Ich weiß, ich wollte eigentlich mehr über St. Lucia schreiben, aber wir haben wenig Internet unterwegs, und es passiert andererseits soviel … man kann da auf jeden Fall Hippos sehen, wenn man Glück hat. Und viele Affen, das ist cool. Mehr muss man aber über St. Lucia nicht wissen.
Ansonsten? Sind wir oft auch nur für eine Nacht irgendwo, denken, hier müssten wir länger bleiben, und denken denselben Gedanken am nächsten Abend am nächsten Ort. Man muss aufpassen, dass aus der Reise keine Nächstes-Mal-Reise wird, nach dem Motto, beim nächsten Mal machen wir es soundso. Die Dinge, die man zum ersten Mal betrachtet, so betrachten, als müsste man sie für alle Zeiten im Gedächtnis behalten. Das ist die Kunst, wenn man reist …
Habe mich vor ein paar Tagen morgens vor so einem Kosmetikspiegel rasiert – und fast einen Schock bekommen. Wie alt sieht man in diesen Dingern aus? Da erkennt man ja plötzlich jede Falte, jedes graue Haar. Wie halten Frauen das aus? In Amerika hat es bestimmt schon Versuche gegeben, die Hersteller solcher Spiegel zu verklagen!
Südafrika zeigt sich von seiner besten Seite. Sind hier vor ein paar Tagen sogar abends alleine zu Fuß vom Restaurant nach Hause gegangen, obwohl man das nicht soll. Nix passiert. Überhaupt empfinde ich die Menschen bislang als sehr hilfsbereit und freundlich. Wir sind auch in Swasiland in eine Polizeikontrolle geraten, und, ja, als uns der Officer seine Hand durchs Fenster streckte, dachte ich zunächst, er wolle Geld haben, wollte er aber gar nicht. Er wollte uns tatsächlich nur die Hand geben – und vielleicht checken, ob ich eine Waffe habe ;-)
Ein paar Tage später haben wir – auf der Suche nach einem Kaffee (Oh, Boy) – einen Zwischenstopp in einem kleinen Ort gemacht, der sehr geprägt war von einer riesigen Zuckerrohrfabrik, und als wir eine Einheimische nach einem Supermarkt fragten und sie nicht weiter wusste, weil sie selber fremd war, überholte uns ein junger Mann in so einem getunten Caddy, hielt neben uns und fragte, was los sei. Als wir sagten, wir wären auf der Suche nach einem Supermarkt, fuhr er persönlich vor, bis wir an dem Supermarkt angekommen waren. Es gab da allerdings auch keinen Kaffee.
Danach waren wir in so einer River Lodge, und das war auch interessant. Traumhafte Lage, direkt am Indischen Ozean, aber im Ganzen etwas aus der Zeit gefallen: kein WLAN (was toll ist), der Lack ein bisschen ab, auch bei den überwiegend älteren Gästen. Irgendwie filmisch, ja, im Grunde eine fiktive Location für eine entsprechende Story, irgendwas zwischen Dirty Dancing und Jurassic Park. Für die drei Nächte, die wir dort verbrachten, jedenfalls genau das Richtige. Nach der superanstrengenden Anfahrt (Schlaglöcher, Hunde, Ziegen, Einheimische, die wie die Verrückten fahren), die eher einer vierstündigen Fahrprüfung glich oder einem komplexen Computerspiel, bei dem man jede Sekunde hochkonzentriert sein muss, war ich ziemlich euphorisch, als ich oben auf der Terrasse vor der Bar dieses vergessenen Paradieses saß und dachte: Hier möchte ich nicht wieder weg. Zumindest nicht so schnell.
Was übrigens auch an Bernhard, dem besten Bar- und Hansa-Pils-for-me-Keeper lag. Und als wir später, pünktlich um 19 Uhr, den Dinnerraum betraten und der wunderbare, halbindische Alleinunterhalter gerade Can´t help falling in love von Elvis spielte, unserem absoluten Lieblingsstück von Gunter Gabriels Wohnzimmerkonzerten, da wusste ich, jetzt sind wir angekommen.
Habe in diesen Tagen in der Lodge ein bisschen gearbeitet und endlich auch The Film Club durchgelesen, und das ist ein bisschen lustig, weil ich eben von Dirty Dancing sprach, und es in dem Buch an einer Stelle auch um „guilty pleasures“ geht, also um Filme, die eigentlich Schrott, aber auf gewisse Weise trotzdem gut sind: Der Autor David Gilmour nennt Pretty Woman als Beispiel, und ich erzähle das deswegen, weil ich mir in dem Ferienpark, in dem es ja kein Internet gab, die ganze Zeit in Erinnerung zu rufen versuchte, wie die Ferienanlage hieß, in der Dirty Dancing spielt: Nicht Houseman, so heißt Babys Familie (keine Ahnung, warum ich das noch weiß), aber so ähnlich …
Heute sind wir in dem Surferparadies Jeffreys Bay angekommen (s. Foto ganz oben), haben schon im sagenumwobenen Nina´s gegessen (wirklich empfehlenswert, haben gleich noch eine Pizza für heute Abend mitgenommen), und ich konnte es eben nachlesen: Das Ferienresort in Dirty Dancing gehört den Kellermans! Jetzt geht es mir besser.
Am letzten Abend war die River Lodge übrigens komplett ohne Strom, bestimmt für zwei Stunden, was im Prinzip nicht schlimm gewesen wäre, aber es ging gerade auf den Abend zu und draußen regnete und stürmte es. Küche und Bar wurden zwar über einen Generator betrieben, aber da die Ursache für den Stromausfall zunächst unklar war, und die nächste Stadt eineinhalb Stunden entfernt ist, rechneten wir mit dem Schlimmsten. Ich hatte auch diesbezüglich sogleich wieder den richtigen Film parat: From Dusk Till Dawn. Wir alle kennen den Moment, wenn überraschende Winzigkeiten, merkwürdige Wendungen und klitzekleine Ausdrücke im Gesicht eines eben noch „normalen“ Menschen dazu führen, dass einem plötzlich die Haare zu Berge stehen, die Fantasie mit einem durchgeht und man sich plötzlich fragt, ob die Rentner-Reisegruppe nur „untot“ aussieht, weil sie den Tagesmarsch zum Wasserfall gebucht hat oder weil sie … naja … womöglich zur Nacht hin mutiert. Ein vergleichsweise junges Paar aus Hamburg – super Gelegenheit, die Kühltruhe aufzufüllen. Ich dachte an meinen Sohn, der immer davon spricht, sich später einen PickUp zu kaufen („bestes Auto für eine Zombie-Apokalypse“), weil man von der Ladefläche aus mit dem MG auf die herannahenden Kreaturen schießen kann. Aber wir mit unserem scheißmodernen Nissan? Vielleicht können wir die Zombies mit der Klimaanlage einfrieren? Oder mit dem Eco-Modus beeindrucken? Oder dem seelenlosen Design zu Tode langweilen?
Nein, ich mache nur Spaß, es war ein total netter Abend, Strom war irgendwann wieder da, und meine Freundin und ich haben noch gescrabbelt. Habe zum ersten Mal in meinem Leben das Wort „EBAY“ gelegt und dafür 30 Punkte kassiert. Und mir ist auch unser Mietwagen schon ein bisschen ans Herz gewachsen, weil wir doch schon ein paar kribbelige Situationen unterwegs mit ihm überstanden haben. Auch ohne Ladefläche …