Kunst vs künstliche Intelligenz

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Die Nachricht stand heute bei meedia. Musste sehr an den Tatort vom Sonntag denken, in dem eine Analyse-Software die Kontrolle über ihre Entwickler gewinnt. Klasse Krimi, krass nah an der Realität. Hätte danach fast mein Handy zerschlagen, aber ich muss ja bloggen.

Gestern haben wir in der Eremitage gedreht. War wie immer etwas stressig, aber das, was ich so gesehen habe, war schier unglaublich: die Räume, die Kunstwerke, diese Pracht, Wahnsinn. Aber von Menschen gemacht.

Komme darauf, weil ich letztens mit meinem Sohn „I Robot“ gesehen habe, wo Will Smith zu dem Roboter sagt: „Ihr könnt keine Kunstwerke schaffen.“ Das würde ich unterschreiben. A priori. Denn ohne die Zutat „Mensch“ ist Kunst bloß „künstlich“.

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Win Win

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War heute mit meinem Kameramann ein bisschen spazieren. Haben uns die berühmte Eremitage angeschaut. Da drehen wir morgen. Waren allerdings nicht drin, weil wir da, wo wir morgen sind – im Katzenkeller -, heute eh nicht reingekommen wären. Wahnsinnsgebäude auf jeden Fall. Man sieht es hinten auf dem Foto, wenn man durch den Torbogen schaut. Morgen zeige ich es in voller Größe.

Auf dem Rückweg hab ich einem Straßenkünstler ein Gemälde abgekauft. Das versuche ich immer, wenn ich auf Reisen bin. Statt Souvenir. Diesmal ist es etwas größer, aber ich bin echt hängengeblieben, als ich es gesehen hab.

Der Künstler war sehr nett. Er erzählte, er hätte es erst vor 2 Tagen fertig gestellt. Und dass er vor Jahren mal eine Zeitlang in München auf dem Marienplatz als Porträtmaler gearbeitet habe. Er schien ganz erleichtert. Er meinte, ich sei sein erster Kunde an diesem Tag. Ich hab nicht groß verhandelt, aber dennoch nicht so viel bezahlt. Von der Kohle kann er hier eine Woche seine Einkäufe bestreiten.

Ich hab mich auch gut gefühlt. Nicht weil ich ihm ein Bild abgekauft habe, sondern weil ich über meinen Schatten gesprungen, stehen geblieben und auf ihn zugegangen bin. Ich hasse das eigentlich. Ich gehe auch ungern in Läden und wenn, hoffe ich, dass mich kein Verkäufer anquatscht. Egal, der Typ hat was verdient – und ich liebe das Bild jetzt schon.

Fern sehen

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Haben gestern in einem alten Bunker-Club gedreht, dem „Griboedov“. Der Club besteht seit 20 Jahren und ist von jeher die kreative Keimzelle alternativer Musik in Sankt Petersburg. Gestern Abend hat dort eine Hip-Hop Band aus Moskau gespielt. Ich hab ein kurzes Interview mit dem Frontmann gemacht, und er erzählte ganz schön, wie wichtig es für einen jungen Künstler ist, Räume zu haben, in denen man ein bisschen unter dem Radar fliegt. Das Konzert erinnerte mich an die ersten H-Blockx-Auftritte im Jugendzentrum unseres Dorfes vor 25 Jahren, mit dem kleinen Unterschied, dass wir uns Zeit unseres Lebens nie besonders Gedanken über den Inhalt von Songtexten machen mussten. Der junge Frontmann machte ziemlich deutlich, dass unterirdische Clubs, in denen man ein bisschen unterm Radar fliegen kann, für russische Künstler überlebensnotwendig sind. Bei uns muss man sich schon explizit Erdogan widmen, bevor man Probleme bekommt. Ansonsten ist freie Meinugsäußerung, wie wir sie kennen, Gold wert. Nein, unbezahlbar.

Und? Gucke zum Ausgleich deutsches Fernsehen. Das ist verrückt: Gestern kam der Landarzt – aus der Heimat meiner Eltern (die Schleifähre, die der Arzt fährt, bin ich im Mai noch mit meinem Sohn gefahren) – und heute Michel von Lönneberga, und zwar die Folge, in der Michel Alfred im Schneesturm zum Arzt fährt und ihm so das Leben rettet. Dieser kleine Junge, mit einem Herz aus Gold und ein bisschen Pech mit seinen Streichen (die ja oft eher „Unfälle“ sind), wächst in der Not über sich hinaus, 100 Mal mutiger, willensstärker und tapferer als die „Großen“. Am besten ist der Moment, in dem Michel fast aufgibt und dann der Schneepflug von vorne kommt. Was für eine starke, wunderschöne Kindergeschichte. Werde aber, fernab von Heimat und Familie, gerade auch ein bisschen rammdösig. Ich glaube, ich gehe mal aufs Laufband …

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Unter Tage 1

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Dritter Tag Sankt Petersburg. Fangen heute etwas später an, deswegen habe ich Zeit, ein paar Eindrücke zu schildern. Ich war mit 15 einmal mit dem Schulorchester in Moskau und muss sagen, seitdem hat sich einiges geändert. Wobei auch heute – wenn man den Staatschef im Fernsehen sieht, dann denkt man, dass Russland so ganz anders ist als Westeuropa (und auf dem Land ist es sicher auch noch so). Aber wenn man dann zum ersten Mal in eine Metropole wie Sankt Petersburg kommt, ist der Einfluss des Westens unheimlich groß. Gleich hinterm Flughafen kommen ein OBI-Baumarkt, Mercedes- und Porsche-Häuser, ein Metro-Supermarkt, es könnte auch eine größere deutsche Stadt sein. Im Frühstückssaal des Hotels laufen englische Hits aus den 90ern.
Das Zweite ist, dass ich den europäischen Gedanken wieder besser verstehe. Bin ja in den letzten Jahren ein bisschen herum gekommen, und Sankt Petersburg hat den gleichen Sandstein-Charme wie Bukarest, Riga oder Prag. Es macht schon Sinn, dass man von einem großen Kontinent spricht. Deswegen sind die kulturellen Unterschiede und diplomatischen Verwicklungen umso unverständlicher.
Die Drehs sind super anstrengend, aber natürlich auch wieder super interessant. Donnerstag waren wir im Petershof und haben die Fontänen von unten begutachtet, gestern sind wir 50 Meter unter der Erde durch einen 2 Kilometer langen U-Bahn-Tunnel gerannt, der gerade gebaut wird. Übrigens mit deutschen Maschinen. Ein Höllenlärm, schlechte Luft und die jungen russischen Arbeiter alle ohne Atem- und Gehörschutz. Aber cool und freundlich. Diese Eindrücke sind wirklich reich und besonders, denn das waren definitiv zwei Orte, an die man normalerweise nicht kommt.

Fairteiler

Nicht nur ein schönes Plattencover - hält sich auch ein paar Tage
Nicht nur ein schönes Plattencover – hält sich auch ein paar Tage

Frage: Welche Geschäfte machen zuerst dicht, wenn jetzt alle Menschen Hamsterkäufe machen? Richtig – die Zoohandlungen.

Der neue Zivilschutz lässt mich nicht los. „Der Unterschied zwischen Panik und klarem Verstand ist die Vorbereitung.“ Diesen Satz habe ich heute in der taz gelesen, er stammt von einem so genannten „Prepper“, das sind Leute, die zuhause Notfallrationen horten oder Kurbelradios und anderes Outdoorzeug, falls z.B. mal landesweit über mehrere Tage der Strom ausfällt. Es gibt sogar einen Online-Shop, der sich auf dieses ganze Thema spezialisiert hat, mit Hintergrund-Fakten, dass nur 5 Prozent aller Deutschen einen längeren Notfall überstehen würden usw. Man kann da richtige „Survival-Kits“ kaufen, für sieben Tage, zwei Wochen oder einen Monat …

Nicht falsch verstehen, ich finde das hochinteressant. Ein paar „Experten“ kaufen sich dann allerdings noch Waffen, um sich im Endstadium der Katastrophe selbst verteidigen zu können. Mann gegen Mann. Das geht mir natürlich zu weit. Wobei ich dieses Bild, wenn ich ehrlich bin, im Traum schon mal vor Augen hatte: Wie ich mich – offenbar als Selbstversorger auf dem Land (definitiv eine Zukunftsvision von mir) – mit einem Mal einer Horde heranstürmender Städter gegenüber sehe und entscheiden muss: Verteidigen oder helfen? Töten oder teilen? Bin dann in der entscheidenden Sekunde aufgewacht, aber es war echt krass.

Morgen geht es nach St. Petersburg. Die Stadt wurde im 2. Weltkrieg von den Deutschen eingeschlossen. Hunderttausende sind während dieser Blockade damals verhungert. Oder wurden zu Tieren. Die Hölle auf Erden.

Ich werde mich zu benehmen wissen – und ein paar Eindrücke teilen. Also, Prepper, werft die Waffen in den Müll, nehmt euch einen Hartkeks und kurbelt die Radios an!

Speisekammermusik

Der neue Zivilschutz sieht vor: Wir Bürger sollen jetzt wieder Vorräte anlegen. Und es soll wieder eine allgemeingültige Sirene für den Notfall her. Oder ein Signal. Wahnsinn. Meine Großeltern hatten auch so eine Speisekammer. Auf dem Land war das üblich, aber die Kammer meiner Großeltern war ein Riesenteil, deswegen hieß es auch Lager. Und das war immer voll. Für den Notfall. Wochenlang hätten die sich ernähren können, ohne einkaufen zu gehen.

Und diese alte Sirene ertönt in Schleswig-Holstein auf dem Land immer noch, jeden Samstagmittag, um Punkt 12 Uhr. Letztens hab ich die erst wieder gehört, als wir beim Pferd waren. Kann aber auch sein, dass das die freiwillige Feuerwehr war. Oder ist das dieselbe Sirene?

Ich bin eigentlich sehr froh, dass ich nicht genau weiß, wie diese Sirene für den Ernstfall klingt. Dass sich da kein Sound eingebrannt hat, den man nicht mehr loswird. Ich wünsche mir auch, dass meine Kinder nie auf ein solches Geräusch oder Warnsignal werden achten müssen. Georg Diez hat gestern auf SPON ein Plädoyer für mehr Optimismus gehalten. Das wünsche ich mir auch. Im Moment wird so viel befürchtet, misstraut und sich gesorgt, da geht die Lebensfreude schnell mal flöten.

Ich war heute vor meiner Abreise nach St. Petersburg nochmal mit den Jungs im Hagenbecks-Aquarium. Da waren wir früher oft, aber eben jetzt auch lange nicht mehr, und es war total nett. Ein Spaß für groß und klein (auch wenn die „Kleinen“ gar nicht mehr klein sind). Nicht nur das Ambiente selber, sondern auch dieses gemeinsame Suchspiel, wenn es darum geht, irgendwelche gut getarnten Kröten oder Echsen zu erspähen, von denen die Schilder ja bezeugen, dass sie irgendwo sein müssen. Oder kleine, bunte, frei fliegende Vögel über den Köpfen im Restaurant. Oder die großen Krokodile. Alles in allem ein lebender Beweis dafür, wie wundervoll die Schöpfung ist. In solchen Momenten ist der „Zivilschutz“ echt galaxienweit entfernt.

Oder dieser diplomatische Irrsinn:

auch interessant

Wobei ich die Kategorie „auch interessant“ und die Formulierung „mal wieder“ dann doch ein bisschen flapsig finde.

Zweite Halbzeit

Es wäre schön, wenn sich die Kämpfe in der Welt auf sportliche Wettkämpfe beschränken würden. Die Bilder von dem Jungen aus Aleppo, die gestern und heute überall zu sehen waren, machen mich krank. Vor Wut, Trauer und Verzweiflung. Denn es ist da jeden Tag so, jede Sekunde, seit Jahren, und es betrifft ein ganzes Volk. Und das ist nur ein Land von vielen, in denen die Einwohner nicht in Frieden leben können.

Man kann vom Menschen vermutlich nicht erwarten, dass er irgendwann vom Mittel der Gewalt absieht, das ist schade.

Es gibt aber auch zarte Momente: Gestern Abend lief im Netz Turmspringen der Damen mit einer Teilnehmerin aus Nordkorea. Die nahm schon zum dritten Mal an einer Olympiade teil, aber gestern sprang sie richtig gut, jedoch schien es fast so, als dürfe sie sich gar nicht richtig freuen. Nach dem letzten Sprung winkte sie ganz scheu in die Kamera, als täte sie etwas Verbotenes. Und ihre Trainerin war genauso scheu und kontrolliert und berührte ihren Schützling kurz an der Schulter, zog die Hand dann gleich wieder zurück, aber es war klar, dass sie eine Sekunde lang daran gedacht hatte, sie in den Arm zu nehmen. Und sich dann dagegen entschieden. Das hat mich sehr berührt.

Habe als abendliches Beruhigungsmittel die Olympia-Livestreams für mich entdeckt. Am besten unkommentiert. Bei Leichtathletik hat man dann wirklich beinahe das Gefühl, auf den oberen Rängen im Stadion zu sitzen. Vor zwei Abenden habe ich den kompletten Hochsprung der Zehnkämpfer geguckt – das war die beste Berichterstattung seit Jahren. Ohne Worte. Total entschleunigt. Und man kann selber Dinge erkennen. Es gibt einen Zehnkämpfer aus Grenada, der heißt Kurt Felix – da hatten sich die Schweizer Medien natürlich auch schon draufgestürzt.

Quelle: www.20min.ch
Quelle: www.20min.ch

Ansonsten? War ich heute beim Arzt. Nehme ab jetzt Tabletten gegen meine hohen Cholesterinwerte. Goodbye, Jugend. Willkommen, zweite Halbzeit. Kommentiert. Von mir, versteht sich.

Gegenfragen

Quelle: SPON heute
Quelle: SPON heute

Gegenfrage: Wer hat Hemingway zuvor die Hörner aufgesetzt?

Quelle: taz
Quelle: taz gestern

Gegenfrage: Wer ist bei Pro7 nochmal für die Programmvielfalt zuständig?

Core-Knabe
Kindskopf
Kunstlicht
Ewig nicht
nüchtern
Rolltreppenwitzelange
Einbrüche
In meine Sicherheitslück             

Gegenfrage: Kunst oder Kalkül?

 

 

 

Inkubation

Eine neue Woche. Wollte am Wochenende eigentlich ein paar Texte für die Jubiläumsausgabe des Whatever-Magazins der beiden Hamburger Werberaketen Rocket & Wink schreiben, habe jedoch – bis auf den Entwurf erster Ansätze – nur Mist gemacht: Katzenklo, Wäsche, Staub saugen. Nicht, weil ich das musste, sondern weil ich den anderen Berg konsequent vor mir hergeschoben habe. Es ist zum Verrücktwerden. Manchmal brauche ich zum Schreiben derart die total perfekte Situation, dass ich mich von jeder Kleinigkeit ablenken lasse. Was natürlich auch damit zu tun hat, dass auf dem Bildschirm noch nichts formuliert ist, was mich zurückhält. Also, gewissermaßen vom Ablenken ablenkt. Dazu noch Olympia, Supercup, es ist kompliziert.

Hab am Wochenende auch das Buch durchgelesen, das mir meine Freundin auf dem Campingplatz in Österreich geschenkt hat, „Sibermond und Kupfermünze“ von W. Somerset Maugham. Das war kein Mist.

(aus: W. Somerset Maugham: "Silbermond und Kupfermünze")
(aus: W. Somerset Maugham: „Silbermond und Kupfermünze“)

Das Spannende an älteren Romanen ist ja, dass man nebenbei viel über die Zeit erfährt, in denen sie geschrieben wurden. Über die Kultur, soziale Normen, Rollenbilder. Maugham lässt seinen Protagonisten, den Maler Charles Strickland, z.B. häufig verwundert feststellen, man könne eine Frau schlagen, „bis einem der Arm weh tut“, sie liebe ihn danach nur noch mehr. So ganz abwegig ist das nicht. Josef Wilfling, ehemals bei der Mordkommission München, hat mir das auch mal in einem Interview bestätigt, dass es diese Abhängigkeit bei Frauen gibt. Wo man sich verzweifelt fragt, warum diese Frauen bei ihren Männern bleiben!? Hab ich mich natürlich gleich selber befragt: Bin ich als Partner zu brav? Muss ich ab und an mal richtig ausrasten? Nein, im Ernst, ich verachte Männer, die Frauen schlagen, aber die Grundfrage hat mich dennoch ein bisschen beschäftigt. Und gestern Abend habe ich dann gedacht, dass ich meine Freundin sehr wohl manchmal „verletze“, wenn ich nämlich in dieser Phase bin, wie gerade beschrieben, wo ich eigentlich einen Schatz zu heben habe, aber schon am ersten Spatenstich scheitere und verzweifele. Und die Partnerin dann doppelt „gearscht“ ist, weil du 1. schlechte Laune hast und sie dich 2. auch nicht aus diesem Loch holen oder sonst irgendwie helfen kann. In diesen Momenten bist du der einsamste Mensch der Welt (höre passenderweise gerade dazu „It´s easy to be lonely“ von der letzten Sophia-Platte), und obwohl die Partnerin dir das affektierte Künstlergehabe im Grunde übel nehmen müsste, steigert es am Ende, glaube ich, sogar ihre Zuneigung oder zumindest das Mitgefühl, wie gesagt, es ist kompliziert. Vielleicht irre mich auch, und es nervt sie einfach nur. Hoffen wir das mal nicht.

In „Silbermond und Kupfermünze“ redet Stricklands Sohn Robert übrigens auch ganz anders über den Krieg: „Natürlich ist der Krieg etwas Furchtbares und so weiter; aber er bringt die besten Eigenschaften eines Mannes ans Licht, das lässt sich nicht leugnen.“ Ich halte es da eher mit dem österreichischen Psychiater Reinhard Haller, der in einem Interview für unsere Doku über das Böse gesagt hat: „Der Krieg ist die Mutter alles Bösen.“ Weil es im Krieg eben keine Regeln mehr gibt.

Hab heute auf dem Weg zur Arbeit mal wieder eine der CDs von Alexander Kluges „Chronik der Gefühle“ gehört. „Schlachtbeschreibung“ heißt die, wie sein früher Roman, mit dem Kluge ja damals die Mischform aus Doku und Fiktion erfunden und gleich umgesetzt hat. In diesem Werk geht es viel um Stalingrad und den Wahnsinn dieses Winterfeldzuges. Kluge zitiert da absurde Richtlinien der Obersten Heeresleitung zum Kälteschutz (Zeitungen in die Unterhose bröseln etc.) und Augenzeugenberichte von kannibalischen Auswüchsen angesichts der Hungersnot, und ich dachte beim Hören bloß, JEDER junge Mensch müsste das eigentlich hoch und runter hören, um nicht wieder auf dumme Gedanken zu kommen.

Was mich an Maughams Künstler-Figur, dem Maler Charles Strickland, am meisten beeindruckt, ist nicht nur dieser Wille, absolute Schönheit zu schaffen, und die Hilflosigkeit, wenn es nicht passiert. Nein, was ich viel cooler finde, ist, dass ihm der künstlerische Erfolg zeitlebens nichts bedeutet. Dass er seine Bilder nur verschenkt und nicht verkauft und sogar das Wandgemälde, das er am Ende schafft, und das – auch wohl nach seinen Vorstellungen – endlich das vollendete Werk darstellt (bezeichnend, dass er erst blind werden muss, um die richtigen Farbtöne zu treffen und zu komponieren), direkt nach seinem Tod vernichtet werden soll. Weil es ihm reicht zu erkennen, dass er mit der Annahme, dieser Schatz sei in ihm, richtig lag.

Kunst kann nie Kunst sein, wenn sie nur kalkuliert um ihrer Wirkung willen entsteht. Und genauso muss ich eigentlich an die Sache herangehen. Will ich bloß, dass mein Name in einem stylishen Kunstmagazin zweier Hamburger Werbeikonen steht, oder gibt es da wirklich einen Schatz zu bergen?

68 er leben

Screenshot: Mobile strike - Bin statt für ein Burka- eher für ein temporäres Wargames-Verbot!
Screenshot: Mobile strike – Bin anstatt gegen Burkas eher für ein temporäres Wargames-Verbot!

Heute mehr über die 68er Bewegung gelesen. Dass sich die Kommune 1 in Enzensbergers leerstehenden Wohnung in Berlin gründete, hatte ich schon in „Tumulte“ gelesen, aber bereits wieder vergessen. Muss mir solche netten Randnotizen einfach besser merken.

Dass (Pop-)Musik bzw. die Beatles damals so eine globale Welle geschlagen haben, ist heute unvorstellbar. Oder dass sich 5 Millionen Menschen die Aufklärungsfilme von Oswalt Kolle im Kino angeschaut haben. Heute gibt es dafür Youtube. In Milliarden Varianten. Und die jungen Zuschauer sind immer noch nicht (viel) aufgeklärter. Sie haben nur Bilder im Kopf. Häufig die falschen.

Finde es manchmal ein bisschen schade, dass uns im Grunde gar nichts mehr so richtig überraschen kann. Oder schocken. Es gibt im Prinzip nichts, von dem wir uns nicht in irgendeiner Form ein Bild machen können oder bereits gemacht haben. Das ist eigentlich schrecklich. Ein ätzender Zustand der Bewusstseinssättigung.

Vielleicht ist das unsere Challenge, sich wieder verstärkt mit den eigenen Augen Bilder von etwas zu machen, anstatt immer nur medial vermittelt. Sich mal die Zeit zu nehmen und z.B. einer Schnecke eine Minute lang beim Kriechen zu beobachten, also gewissermaßen ein unantastbares, nicht reproduzierbares Master im Kopf zu erstellen. Oder besser, mit geschlossenen Augen, ja, keine Ahnung, da ist man wieder sehr schnell bei Walter Benjamins Aura-Begriff. Aber das natürliche, als unwiderbringlich empfundene Erlebnis im Hier und Jetzt, das hat schon eine hohe Qualität.

Lebensqualität.