Der letzte Kaiser

Bin in den Weihnachtstagen noch mal mit der Bahn nach Glückstadt gefahren. Abgesehen davon, dass diese kurze Überlandfahrt langsam zu meiner Lieblingsstrecke avanciert, hatte ich diesmal so ein paar alte Udo Jürgens-Nummern auf dem Ohr. Gab vor ein paar Jahren mal eine kommentierte Kompilation von Bastian Sick, den ich jetzt nicht soooo aufregend finde, aber die CD ist relativ gelungen, zumal die Kommentare nicht zwischen den Liedern auf die CD gesprochen wurden, sondern sich im Booklet befinden. Und was Sick da über Ich weiß, was ich will schreibt, ging mir dann doch nahe, weil er auf dieses untypische lange Saxophonsolo am Ende abhob, das in der Tat großartig ist und die Message und den Druck des Stückes toll mitnimmt.

Kurz darauf – noch im Zug – erhielt ich einen Link zu meiner Lesung in Frankfurt (draufklicken). Und für wessen Tour wurde unten auf der Seite geworben? Richtig, fand ich irgendwie cool …

Jöns und Jürgens
Jöns und Jürgens

Ansonsten? Ist Michael Schumacher beim Skifahren schwer gestürzt. Keiner traut sich so recht, eine Prognose zu stellen. Ihm und seiner Familie alles Gute. Auf einer abstrakteren Ebene ging mir Folgendes durch den Kopf. Nachdem sich Boris Becker ja selbst (fast) dekonstruiert hat, ist nun die zweite deutsche Sport-Ikone in Gefahr. Nur der Kaiser ist scheinbar wirklich unangreifbar …

Ohne Moos nix los

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Weihnachten ist fast vorbei. War ganz schön. Übermorgen kommen meine Jungs, dann feiern wir noch mal ein bisschen.

Die Jahre vergehen immer schneller, das ist wirklich so. Gerade dann, wenn viel passiert. Obwohl ich ganz gut zur Ruhe komme, stehen die nächsten Termine und Projekte bereits da wie ein feindliches Heer auf der anderen Seite des Schlachtfeldes. Und so kann ich mir den größten Weihnachtswunsch dieses Jahr nur selbst erfüllen und zugleich als einen guten Vorsatz mit ins neue Jahr nehmen. Nämlich weiterhin und noch mehr auf mich Acht zu geben und die „Arbeit“ noch mehr zu genießen. Mich nicht verrückt machen zu lassen von Menschen, die meinen, sie hätten die Kontrolle über mich, und den vermeintlich wichtigen Dingen nicht mehr Bedeutung beizumessen als nötig.

Meine Freundin erzählte mir heute morgen von unserem Eichhörnchen, das am Ende der Terrasse hoch im Baum Moos abkratzt und mit in sein Winterlager nimmt. Was empfindet es dabei? Freude? Langeweile? Wut? Ist das „Arbeit“?

Ich bin jetzt 40 und stehe aufrecht wie ein Baum, habe Augen wie ein Adler, kann rennen wie ein Hase (zumindest dem Ball hinterher) und in lichten Momenten einen klaren Gedanken fassen. Habe ich dennoch auch nur den leisesten Hauch einer Ahnung? Was ist? Was bleibt? Was wird?

Beim Frühstück im Bett einen alten Bud Spencer-Film geguckt, und zwar den, in dem er mit dem kleinen außerirdischen Jungen gegen die großen außerirdischen Invasoren kämpft, die wiederum den Willen der Menschheit gleichschalten wollen. Konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob wir nicht schon längst gleichgeschaltet sind. Oder zumindest unsere Bedürfnisse. Das neueste Handy, das neueste Auto, den neuesten Computer, die geilste Reise, den aufregendsten Job, alle wollen dasselbe, ich nehme mich da nicht aus, und vielleicht war das in meiner Kindheit sogar auch schon so. Und fördert WhatsApp nicht womöglich sogar die Kommunikationsfähigkeit unserer Kinder?

In der Tagesschau sagen sie gerade, dass in Deutschland noch nie so viele Asylanträge wie in diesem Jahr gestellt wurden. Die Kommunen fordern mehr Unterstützung. Mein Ziehsohn hat heute auf dem Bolzplatz einen ausländischen Jungen gefragt, ob er mitkicken wolle. Danach haben wir 2 gegen 2 auf kleine Tore gespielt. Das können wir tun.

B-Dayz

Runde Geburtstage gefeiert. Am Freitag von meiner Süßen mit einem unglaublichen Geburtstagstisch geweckt worden:

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Meine große Schwester hat mir eine Schürze genäht – ein Knaller. Zeige ich demnächst mal in Aktion. Auf jeden Fall ein Ansporn, das Kochen nicht immer meiner Freundin zu überlassen.

Der HSV hat auch seine guten Seiten
Der HSV hat auch seine guten Seiten

Meine kleine Schwester hat mir einen Bayern-Kalender und eine Cash-Karte geschenkt. Passte beides zufällig total gut zu zwei Geschenken meiner Freundin, und zwar einem Foto, das sie als Tischschmuck rausgesucht hatte und einem Sixpack, mit dem sie mich wohl in ihr schwankendes HSV-Boot ziehen wollte. Lustig.

Trash & Cash
Trash & Cash

Gestern Abend war ich nach meinem 40. dann noch auf unserem 20-jährigen Abi-Treffen. Hab mich gewundert, wie gut sich alle gehalten haben. Wir hatten den direkten Vergleich, weil im Hintergrund unser Abi-Video lief. Ich sehe heute sogar frischer aus als damals, weil ich – als das Video gedreht wurde – den ersten und einzigen Herpes meines Lebens hatte. Schön, wie man damit auch 20 Jahre später noch für Erheiterung sorgen kann, eigentlich ein Wunder, dass aus mir kein Serienmörder geworden ist oder ein Diktator. Nein, war sehr nett. Habe mich länger mit zwei Mitschülerinnen unterhalten. Die eine ist jetzt Richterin, die andere Anwältin, sehr clevere, patente Frauen. Und irgendwie hat das wieder ein bisschen meinen Glauben in das System gestärkt. Wenn das nichts …

Bin vor dem Treffen extra noch meine alten Schulwege abgelaufen. Auf dem Fußballplatz meiner Grundschule hätte es mich fast erwischt. Ich hänge ja nicht im Gestern, aber das war schon krass. Hab aber auch heute in der WamS gelesen, dass Menschen, die auf einen Pool guter Erinnerungen zurückgreifen können und einen guten Sinn für Nostalgie haben, zufriedener und glücklicher sind. Klingt paradox, ist aber wohl so. Vielleicht habe ich es auch wieder nicht richtig verstanden. Oder gelesen.

Last night

Bar Keeper

Gestern Abend einen wunderschönen Leseabend in der Bar des Hotel Smolka in Eppendorf genossen. Nette Menschen, angeregte Gespräche und sogar ein paar Bücher verkauft. Damit hat ein anstrengendes, bewegtes, aber auch erfülltes Jahr ein angemessenes Ende gefunden. Ich könnte an dieser Stelle noch weitergehen und vom Ende einer Ära sprechen. Denn der kleine Gerrit (oder „Geggi“, wie ihn seine Mutter nannte, so lange sie es durfte) wird morgen 40. Stört mich eigentlich nicht, ich werde es aber auch nicht groß feiern. Meine 3 Lesungen waren meine Feier, morgen gibt es nur mich und meine Süße und nachmittags ein kleines Essen mit allen Kindern. Nein, es stört mich nicht, weil letzte Woche eine interessante Frage kam, nämlich wie alt eigentlich meine Romanfiguren seien, man schwanke so zwischen Anfang 20 und Anfang 40, und das finde ich irgendwie klasse, weil ich mich auch so fühle, manchmal ganz am Anfang und manchmal, wenn ich z. B. mit unseren Söhnen unterwegs bin, meinem Lebensalter angemessen.

Hab für den gestrigen Abend, angefixt von diesem tollen Rilke-Gedicht, das ich vor zwei Tagen gebloggt hab, auch noch eben ein Weihnachtsgedicht geschrieben. Sei es, weil es sich (endlich mal) reimte oder ein bisschen alt klingt oder weil es eine Frauenstimme vortrug, jedenfalls kam es gut an.

Einmal selbst gelesen und zum Selbstlesen:

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Die heil´ge Nacht weilt ungeduldig vor den Toren,
doch in der Stadt hebt niemand recht den Blick,
gehetzt, stets auf der Suche nach dem großen Kick,
brüllt abgewandt ein Lärm aus tauben Stöpselohren. 

Zuhause fällt ein jedermann ins Winterbett,
und über 100 Jahre alte Läden jammern,
über zum Bersten vollgefüllte Kammern,
denn Buntes treibt sich bloß im Internet.

Kalter. Atem. Zug – in Lichtgeschwindigkeit durch kleine Bäume,
die jung anscheinend, immergrün und gut
behutsam wandeln die uns allen anverleibte Wut
in lang vergessene, feine Träume. 

So stehen und sinnen wir in tiefgefror´ner Nacht.
in seel´ger Wonne schlafen schon die Kinder
wir denken nach – und warten wie ein reuevoller Sünder 
auf Zeichen des, das über uns und alle Zeiten wacht. 

Und für einen Bruchteil spüren wir die starke Kraft.
mit einem Schlag ummantelt uns die lang ersehnte Ruhe.
als läge lebenslang in einer fest verschlossenen Truhe,
der Geist, der ausgehaucht die größten Dinge schafft.

Streut es in alle Winde, wenn Ihr wollt.
Euer Gerrit

Endspurt

So, noch eine schlappe halbe Woche im Büro, dann geht es in die Weihnachtsferien. Hab eben zwei Faxe rausgeschickt; setze mich darin für eine Familie ein, die ihr ganzes Geld an einen Baubetrüger verloren hat und nun auf den Schulden sitzenbleibt. Wahnsinn, wie ungerecht unser Rechtssystem manchmal ist. Naja, wenigstens sind das die Momente, wo Medien auch mal nützlich sein können.

Höre im Auto zur Zeit eine CD über die letzten Jahre von Immanuel Kant. Sehr spannend, vor allem die kleinen Anekdoten, z. B. dass er seinen langjährigen Diener Lampe feuern und sich dann an den den nächsten, Johannes (Kant konnte ihn nicht mit dessen Nachnamen „Kaufmann“ anreden, da stets gebildete Kaufmänner bei ihm zu Gast waren), gewöhnen musste. Man kennt das ja, dass diese großen Denker ihren alltäglichen Ritualen verfallen waren und förmlich verrückt wurden, wenn die Pfeife nicht da lag, wo sie immer lag. Nicht, dass ich mich als großen Denker bezeichnen würde, aber in Grundzügen kenne ich das auch: inneres Chaos – äußere Ordnung. Deswegen sieht mein Schreibtisch abends auch immer so aus, als wäre ich Lampe, also gefeuert.

Alter Falter
Alter Falter

 

Ansonsten? Gibt es eine ganz tolle Kunststoff-Rezension bei freitag.de:
http://www.freitag.de/autoren/calvani/blutende-literaten

Und? In Frankfurt steht jetzt die Lesung: 07. Januar 2014, Pik Dame, gemeinsam mit Blindtexter. Wir sehen uns.

Manufak

Zwerge versetzen
Zwerge versetzen

War in der Mittagspause kurz bei Manufactum, um nach Weihnachtsgeschenken zu gucken. Nicht, dass ich mir die da leisten könnte, wobei, hab für meinen Vater immerhin eine echte Handwerker-Nagelbürste gefunden, für 7 Euro, das ging so gerade. Jedenfalls gibt es in der Gartenabteilung jetzt „echte“ Griebel-Gartenzwerge aus Gräfenroda. Und wer hat in der sagenumwobenen Zwergenmanufaktur schon gedreht? Richtig. Manchmal denke ich, es gibt nichts mehr, was ich nicht schon gesehen hätte.

Ich weiß noch, dass der Typ, Reinhard Griebel, überhaupt keine Distanz zu seinen Zwergen hatte. Zumindest vor der Kamera. Er sprach die ganze Zeit mit so einer Märchenonkel-Stimme von diesen `treuen Gesellen´, und dass er gar nicht verstünde, wie man den `kleinen Kerlchen´ böse sein könne usw. Das war in der Konsequenz fast schon gruselig. Und wie er da oben in seiner Kammer stand, umgeben von hunderten von Zwergen, da hab ich schon kurz das Gefühl gehabt – oh, Gott, gleich werden die alle lebendig …

Still(e) Nacht

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Danke an alle, die bei der Projektor-Lesung waren. Das war ein sehr schönes Miteinander, insbesondere wegen der kleinen, spontanen Fragerunden zwischendurch. Dafür, dass ich selbst ein ganz mieser Zuhörer bin und, wenn andere lesen, immer skeptisch, empfand ich es als äußerst kurzweilig. Danke nochmals. Meine Schwester hatte zur Feier des Tages extra eine Torte gebacken.

IMG_3832   Fisch

Hab mir dann gestern frei und eine kleine Auszeit genommen. Nur für mich, zum Ausklang des alten Jahres. Kann ich nur jedem empfehlen. Mann muss auch nicht immer 1 Woche Malle oder Thailand oder New York machen, manchmal reicht auch ein Abstecher nach Blankenese. Bin da ein paar Stunden durchs Treppenviertel gestapft, irgendwann kam sogar noch die Sonne raus, und als mir kalt wurde, schnell in das einzige, noch offene Fischrestaurant, Tisch direkt an der Elbe, lecker Fischsuppe, durchatmen, aufatmen, wieder Mensch werden.

 

copyright: Gisele
copyright: Gisele

Ansonsten? Hab ich gerade erst das tolle Foto von Gisele Bündchen beim Still-Styling gesehen. Ich dachte zuerst, wow, wie von einem großen Konzept-Fotografen inszeniert, und dann dachte ich, dass es irgendwie auch so ähnlich ist. Ab einer bestimmten Größenordnung ist selbst das Privateste nicht mehr privat. Es verschieben sich dann nur die Grenzen weiter nach hinten. Anders formuliert: An Menschen des öffentlichen Lebens kommt man im Zweifel nur nah ran, aber sie sind nie eine Privatperson. Müssen sie ja auch nicht.

GMKunststoff

Meine Schwester hat mir ein altes Foto geschickt. Von uns. In unserem Garten. In unserem Elternhaus. Aus der Zeit, als unsere große Schwester schon lange ausgezogen war und unsere Mutter gerade erst, während unser Vater beruflich im Osten weilte. Da wohnten meine kleine Schwester und ich wie zwei Wilde in dem Riesenhaus im westfälischen Hinterland.

Broasis
Broasis

Sie wünscht sich zu Weihnachten das Buch von Guido Maria Kretschmer. Das ist lustig. Erstens kommt der auch aus Münster und zweitens hab ich vor 5 Jahren mit dem auf der Fashion Week gedreht, als den noch kein Schwein kannte. Der Pressetyp bot mir direkt danach noch ein Shooting an, aber meine damalige Chefin meinte, das sei jetzt genug Kretschmer, der sei ja auch nicht soooo bekannt. Tja, hätten wir den mal unter Vertrag genommen. Jetzt ist er allgegenwärtig – auch irgendwie „Kunststoff“.

GMK, damals ...
GMK, damals …

Ich finde, auf dem Foto oben sehe ich fast ein bisschen so aus wie der Designer. Wobei das Lustigste ist, dass der damals auf meine Visitenkarte guckte und als Erstes zu mir sagte: `Mit dem Namen musst Du Bücher schreiben …´

Und da schließt sich der Kreis – nicht vergessen, morgen ist es soweit: http://projektor-hamburg.blogspot.de/2013/11/release-lesung-gerrit-jons-anders.html

Nachtrag: Auch die Mopo weist darauf hin. Gerade erst von meinem Verleger bekommen. Schön.

mopop

Kekse

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Haben es heute – neben all den anderen Dingen wie Rose winterfest machen, Bad putzen, einkaufen – geschafft, mit den Kindern Plätzchen zu backen. Und sie sind richtig lecker geworden. Ein Rezept hat sich meine Freundin gewünscht und rausgesucht: Witwenküsse … keine Ahnung, wie sie darauf kommt. Wobei noch lustiger ist, dass mein ältester Sohn diese Dinger die ganze Zeit Stiefmütterchen genannt hat. Freud hätte seine helle Freude an uns.

Ansonsten? Haben die Jungs noch mal für ihr Geigenvorspiel geübt. Der Kleine spielt Weihnachtslieder, simpel, aber toll. Alles in allem kam ich heute zum ersten Mal richtig in Weihnachtsstimmung.