Natur, Bursche!

Heute brauste ein mächtiger Sturm über die Dächer von Hamburg. Gerade die richtige Untermalung für die letzten Pinselstriche an meinem Werk. Bin durch. Und zufrieden (@ Marc – Gute Vor-Arbeit). Und gespannt. Am Ende stand ich da, starrte aus dem Fenster und sah mit an, wie diese Pflanze, die ich Sonntag erst dazu gesetzt habe, gegen den Wind kämpfte. Das hat mich total beeindruckt. Ich fühlte mich ihr – mit einer Mischung aus Bewunderung und Demut – verbunden, so pathetisch das klingt.

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Er nahm einen Kiesel und warf ihn in den Teich. Nicht alle Typen flippten im Alter aus. Ludwig war ganz anders als diese Feierabend-Hippies, die mit ihren Söhnen kifften, um sich wieder jung zu fühlen. Seine Brust war mit Kugeln übersät, doch er stand stumm im Wind wie eine knorrige, alte Eiche.

Narzissen & -zossen

 

Die Narzissen blühen. Dachte bei dem Anblick heute an die ganze Hoeneß-Kacke letzte Woche, und ob die Welt nicht tatsächlich immer eitler und egoistischer wird. Die Frage ist ja: liegt´s an uns oder am System? Ist das System so, weil wir so sind? Oder andersherum? In der taz stand ein Artikel über eine neue Ehrlichkeit in der Kunst. Nennt sich New Sincerity, bin ich aber nicht so ganz hinter gestiegen. Egal, meine Freundin und ich haben heute – zumindest im Rahmen unserer Möglichkeiten – die Natur- bzw. Notbremse gezogen und sind erst zum Pferd und dann zur Blumenfrau gefahren. Trotzdem einiges am Buch geschafft, kein Wunder, hab mir auf dem Reiterhof extra einen Arbeitsplatz eingerichtet (s. o.). Bin immer noch zuversichtlich, dass ich die Korrekturen und Kürzungen morgen Abend beende (oder heißt es: Morgen abend? Zum Glück muss ich nicht lektorieren.).

Heute Morgen im Fernsehen wurde das neue Album von Him beworben. Erinnerte mich in der Tat sogleich an diesen ersten Hit, den die hatten: Join me. Der Sänger war damals schon die vorweg gedachte, erwachsene Version von Bill Kaulitz oder, anders gesagt, die schwiegermuttertaugliche Version von Ozzy. Nur als sie heute dann am Ende des Spots von „Love Metal“ als Genre sprachen, drehte sich mir der Magen um. Also, bekloppter geht´s nicht. Dann lieber keinen Majordeal.

Ansonsten? Ist die 2. Terrasse jetzt auch fertig …

Und? Ach, Du Scheiße. Lese gerade, dass 2003 schon mal eine Platte von Him „Love Metal“ hieß. Hä?

 

Diss-Kurs

In der aktuellen Titanic wird der Spiegel-Artikel über Diekmann satirisch modifiziert, untermalt von einem Original- und Fälschung-Foto. Was soll ich sagen? Ab und an ist man als Einzelkämpfer doch ein bisschen schneller (s. www.anders-blog.de vom 27. März).

 

Ansonsten? Ist es immer wieder schön, wie man sich im Alltag überraschen lassen kann. Vor ein paar Tagen ist mir ein Graffiti vor die Linse geplumpst, das ich durch die Einbindung dieser hässlichen Stromkästen so clever fand, dass ich es unbedingt teilen wollte. Mir fehlte bloß der passende Ansatz. Oder Anlass. Heute ist mir eine Passage in meinem Manuskript untergekommen, die ich letztlich gestrichen habe, aber darum geht es nicht. Es geht darum, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Sich fallen lassen zu können und den Dingen zugleich gedanklich ein Schritt voraus zu sein.

Die Ironie des Schicksals bestand darin, dass man anfangs wie ein Hund von Scheißhaufen zu Scheißhaufen lief, um sein Revier abzustecken, aber sobald man einen bestimmten Weg einschlug, verbaute man sich damit automatisch die Rückkehr zum Ausgangspunkt.

Katers Stimmung

Merke, dass ich den Bayern-Triumph nicht so richtig genießen kann. Das kotzt mich an. Aber zu sehr nerven diese Hoeneß- und Götze-News. Das hat keinen Stil, keine Ahnung, beides erinnert zu sehr daran, was Kritiker den Bayern ohnehin von jeher vorwerfen. Und ich merke, heute nervt es mich auch. Zu gern hätte ich mich mit Jupp Heynckes über dessen späten Frühling gefreut, aber es wurde zuviel verfaultes Laub über der Sonnenblume ausgeschüttet. Interessanterweise kam die einzig coole Reaktion von Jürgen Klopp, der meinte, man dürfe nicht vergessen, dass Dortmund letztes Jahr mit Reus die gleiche Aktion in Gladbach gestartet hat – DAS hat Stil! So spricht ein Typ, der sich darüber im Klaren ist, dass er in der Lage ist, für Ersatz zu sorgen – so wie er nach Sahins Weggang Gündogan weitergebildet hat.

Anyway, hab – eigentlich passend zum Thema – gestern auf dem Weg zum Fußballgucken noch ein Foto von einem traditionsreichen Rahlstedter Sportgeschäft gemacht, das jetzt dicht ist. Ein symptomatisches Bild für unsere kränkelnde, globalisierte Konsumwelt.

Keine Ente!

4:0! In Worten: Vier zu Null. Ja, Abseits, ja, Foul, ja, Hoeneß, ja, Götze! Egal. Man könnte pathetisch werden. Es gab eine Situation um die 60. Minute herum, in der Alaba einen total ekeligen Weg zurücksprintete (Fußballer wissen, was ich meine), also einen Weg, den man nie macht, obwohl man aus der Situation heraus ahnt, dass es böse endet, wenn man ihn nicht macht. Und Alaba macht ihn und entschärft die Situation. In dem Moment wusste ich, dass es eine andere Bayern-Elf ist, die da auf dem Platz steht.

Ansonsten? Sind da draußen Leute mit Humor. Irgendjemand vermeldete heute den nächsten Transfer-Hammer bei Bayern: Hoeneß wechselt für 6 Millionen in die JVA München und bekommt einen 2-Jahres-Vertrag. Oder so ähnlich. Musste ich aber auch lachen. Die BILD fragte, ob Hoeneß spielsüchtig sei, weil er seinen Börsenpager nie aus der Hand lege. Auf dem großen „Beweisfoto“ hielt er m.E. aber ein I-Phone in der Hand. Kann mich aber auch irren. Die taz schrieb gestern, Beckenbauer habe auch vor Jahren mal Geld in der Schweiz geparkt, und der damalige bayrische (Finanz-?)Minister Huber habe angeblich zu ihm gesagt: Du, wenn jemand fragt, komm zu mir. Ich glaube, Hoeneß überlegt im Moment auch noch, was er auf seine Kappe nimmt und was nicht. Ich glaube – aber das ist nur Spekulation – das war gemeint, als er sagte, es liege ihm Einiges auf der Zunge und er müsse jetzt erst mal seine Hausaufgaben mit der Staatsanwaltschaft machen. Besser macht es das nicht. Aber heute Abend vergessen wir das mal. Mit anderen Worten: Uli, nimm statt des Pagers lieber wieder Naturdarm in die Hand …

Und? Kam eben ganz euphorisch vom Fußballgucken nach Hause und sagte: Oh, jetzt hätte ich gerne noch ein Bier. Und meine Super-Freundin lächelte mich an und säuselte: Wieso, hast Du doch … War sie extra einkaufen. Das Leben kann so schön sein.

Schmutzwäsche

Das bisschen Haushalt, ist doch halb so schlimm – mag sein. Aber wenn zur normalen Familienladung noch die komplette Mannschaftsgarnitur dazu kommt, dann heißt es: Waschküche, statt Entmüdungsbecken. Was die Arbeit noch schwerer von der Hand gehen lässt: Wir haben heute 1:3 verloren, gegen den Tabellenführer, wieder nicht schlecht gespielt, aber glücklos. Hab obendrein einen Freistoß ziemlich versemmelt – vor den Augen meines kleinen, in voller Bayernmontur an der Seitenlinie zappelnden Glücksbringers (in der Halbzeit fragte er, ob wir ihn nicht einwechseln könnten).

Auch sonst viel Fußball in der Welt. Alles dreht sich um Hoeneß. Klingt nicht gut. Frage mich natürlich auch, wo die ganze Kohle herkommt. So viele Würstchen kann doch niemand verkaufen. Klar, dass jetzt alle die Zitate rausholen, wo er sich als Moralinstanz aufgeschwungen hat. Nur Christoph Daum ist cool geblieben. Hut ab. Der hätte allen Grund gehabt, aus vollen Rohren zurück zu schießen. Tja, ich hoffe immer noch, das Hoeneß irgendwie nur „Opfer“ war, keine Ahnung, für mich war Hoeneß immer der, der Scholl damals noch am Krankenbett einen neuen Vertrag unter die Nase hielt, obwohl niemand wusste, ob Scholl jemals wieder spielen kann (so habe ich es auf jeden Fall abgespeichert). Wäre schade, wenn auch diese bayrische Weste Flecken bekommen würde.

Rasender Reporter

Endlich ist der Redakteur mal im Bilde!

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Mein Kameramann Reiner hat mich in St. Moritz bei der Arbeit gefilmt, als ich ein paar hundert Meter mit der GoPro in der Hand neben Annemarie Flammersfeld hergerannt bin. Wie man sieht, habe ich mir extra ein kleines Schutzpolster vorne unter das Fleece geschoben, falls ich hinfalle. Ja, sieht alles ein bisschen bekloppt aus. Und meine Freundin hat sich auch noch über mein Outfit lustig gemacht. Hallo? So etwas nennt man Funktionskleidung …

So, morgen ist Familie angesagt und ab Sonntag geht´s ans Buch. Die letzte Phase einläuten. Hab in den letzten Tagen in Bus und Bahn mein erstes noch mal gelesen. Hat mir Auftrieb gegeben. Hatte danach erstens Lust, gleich weiter zu schreiben und zweitens – wie in dem Buch – mal wieder eine Ein-Mann-Wandertour durch Norddeutschland zu machen.

Wen es interessiert – gibt noch einzelne Exemplare der 3. Auflage bei minimaltrashart!

Rebällen 2

Historischer Tag. Habe heute meinen kleinen Glücksbringer zum ersten Probetraining begleitet. Also, das erste Vereinstraining überhaupt. Er war super aufgeregt, und ich erst. Aber alles ging gut. Er war voll bei der Sache, und die Trainer schienen sehr zufrieden. „Wir sehen uns Dienstag …“, lautete die freundliche Verabschiedung, mehr kann man nicht erwarten.

Als er da so begeistert mitspielte (fliegender Torwart), fiel mir plötzlich mein erstes Training ein, in Warstein, zu dem mich auch mein Vater begleitete, ehrlich, ich hatte sofort wieder die Bilder vor Augen, als wäre es gestern gewesen. Ich glaube, wir waren etwas zu spät, und mein Vater fragte, ob es sich noch lohne, die Fußballschuhe anzuziehen … das sind die kleinen Puzzle-Teilchen, die am Ende ein Bild vom großen Ganzen ergeben. Ich hoffe, meine Söhne heben ab und an eines auf.

Rebällen

Dass ich mich auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn in einer Zeitschrift festgelesen habe, ist lange her. Es ist also an der Zeit, wieder einmal Werbung für die „11 Freunde“ zu machen. In der aktuellen Spezial-Ausgabe über die Rebellen schaffen es die Autoren erneut, mich als (fußballtechnisch) interessierten und relativ gebildeten Leser zu überraschen. Netzer darf sich selbst entmythologisieren (ohne dabei lustigerweise an Kontur zu verlieren), das Feature über Cantona ist so mitreißend geschrieben, dass mir dieser Typ, den ich als einen der wenigen tatsächlich nie so auf dem Schirm hatte, total nahe kam, an anderer Stelle erklärt Pat Nevin, der mir auch nicht so bewusst war, wiederum, was ihn – in Bezug auf das Faible für Kunst – von Cantona unterscheidet und schließlich wird endlich Licht auf den dunklen DFB-Fleck Schuster vs. Breitner Anfang der 80er geworfen, und zwar so detailliert und entlarvend, dass einem schlagartig klar wird, wie lange der Profifußball in Deutschland strukturell von einer Kreisklassen- und Thekenmannschaften-Mentalität dominiert wurde … wobei diese kleinen, verhängnisvollen Missverständnisse und Übertragungsfehler gibt´s bestimmt heute auch noch.

 

P.S.: Hab das Cover diesmal selbst gestaltet, weil ich nicht weiß, wie sich das mit den Fotorechten verhält.

 

 

An-Gefeuert

Es drohte die ganze Zeit zu regnen, aber ich hab´s trotzdem gemacht: Feuer! Was gibt es Schöneres, als einen langen Arbeitstag auf der Terrasse ausklingen zu lassen? Freue mich jetzt schon auf die nächsten Wochen. Selbst das Kaninchen hat plötzlich bessere Laune. Merke in diesen Tagen, wie viel Kraft mir die letzte Zeit – bei aller Anstrengung – gegeben hat. Wie viel Aufschwung einem Aufgaben geben können, wenn man sie nacheinander löst.

Das ist keine neue Erkenntnis, aber ich glaube, der Mensch ist zu viel mehr fähig, als er gemeinhin fürchtet. Ja, er fürchtet ja meistens, ich zumindest. Und dann gibt es literarische Momente wie heute, als ich nachmittags meinen großen Glücksbringer beim neuen Judo-Verein vorgestellt und anschließend beim Türken auf einen Döner eingeladen habe, in denen man sich unbesiegbar fühlt. Filmreife Szenerie: Drei Typen sitzen da, trinken Bier, der Imbiss eher rustikal, im TV läuft eine Doku auf 3 SAT über die Serengeti, und mein Sohn thront auf dem Hocker, schlürft seine Mezzo-Mix (das halbverbotene Getränk) und ist der glücklichste Mensch, weil er diesen unmittelbaren Moment mit mir teilt, und weil er weiß, das ich alles, also auch all die Kleinigkeiten, extra für ihn möglich mache. Und ich spüre, dass ich für dieses gemeinsame Gefühl alles aushalte. ALLES! Wer braucht Selbstverwirklichung, wenn sich der Kopf seines vor-pubertären Sohnes aus freien Stücken in seinem Arm verirrt?

Ansonsten? Sehen Beckmann und Scholl aus wie zwei Halbstarke in die „Outsider“, der eine als Rocker in Lederjacke, der andere als College-Nerd. Passt da im Ersten keiner mehr auf?