auch in der Lage ist, den umstrittenen Gast kritisch zu hinterfragen, bzw. die umstrittenen Thesen auch als solche zu entlarven. Andererseits ist das Risiko, dass sowas nach hinten losgeht, m.E. viel zu hoch – und es wäre dann im Zweifel besser, in schwierigen Zeiten bestimmte Themen noch eine Weile in der Tabuecke zu lassen, bis wir Demokraten in der Lage sind, stets und in jeder Situation die besseren Argumente zu liefern. Oder der Großteil der Bevölkerung wieder zur Besinnung gekommen ist.