Vom Hörensagen

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Im Moment geraten die Einträge länger, dafür erscheinen sie unregelmäßig, aber bestimmt. So wie das Glück. Oder der Tod.

Waren die letzten drei Tage in der Nähe von Königswinter, auf einer Trauerfeier für einen uns sehr nahe stehenden, liebenswerten, lebensfrohen Menschen. Ein Mitglied der engsten Familie, das jetzt einfach fehlt. Die Trauer war groß und unmittelbar, stand vielen Gästen ins Gesicht geschrieben, in die Stimme, in die Herzen. Und auch wenn der Anlass unendlich traurig war, war es doch eine „schöne“ Zeremonie, eine, die nicht sofort nach der Kirche zu Ende war, oder nach dem Gang zum Friedhof, sondern eine, die sich Zeit ließ und der die Zeit auch gelassen wurde, die bis in die Nacht hinein und Menschen der Familie zusammenführte, die sich bis dahin lediglich aus den jeweiligen Erzählungen der nun Fehlenden kannten.

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Waren in Unkel untergebracht, einem kleinen Ort direkt am Rhein, in dem Willy Brandt zum Ende (und Konrad Adenauer zeitweise) gelebt hat.

Machte in einer stillen halben Stunde zwischendurch und mit stiller halber Aufmerksamkeit eine Runde durch das Willy Brandt-Haus, einem kleinen, neuen Museum, mitten in der Altstadt. Da steht Willys Schreibtisch in seinem rekonstruierten Arbeitszimmer, mit abgelegter Brille und weg gerücktem Stuhl, als sei der Politiker nur mal eben ausgetreten, ganz ähnlich wie in dem Laxness-Haus auf Island, das wir auch mal besucht haben.

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Was ich gar nicht mehr so auf dem Schirm hatte, war, dass Brandt Anfang der 30er Jahre von Norwegen aus gegen die Nazis agitiert hat, ja, sogar ein Buch geschrieben, mit dem Titel: Warum hat Hitler in Deutschland gesiegt? Und da sind wir wieder im Hier und Jetzt, was einem dann auch noch so im Vorbeigehen ins Gesicht klatscht. Und ich will das Chaos nicht heraufbeschwören, sehe mich jedoch förmlich das Szenario aufschreiben, nun bald, knapp 80 Jahre später, irgendwo im Exil, weil man es nicht mehr ausgehalten hat, in der „Heimat“: Warum haben die Rechten in Deutschland wieder die Macht ergriffen?

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Das Leben ist zyklisch, habe ich mal in Jugendstil geschrieben. Und die Menschen drehen sich im Kreis im Kreis (hoch 2) und zeigen dabei immer ihre beiden Hälften. Das ist das Spannende; dass da jede Burg ihren kleinen Folterkerker hat und die Jahrhunderte alten Gaststätten die Straße herunter zugleich „gepflegten Ausschank“ und kulturellen Austausch garantieren. Daran hat sich im Prinzip nichts geändert. Das Leben ist zyklisch, ebenso die Menschheitsgeschichte(n), Aufstieg und Fall münden schließlich immer in dem einem wunden Punkt, trotzdem muss man es bei den Hörnern packen und ständig küssen, das Leben.

Man sollte das zur Regel machen, Trauerfeiern über mehrere Tage, um alles im gegenseitigen Miteinander zu begreifen. Annähernd.

Auf dem Liederzettel, der in der Kirche verteilt wurde, stand eingangs ein sehr schöner Trauerspruch geschrieben, den ich hier verkürzt wiedergebe, weil damit eigentlich alles gesagt ist. Geht – so zumindest das Ergebnis einer Mini-Recherche – auf ein englisches Gedicht von Henry van Dyke zurück:

Denk Dir ein Bild. Weites Meer.

Ein Segelschiff setzt seine weißen Segel und gleitet hinaus in die offene See.

Du siehst, wie es kleiner und kleiner wird.

Wo Wasser und Himmel sich treffen, verschwindet es.

Da sagt jemand: Nun ist es gegangen.

Ein anderer sagt: Es kommt.

 

Neue Zeit, Alter (mal wieder)

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So, die letzten Tage nochmal auf der Zielgeraden ziemlich viel Kleinkram für die Ikea-Doku erledigen müssen. Dass das am Ende immer so aufwändig werden muss; Texte, Teaser, Fremdrechte, Musiklisten, Wahnsinn. Aber heißt ja auch: „Event-Doku“. Läuft nächsten Mittwoch, also am 02. März, 20:15 auf SAT1. Ist vielleicht keine Doktorarbeit geworden, aber gute Fernsehunterhaltung für die ganze Familie. Mein kleiner Sohn hätte fast die Info-Grafiken gesprochen, aber der Sender hat sich dann doch für einen erwachsenen Sprecher entschieden. Auch handwerklich haben wir das Thema schön umgesetzt, Dreh, Schnitt, alles sehr modern. Komme darauf, weil hier auf meinem Beistelltisch im Büro ein altes Micky-Maus-Heft liegt, das mir meine Schwester geschenkt hat, und da wird auf dem Titel sozusagen als Gimmick ein Gutschein angepriesen – für ein FARBDIA!!!

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Und heute ist jedes Kind bei Instagram. Nochmal: Wahnsinn. Auf der anderen Seite hab ich gestern Abend gedacht, dass diese ganzen Werbespots für C-Date und parship keinen Deut besser sind als diese 0190-Nummer-Clips, die damals immer in der Werbepause der Wa(h)ren Liebe liefen, meiner ersten Redaktion. Oder andersherum, die 0190-Nummer-Clips waren keinen Deut schlechter. Aber damals fand VOX das nicht so prickelnd, dass sie da keine „richtige“ Werbung verkaufen konnten, doch jetzt mit C-Date & Co. ist das Thema Sex plötzlich für die Sender salonfähig geworden. Interessant.

Ihr seht, ich beschäftige mich heute lieber mit soften Themen, weil mir das, was da draußen gerade wieder in Sachsen abgeht, so auf die Eier geht, dass ich kaum Worte dafür finde. Vielleicht morgen.

Kluges Interview

Hope

Die Kunst ist wie ein Pferd, das keinen Sattel trägt, sagt Alexander Kluge im Interview der aktuellen monopol.

Meine Freundin hatte mir vor Wochen einen Lottoschein geschenkt. Prompt 40 Euro gewonnen. Im Kiosk unten im SPIEGEL-Haus eingelöst und den Gewinn gleich reinvestiert. Zehn Euro für eine Zeitschrift sind zwar kein Pappenstiel, doch ich habe keine Sekunde gezögert. Bestimmte Gerüche muss man sofort einatmen, bevor sie wieder verfliegen. Neue Platten von The Notwist, neue Romane von Djian und neue, kluge Gedanken.

Ohne Personenkult zu betreiben; ich schätze, diese Fähigkeit, Dinge zu benennen, mit einem ganz eigenen Vokabular und (epochenübergreifend) Zusammenhänge herzustellen, die für andere unsichtbar sind. In dieser Form wird das künstliche Intelligenz nie können.

Bin in den letzten Tagen selber nicht so recht zum Schreiben gekommen. Kein Beitrag, zuviel Arbeit, die Ikea-Doku muss fertig werden, ich bin es schon – fast, dabei zugleich überraschend distanziert, weil überall Verrückte an die Macht zu kommen drohen.

Hatte letztens wieder so einen Augenblick totaler Klarheit, morgens in der Küche, vor dem Fenster, eine Tasse Kaffee in der Hand, die aufgehende Sonne vor Augen, in dem ich spürte, das wäre genau so ein Moment, in dem die Bekloppten da draußen die letzte große Schlacht anzetteln. Man würde am Horizont eine Wolke erahnen, dazu ein verstörter Medienticker, tödliche Stille, man würde seinen Lebensfilm anspulen, Bandsalat, sich vermutlich nicht an seinen ersten Kuss erinnern, aber an seinen letzten – oh, Gott, wo ist sie? – nach den Kindern rufen, die nicht da sind … unfassbar, aber nicht unmöglich.

Alles schon mal da gewesen.

Die Kunst ist wie ein Pferd, das keinen Sattel trägt. Das heißt, man muss entweder reiten lernen oder über eine außergewöhnliche Körperbeherrschung verfügen, wenn man sich nicht den Hals brechen will.

Oder von Pferden aufgezogen werden.

Meine Billig-Spotify-Version unterbricht die Musik-Übertragung wegen eines wichtigen Ikea-Spots.
Kein Witz.
Ich mache keine Witze.
Ich bin ein Fohlen.
Ich spiel´ Fußball, Tag und Nacht.

Trump im Ärmel, oder: Im Westen nichts Kluges

trump

Bislang dachte ich, hinter den Terroranschlägen der letzten Monaten stecke „nur“ eine fanatische Idee, aber jetzt muss ich zugeben, in Wahrheit verbirgt sich dahinter ein genialer Plan. Natürlich auch perfide und zerstörerisch, aber letztlich leider genial. Und so einfach: Diese Jungs machen uns hier im Westen mit ihren Anschlägen nämlich so kirre, dass die Masse irgendwann total benebelt den Entschluss fasst, sich selbst zu zerstören – und wählen geht.

Die Terroristen zielen auf unsere Schwachstelle: die Dummheit. Ich meine, es ist ja fast paradox. Da stellen wir uns im Westen hin und brüllen: Rettet unsere Demokratie – und dann bringt plötzlich jedes Volk Politiker in Stellung, denen es jedoch ebensowenig um moderne demokratische, menschliche Grundwerte geht. Und folgen ihnen womöglich ins Chaos. Und falls der IS das vorhergesehen hat – Hut ab! Das nenne ich mal einen bösen Geniestreich, einfach antriggern, den Rest besorgen wir schon selbst – auf ganz legalem Wege. Aber im Grunde weiß es ja jedes Kind: Einem Furz braucht man nur die Flamme vorzuhalten, explodieren tut er dann von alleine.