Alte Bekannte

Manche Infos sind so hot, dass man sie im Nachhinein lieber gar nicht gehört hätte, weil man dann auch nicht hätte reagieren müssen. Eben kam mein Kollege Olli rein und meinte: Hey, diese Band, die du so gut findest, spielt am Sonntag in Hamburg. Wie heißen die noch? Erdmöbel?

Allerdings! Die finde ich nicht nur gut, sind auch alte Bekannte, die jetzt eine kleine Weihnachtstour machen. Hab auf der Homepage ein Video gefunden. Das muss ich Euch zeigen:

Mir wurde beim Gucken ganz warm ums Herz, nicht nur, weil der Song schön ist. Erstens hab ich in dem Studio, in dem da auch gedreht wurde, selber mal was aufgenommen, zweitens hab ich Ekki, den Bassisten, damals für meine Abschlussarbeit interviewt und drittens hat mich der Pianist, Wolfgang Proppe, ein ganz wunderbarer Mensch, mal auf einer Mini-Tour (am E-Piano) begleitet. Eine ganz tolle Band mit Geschmack, Herz, Talent und Geschichte(n). Sehr selten. Sonntag wird knapp, aber da muss ich irgendwie hin.

Exklosiv

So, kurz vor Weihnachten drehen noch einmal alle am Rad. Die einen gehen auf die Straße und die anderen fragen sich, wer da eigentlich warum auf die Straße geht. Ich bin ganz froh, dass es zumindest um mich herum noch ein paar vernünftige Menschen gibt, die erkennen, dass die Welle da draußen das Potential für eine Sturmflut hat. Jetzt heißt es: wach bleiben!

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Ganz ehrlich, in den letzten Monaten ist so viel passiert, dass ich unsere Tiefgarage mit ganz anderen Augen sehe. Kein Wunder, die wurde ja auch im Kalten Krieg gebaut und dient im Notfall zugleich als Bunker. Hab ich, glaube ich schon mal erzählt. Und meine Jungs finden das sogar irgendwie cool, so in dem Sinne: Wow, das ist ja wie eine Ritterburg hier – Und ich denke bloß: Mein Gott, lass uns dieses Ding bitte niemals ausprobieren müssen.

Die Akustik ist allerdings toll. Hab – dem Anlass entsprechend – etwas aufgenommen: Das Intro von Explosion, Tocotronic …

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Zettel-Wirtschaft

Hatte gestern Abend ein längeres Gespräch mit meiner Mutter über Weihnachtsgeschenke. Mein Sohn hatte sich einen Kalender von der Nationalmannschaft (also der Weltmeister-Elf) gewünscht. Da der aber da, wo meine Mutter wohnt, in den kleineren Formaten ausverkauft war, hat sie stattdessen einen Bayern-Kalender gekauft (mein Sohn ist ja auch Bayernfan) und sich dann gewundert, als ich meinte, das könne vielleicht blöd kommen unterm Tannenbaum. Daraus entwickelte sich eine Diskussion, dass ein Wunschzettel ja auch nur ein Wunschzettel sei und kein Bestellzettel. Ich habe entgegen gehalten, wenn man so haarscharf neben dem Wunsch liefert, die Enttäuschung eben größer sei, als wenn man so komplett was Anderes schenkt. Meine Mutter meinte, dann würde das aber gar keinen Spaß mehr machen zu schenken. Hat sie auch Recht. Spiele daher mit dem Gedanken, nächstes Jahr ausdrücklich keine Wunschzettel einzuholen, sondern einfach die Ohren offen zu halten. Finde ich eigentlich auch besser.

Hab im aktuellen Uni-Spiegel den Bericht über diese (relativ) neue Band „Trümmer“ gelesen. Und dass die so coole, clevere Texte machen, so „raus aus der Komfortzone“-mäßig, und wirklich etwas sagen wollen etc. Als Beleg dafür folgte folgendes Zitat aus einem ihrer Songs:

HS1

Vor ein, zwei Jahren stand in einem dieser „Whatever“-Kunsthefte von den Designern Rocket & Wink ein Statement von mir, das lautete: If you fight the problem, you are the problem. Klingt noch besser, finde ich. Aber die Jungs von Trümmer sind jetzt Rockstars! Und Rocket & Wink übrigens auch. Hmmm, …

B.Such B.Rainstorm

b

Manchmal würfeln sich Tage selbst durcheinander und werden einfach überraschend gut. Waren heute mit Manuel Möglich zum gemeinsamen Ideen-Austausch verabredet. Ging um mögliche Projekte für´s nächste Jahr. Gleichzeitig bekam ich eine SMS meines alten Freundes Gian-Philip, Sprecher, Schauspieler und freier Journalist aus Berlin, der zufällig im Hause war, um einen Film für uns zu vertonen. Zuerst dachte ich: Oje, ich hab gar keine Zeit, aber dann hab ich ihn einfach in die Runde geholt und – gewissermaßen als Experten von außen – mal nach seiner Meinung, seinen Lieblingsformaten und seinen Sehgewohnheiten gefragt, und das war superkonstruktiv. Mein Chef und die anderen waren aber auch flexibel genug, das zuzulassen. Danke an alle. So macht Arbeit Spaß.

Drummer-Queen-Wien

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Uiiii – hab getrommelt. War das toll. Ist zwar immer schwierig auf einer fremden Kiste, aber ein guter Anfang. Wenn ich vorher richtig nachgedacht hätte, hätten wir auch Karaoke-Musik mitnehmen und die PA mitmieten können, dann hätte meine Süße auch noch singen können. Super Frühsport. Egal. Next time. Heute solo. Mehr schlecht als recht, aber immerhin, der alte Wal schwimmt noch:

Me drumming in Vienna at t-on-Studios. Grrreat from anders-blog on Vimeo.

Ansonsten haben wir ganz entspannt und – trotz des Mistwetters – mit bester Laune heute noch einmal Kraft getankt. Stadtrundfahrt mit der Retro-Tram, mit Punsch einen angezwitschert und dann Schnitzel im Café Korb (super), tja, und jetzt sind wir wieder im Hotel, ruhen uns aus und gucken nachher Tatort. Morgen früh geht es wieder nach Hause. Es ist wie immer. Wir freuen uns auf Kinder und Kater, aber ansonsten wäre Wien auf die Dauer auch nicht verkehrt, so für ein, zwei Jahre. Hatte es zugegebenermaßen nicht so cool in Erinnerung.

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Gestern Abend sind wir noch spontan ins Bellaria gegangen, dieses alte Kino in der Museumsgasse, das ich auch in Kunststoff beschreibe. Haben Bocksprünge geguckt, so ein Beziehungsfilm mit Figuren in unserem Alter. War genau richtig. Möchte in dem Kino mal eine Lesung machen. Hab mich aber nicht getraut, die Frau hinter der `Kassa´ anzusprechen.

Ansonsten? Frage ich mich bei der ganzen Diskussion über Cordt Schnibbens facebook-Abrechnung mit Saffe und Büchner, ob ich mich ebenfalls öfter zu unseren Firmenangelegenheiten äußern sollte. Andererseits – was soll man dazu sagen?

Wien

Sind noch einmal geflohen. Nach Wien. Scheiß auf die Kohle. Warum sollte man sparen, wenn Putin Ernst macht? Der letzte Eindruck von Hamburg war diese Titelseite einer russischen Zeitung im Flughafen-Presseshop: Der Westen als Titanic und der Osten als Eisberg. Da muss man kein Staatstheoretiker sein, um den Sinn zu verstehen:

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Dann im Flieger auf dem Schoß meiner Freundin: Die BUNTE. Man muss ja mitlesen, wenn man daneben sitzt. Das ist wie beim Rauchen. Außerdem lernt man Einiges über das Pressewesen. Zum Beispiel ärgerte sich meine Freundin darüber, dass die Bunte beim Interview mit dem AfD-Typen Bernd Lucke nicht kritischer nachgehakt hat. Ich entgegnete, dass die (vermutlich) schon nachhaken, aber der Typ das (vermutlich) vor dem Druck autorisiert, und dann bleibt eben (vermutlich) einiges auf der Strecke. Und dass man das als Redaktion in Kauf nimmt, wenn man sich von einem Interview mit diesem Menschen eine höhere Verkaufszahl oder einen Image-Gewinn oder was auch immer verspricht. Und dass ich das im Falle der ganzen Woody Allen-Interviews letzte Woche noch viel krasser fand, weil den niemand mehr auf sein Privatleben anspricht, sondern der wieder regelrecht hofiert wird, während Bill Cosby gerade die Rutsche in den Abgrund runtersaust. Und dass man da als Journalist vielleicht auch mal sagen muss: Hey, ich will den Typen gar nicht interviewen und dem ein Forum für seine Filme geben, wenn der mir nicht erklären will, warum er eine Beziehung mit der Adoptivtochter seiner damaligen Frau einging. Und was er mit den anderen Kindern gemacht hat …

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Ansonsten? Ist Wien wieder gut zu uns. Wäre gerne Reisereporter, mit meiner Freundin zusammen. Was wir immer alles zusammen entdecken und bequatschen. Würde andere vielleicht auch interessieren. Gestern Abend dann der vorläufige Höhepunkt: Udo Jürgens-Konzert in der Stadthalle. Ziemlich bewegend. Ich hab den schon einmal gesehen. In Dortmund. Vor ca. 20 Jahren. Damals war ich Roadie und mit meinen Gedanken offenbar ganz woanders, jedenfalls ist das bei mir nicht so hängengeblieben. Gestern war das nicht nur sein Heimspiel, sondern auch schon beinahe ein Abschied nehmen. Hätte ein paar Mal fast geheult. Ich meine, ich kenne ja die ganzen alten Platten. Zum Anfang von 1000 Jahre sind ein Tag hab ich als 8-Jähriger getrommelt. Frottee-Handtuch über die Bongos und – Zack – hatte ich den Sound wie von der Platte (hab mich morgen übrigens für eine Stunde in einen Proberaum am Naschmarkt eingebucht – Knaller). Ich war noch niemals in New York hab ich ungefähr 100 Mal auf Hochzeiten aufgelegt, und gestern wurde ich mir plötzlich im Angesicht dieses 80-jährigen Mannes, der sich bis auf einen ganz leichten, großväterlichen zischelnden S-Laut gegen Ende des Konzerts super gehalten hat, irgendwie auch meines eigenen Reifeprozesses bewusst. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite dachte ich eben auch, okay, das ist heute mit großer Wahrscheinlichkeit das letzte Mal, dass ich ihn live sehe, und das hat mich irgendwie umgehauen.

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Ich war noch niemals in New York war besonders interessant zu beobachten. Ich meine, wir waren ja gerade da, in NY, und ich bin – als 16-Jähriger – auch schon in zerrissenen Jeans durch San Francisco gelaufen. Das Lied zielt ja auf die Flucht aus dem Alltag, zeichnet diesen ja als Gefängnis, in das man (in diesem Falle sogar Mann) am Ende zwar freiwillig, aber irgendwie auch desillusioniert und abgekocht zurück marschiert. Insofern empfinde ich da natürlich eine gewisse Gelassenheit. Ich hab quasi einen Haken hinter Udos Liste gemacht. Aber es ist immer wieder erstaunlich (und ich kenne das ja von den Hochzeiten), wie das Tausende aus voller Brust mitsingen, obwohl es im Grunde der Soundtrack zu ihren eigenen, nicht gelebten Träumen ist. Als wenn eine ganze Batterie Legehennen lustvoll „Ich war noch nie auf einer Wiese“ singt. DAS dem Publikum so unterzujubeln, dass dieses sich an dieser Erkenntnis dennoch hochzieht, ist eine unfassbare Leistung. Ehrlich, und ein Thema für eine Abschlussarbeit. Insofern – Hut ab, Herr Bockelmann. Und Danke für den Abend.

Dienst-, ach (und Krach) Leistungsgesellschaft!

Ganz schrecklich dieser erstochene Jobcenter-Mitarbeiter in Rothenburg. Das Verrückte ist: Als ich die Meldung las, saß ich gerade beim Straßenverkehrsamt im Wartebereich, um einen EU-Führerschein zu beantragen. Da schaut man sich die anderen Wartenden plötzlich viel genauer an …

Klar, Arbeitslosengeld ist existentieller als ein Führerschein, aber die Leute drehen ja scheinbar wegen immer weniger durch. Oder kriegte man das früher einfach nicht mit? Und sind es die Leute, oder ist es das System?

Nur als Beispiel: Ich habe für meinen kleinen Sohn einen Adventskalender im Internet bestellt. Aus purer Not, wohlgemerkt, ich war in 10 Buchhandlungen, überall ausverkauft. Heute ist der 4. Dezember, und das Scheißding ist immer noch nicht da. Dachte ich. Dann recherchiere ich heute und stelle fest, dass das Teil schon seit 3 Tagen in einem Paket-Depot liegt. Und jetzt kommt´s: in einer Autowerkstatt.

Womit wir wieder beim Auto wären. Um einen EU-Führerschein zu beantragen, braucht man (neben Geld und Zeit, obwohl ich vorab online einen Termin gemacht hatte) einen Auszug aus dem Führerscheinregister der Stadt, in der man den Führerschein gemacht hat. Ich also in Münster per Mail angefragt und auch prompt Bescheid bekommen, mein Auszug sei (ebenfalls per Mail) direkt ans Hamburger Straßenverkehrsamt gegangen. Weil die mir den nicht persönlich schicken dürfen. Nun gut. Ich also heute in den Termin und siehe da – keine Mail angekommen. Das gibt es doch nicht. Immerhin: Die Dame hat meinen Antrag dennoch entgegen genommen. Aber warum mailen die das Ding nicht mir zu?

Das Blöde ist, man weiß ja auch nie, wer Recht hat. Hat der Paketdienst wirklich nicht Bescheid gesagt, oder hab ich es nur nicht mitbekommen? Hat die Frau aus Münster das Ding wirklich abgeschickt oder dann doch vergessen?

Paket

Nachtrag: Als ich das Paket eben (in der Autowerkstatt – tatsächlich) abgeholt hab, fragte der Typ, ob ich den Abholzettel, also die Benachrichtigung dabei hätte. Natürlich nicht. Wir wurden ja nicht benachrichtigt. Ging dann aber auch mit Ausweis. Ich glaube, er bemerkte das kurze Glitzern in meinen Augen. Nicht falsch verstehen: Bin weit davon entfernt, ein Messer zu ziehen, aber einfacher wird die Welt nicht, in der wir leben.

Blick in den Spiegel

 

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Heute in der Mittagspause im aktuellen Spiegel geblättert. Bin ja eher ein unpolitischer Mensch. Leider. Obwohl ich Politik studiert und immerhin meine mündliche Prüfung über Platons Parmenides-Dialog gemacht (und bestanden) habe. Aber genau das ist das Problem: Ich bin, was das Politische angeht, ein Theoretiker. Doch der neue (alte) Rassismus in USA, die globalen Klima- und Wirtschaftssorgen, Putin, der pakistanische Ziegelsklave – für all den geballten Scheiß bin ich zu empathisch. Ehrlich. Hab ich von meiner Mutter. Genauso wie meine Entscheidungsunfähigkeit in kleinen Dingen.

Also alles spiegelverkehrt?

Ist das überhaupt richtigspiegelverkehrt?
Ist das überhaupt richtigspiegelverkehrt?

Die Reflektion ist wichtig. Hintergrundwissen. Nicht blenden lassen. Man kann nicht immer vordergründig unterwegs sein. Da lauern nämlich auch Abgründe.

Musste danach auf jeden Fall zum Nachtisch ein bisschen zur Kulturgeschichte des Lachens recherchieren. Apropos, dazu ein kleiner Tipp für alle Nachwuchsredakteure: Es reicht bei der Recherche nicht, immer nur Links zu sammeln. Ab und an muss man auch mal nach Rechts gucken. So weh das manchmal tut.

In diesem Sinne.