Stichworte

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Nach meinen ersten Gehversuchen bei Facebook heute mal wieder ein paar längere Gedanken zur Situation. Es ist ein bisschen viel auf einmal vielleicht, zudem ungeordnet, Stichworte.

Letzte Woche sorgte eine Meldung für Aufruhr, wonach Jugendliche nicht mehr zwischen Werbung und Nachricht unterscheiden können. Ich würde mal behaupten, das geht nicht nur Jugendlichen so, sondern auch vielen erwachsenen Frauen, die die (gesponserten und unmerklich als Anzeige getarnten) Beauty-Seiten in der BUNTE durchblättern.

Im Mittelalter brüllte ein Mann auf dem Marktplatz die Neuigkeiten aus dem Umland. Briefe waren monatelang unterwegs. Damals konnten sich die Menschen keine richtige Meinung bilden, weil sie zu wenig Informationen hatten, vor allem die Landbevölkerung. Die hatte nur ihre Erfahrungen und ihren Glauben.

Die Erfindung des Buchdrucks war deswegen ein Meilenstein (auch wenn Kritiker damals genau wie heute fragen, ob das schon der Anfang vom Ende war). Auch dass in den folgenden Jahrhunderten immer mehr Menschen lesen und schreiben lernten. Dass es irgendwann sogar Medien gab, die die Bevölkerung informierten – mit all den Problemen, die es bei massenmedialer Berichterstattung immer schon gab.

In den letzten 50 Jahren haben sich diesbezüglich ein paar Begriffe etabliert, die versuchen, unser Zeitalter oder unsere Gesellschaftsform zu beschreiben: Kommunikationszeitalter, Informationszeitalter, Mediengesellschaft oder  Wissensgesellschaft. Ich denke, die letzten Monate haben gezeigt, dass wir – was den Einzelnen und seinen individuellen Wissensstand betrifft – weit von einer „Wissensgesellschaft“ entfernt sind (abgesehen davon, dass echtes Wissen immer noch Macht bedeutet). Dass andererseits zu viele, schlecht oder unzureichend kommentierte Informationen die Menschen genauso weit von einem Wahrheits-Bild wegführen wie wenig oder keine Informationen.

Die BILD(!)-Zeitung postuliert das seit Jahren: Bild dir eine Meinung. Sprich: Lies unsere Zeitung – das reicht. Nein, das reicht eben nicht. Das wusste man aber auch immer schon, sogar die Leser der BILD. Aber heute? Selbst ich kann nicht auf Anhieb jede Quelle einschätzen – und ich bin „Journalist“. Wie soll das ein 15-Jähriger können?

Die Politik hat es versäumt, neben der technologischen Entwicklung der Medien auch die Medienpädagogik weiterzudenken, dabei gab es früh genug warnende Stimmen. Und die klassischen Medien haben es versäumt, ein sicheres Netz zu den jungen Lesern und Hörern zu knüpfen. Jetzt müssen sie zusehen, wie sich Meinungen verselbständigen. Und zwar meistens die Meinungen, die am krassesten sind. Oder am grellsten verpackt. Oder von Popstars verkündet.

Ironischerweise sind wir damit der mittelalterlichen Landbevölkerung wieder ziemlich ähnlich geworden. Ich meine, die Bundeswehr wirbt mit einer Doku-Soap bei Youtube für Nachwuchs. Das sagt ja eigentlich alles.

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Wir sind vielleicht besser informiert denn je. Aber was wissen wir wirklich? Insofern ist es auch kein Wunder, dass der Glaube verschiedentlich wieder so einen hohen Stellenwert einnimmt.

Jetzt sind Medien und Politiker ratlos. Wie konnte die Welt so aus den Fugen geraten? Ja, das kommt davon, wenn man auch Geisterfahrer und Leute ohne Führerschein mit einem Panzer auf die Datenautobahn lässt.

Eigentlich muss es heißen: Bilde dir eine eigene Meinung. Oder noch besser: Informiere dich so, dass du dir ein eigenes Urteil erlauben kannst, welches der Summe, nein, der Schnittmenge der subjektiven Wirklichkeiten so nah wie möglich kommt.

Ich mache noch eine andere Beobachtung: Dass dieses allgemeine, ungute Gefühl, das nun überall herrscht, selbst schon wieder ein Katalysator für neue Meinungen geworden ist. Dass – wiederum auf einer Marketingebene – an einem guten Gefühl gebastelt wird. EDEKA hat wieder einen Weihnachtsspot gemacht: Wir sollen Zeit verschenken. ALDI hat vorher proklamiert: Weil einfach einfach einfach ist. Das ist alles gut gemacht und für zynische Soziologen ganz amüsant, wie die Kreativen, angesichts des globalen Chaos, alle gerade emotional zusammenrücken. Aber wie nachhaltig ist das? Ist ja nur Werbung …

Das Leben ist wirklich schön

trabi

Jeder geht im Leben durch Höhen und Tiefen. Und wenn es nicht ab und an die Tiefen gäbe, wüsste man die Höhen auch nicht mehr zu schätzen.

War in den letzten Tagen – wie vermutlich die meisten von Euch – etwas „trumpisiert“, d.h. ich wusste, es geht mir, objektiv betrachtet, gut, fühlte mich innerlich jedoch wie einer, der mit verbundenen Augen, Händen und Füßen auf einer Bombe sitzt.

Es erstaunt mich immer wieder, wie fragil die menschliche Psyche in einer solchen Situation ist. Wie ein paar kleine Alltäglichkeiten, gepaart mit dieser allgemein-kippenden Stimmung, mit einem Mal zu einem unüberwindlichen Hindernis werden können. Und wie schnell sich diese Berge dann manchmal wieder von alleine abtragen.

So dachte ich am Sonntag wirklich, mein alter Elch wäre reif für den Schrott. Das hätte mich fast umgehauen. Materiell, aber vor allem emotional. Zum Glück half mir meine Schwester (am Sonntag, auf dem platten Land, wohlgemerkt), einen Schrauber zu finden, der sich das angucken wollte. Am Montag Nachmittag bekam ich einen Anruf aus dessen Werkstatt, und die erste Diagnose besätigte meine Vermutung: Neue Hinterachse. Kacke. In meiner ganzen Not habe ich meinen Vater angerufen, ehrlich, ich fühlte mich wieder wie ein kleiner Junge, dessen BMX-Rad einen Plattfuß hat. Und mein Vater war sofort zur Stelle, meinte, klar, kriegen wir hin, komm einfach mit dem Auto runter. Aber wie? Woher einen Trailer bekommen? Außerdem kommen die Kinder nächstes Wochenende … wiewiewie? Parallel rief der Typ aus der Werkstatt meine Schwester an und meinte, er könne das Auto so fahrbereit machen, dass ich damit heil und sicher zu meinem Vater käme. Das war schon mal cool. Trotzdem hab ich in der Nacht auf Dienstag kein Auge zu getan.

Gestern Morgen hat mich meine Freundin zur U-Bahn gefahren und mir Mut zugesprochen, dass alles gut werde, und es am Ende „nur eine Autoreparatur“ sei, was ja auch stimmt. Und plötzlich hab ich die Dinge wieder positiver gesehen. Freute mich darüber, dass meine Liebsten für mich da sind und mein Vater schon bei sich daheim an einer Lösung bastelte. Hab daraufhin einem Obdachlosen an der U-Bahn einen Kaffee spendiert und seiner Kollegin eine Hinz&Kunzt abgekauft. Klingt dämlich, aber mit einem Mal spürte ich wieder, Alter, es geht in diesem Leben hier nicht nur um dich.

Abends bin ich dann mit Bus und Bahn aufs Land gefahren, um mein Auto abzuholen. Auf dem Weg hab ich die Hinz&Kunzt gelesen, darin u.a. ein ganz tolles Interview mit Wolf Biermann und einer Reportage über ein paar Obdachlose und wie die sich jetzt auf den Winter vorbereiten. Und da bin ich ganz demütig geworden, und ich dachte, verdammt, sei doch nicht immer so ein ängstlicher, bescheuerter Idiot, der sich von einer Autoreparatur ins Bockshorn jagen lässt. Meine Laune wurde immer besser. Ich dachte, ey, der Vater von Wolf Biermann wurde in Auschwitz ermordet, deiner lebt noch und ist da für dich, das ist doch super. Und dann sammelte mich meine Schwester auf und grinste so komisch, und in der Werkstatt erzählte mir der Typ schließlich, dass sich der Schaden auf den zweiten Blick als viel harmloser herausgestellt hat. Nicht mal halb so schlimm, sondern sechstel oder sogar achtel so schlimm. Zufall?

Und jetzt setze ich mich gleich in die alte Karre und fahre zum Fußball, in dem Wissen, dass ich mich im Notfall auf meine Freundin und meine Familie verlassen kann – und es am Ende immer noch einen Schutzengel gibt, der den Pechvogel im Zweifel überholt.

Das Leben ist schön

pa

Der 9. November – von jeher ein geschichtsträchtiger Tag. Bislang nur in Deutschland, heute auf der ganzen Welt. Das nennt man wohl „Ironie der Geschichte“. Oder ist das schon Zynismus?

Meine Freundin begrüßte mich heute Morgen mit Tränen in den Augen. Ich dachte, ich hätte womöglich im Halbschlaf irgendetwas Unüberlegtes gesagt, doch sie murmelte bloß: Trump hat die Wahl gewonnen!

Ich hab die letzten Monate hier viel dazu geschrieben. Was das für ein Wahnsinn ist, dass die Medien so einen Typen hochjazzen, weil er Quote bringt. Ich habe aber auch immer gedacht: Es wird nichts passieren. Habe beim Bloggen sogar manchmal eher damit kokettiert, wie schlimm das wäre, wenn er gewählt würde, weil ich mir eigentlich sicher war, dass das nicht passieren würde. So gesehen, IST Amerika wirklich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Das ist ein politisches Ereignis, welches die Welt – in dieser ohnehin schon unruhigen Zeit – ganz schön auf den Kopf stellt. Ein Ereignis, das man seinen Kindern erklären muss. Vor dem man ihnen die Angst nehmen muss. Ich dachte heute spontan an „Das Leben ist schön“, den wunderbaren Film von Roberto Benigni, in dem ein Vater versucht, seinem Sohn im KZ vorzugaukeln, die Gefangenschaft im Konzentrationslager sei nur ein großes Spiel und alles in bester Ordnung.

Er tut das, um seinen Sohn zu beschützen. Ich weiß, ich lebe nicht in einem KZ, aber den Impuls, meinen Söhnen die Wahrheit zumindest schonend beizubringen und sie nicht mit meiner Sorge anzustecken, kenne ich seit heute besser denn je.

Thomas Hobbes erarbeitet in seinem Werk „Leviathan“, einem der wichtigsten, politischen Bücher überhaupt, die Bedeutung eines starken politischen Führers zum Wohle des Volkes. Die Gewaltenteilung lehnt er ab. Eine Art Monarchie kann er sich unter Umständen vorstellen. Eine wichtige Voraussetzung, die das Oberhaupt allerdings erfüllen muss: Es muss gut und kompetent sein. Hobbes schrieb das Buch damals unter dem Eindruck des Englischen Bürgerkrieges, der das Land ins Chaos führte. Wenn ich mir den gewaltigen, globalen „Rechtsruck“ anschaue, kann ich nur sagen: Hobbes hat recht. Vorausgesetzt, es gibt da draußen einen klugen, uneitlen, weitsichtigen, großzügigen, aufgeklärten Menschen, der den Job übernimmt –  Bitte, schafft die Demokratie ab! Oder legt eine Pause ein. Weil das System momentan zu anspruchsvoll für den Bürger ist. Auf der anderen Seite liegt genau darin die Schuld der Politik. Wenn Regierungen eben nur den Blick auf Wirtschaftsbeziehungen und die Sicherung von Rohstoffen richtet, anstatt auf die Aus-Bildung ihrer Bürger, dann kommt leider zwangsläufig irgendwann genau das dabei heraus.

Und deswegen sind die ganzen Wutbürger und Protestwähler weltweit womöglich sogar zurecht unzufrieden mit den etablierten politischen Kräften. Paradoxerweise jedoch nicht aus dem Grund, weswegen sie wirklich sauer sein könnten: Dass sie nämlich keine angemessene Bildung erhalten.

A-Synchron

Hilfe!!!
Hilfe!!!

Internet hakt. Wollte heute eigentlich meinen ersten Facebook-Post absetzen, aber irgendwie ist da so eine seltsame Hemmschwelle. Hab mich also noch mal in meinen Blog verzogen …

Ich meine, was postet man da bei FB in aller Kürze? Dass ich – angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in den USA – am Sonntag Morgen beim Frühstück mit allen Kindern und meiner Liebsten dachte: Okay, halte diesen Moment im Herzen fest, das ist unsere Henkersmahlzeit …?

Oder ein Foto von der 70er-Party, auf der wir am Samstag waren? Und dass die Gastgeberin sagte: Cool, voll der Asi-Look! Obwohl ich die Trainingsjacke ständig und ernsthaft trage?

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Oder dass sich manchmal die ganze Komplexität der Welt in zwei aufeinanderfolgenden Bildern erklärt?

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Oder dass die Alphabeten einen neuen Bilderwitz rausgehauen haben?

Keine Ahnung …

Face-to-facebook

Wiederwalser
Wiederwalser

Bin seit gestern bei Facebook. Wegen allem. Müsste eigentlich mal was posten. Hab aber irgendwie Hemmungen. Könnte ja jemand lesen. Vielleicht nachher. Muss das erst lernen. Fühlte mich gestern Abend schon gleich ein bisschen erschlagen von dieser Freundschaftswelle. Müsste da jetzt wahrscheinlich auch posten, dass ich gebloggt habe. Oh, Gott, ich werde mich bald in einer kommunikativen Metaschleife verheddern.