Mit etwas Delay …

… noch ein paar Anmerkungen zum Wochenende. Oder ist der Sonntag Abend nicht eher schon wieder der Anfang? Ist nicht alles immer Anfang und Ende? (Seufz, Gähn …)

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Gestern zum ersten Mal als Autor im Literaturhaus gelesen. Beim Lesefrühstück. Das Lustige war, dass die Gastgeberin, Heidemarie Ott, eingangs sagte, man wolle mit dieser Veranstaltung weg von Krimis und Satire und Lyrik, und ich daraufhin entgegnete, ich hätte nun ein ganz schlechtes Gewissen, weil mein Text sei eigentlich ein bisschen Krimi, Satire und ein paar Gedichte wolle ich auch noch lesen … nein, war ganz entspannt und sehr nett. Der zweite Autor Lars Henken war mit ein paar Leuten vom Writers´ Room da. Auch sehr nett. Ich kann solche wichtigen Kunst-Termine mittlerweile besser genießen, vielleicht auch, weil ich noch meinen Job habe. Auf der anderen Seite hab ich im Job vielleicht auch eine gewisse Lockerheit, weil ich noch meine Kunst habe. Was weiß ich?

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Heute dann zum Ausklang mit meiner Süßen eine Radtour zum Pferd gemacht. Durch Wald und Flur. Und Raps. Auf dem Rückweg in die Schlange an der Waschanlage eingereiht und mit dem Hochdruckreiniger das Fahrrad abgespritzt. Sieht wieder aus wie neu. Es ist, wie es ist: innere Chaos verlangt äußere Ordnung. Hoffentlich wird mir das nicht irgendwann zum Verhängnis.

Hab mich nach dem ganzen Heino-Thema jetzt mal mit der neuen Platte von Jan Delay befasst. Die Wahrheit liegt ja doch immer noch auf dem Platz bzw. auf der Gesangsspur. Dass der Junge konzeptmäßig so Genre-Platten macht, finde ich großartig und absolut beneidenswert. Hab ja selber im Orchester, in BigBands, Jazz-Trios und Rockbands getrommelt. Einen Song finde ich richtig cool: Liebe. Vor allem weil da am Ende so ein getragenes Gitarrensolo kommt. Da steh ich total drauf. Hab das hier abends auf der Terrasse gehört (ja, neue Lichterkette, neue Blumen und den Aztekenofen gesäubert – die Abende sind gerettet), richtig laut mit Bier und Kopfhörer. Dieses Gitarrensolo musste ich ein paar Mal hören und plötzlich hab ich überlegt, woran mich das erinnert, dann gefühlt eine halbe Stunde lang (mit 4 Bier intus) die wildesten Kombinationen gegoogelt, weil mir der Name des Stückes und der Band nicht mehr einfiel, kam dann irgendwann auf crusade und cruiser und twilight und dann hatte ich es. Also, nicht dass es geklaut wäre – aber es schießt einen direkt in dieselbe Umlaufbahn. Reduzierter Halftime-Groove und darüber eine geile getragene Gitarre. Schaut selbst: Gitarrensolo bei Delay am Ende und der Anfang bei Kingdom Come. Sag ich doch. Es ist immer alles Anfang und Ende.

Ach ja, die Stimmen der beiden Sänger ähneln sich übrigens mehr als deren Frisuren.

Schwarz-weiß-Denken

Ein Medienthema: Jan Delay bezeichnet Heino als „Nazi“ und bringt als Argument u.a. dessen Konzerte in Südafrika zur Zeit der Apartheid. Hatte jetzt gerade vor unserem Aufbruch nach Namibia gesehen, dass Heino dort auch kurz zuvor im Windhoeker Sportclub aufgetreten war. Mit dem wiederum hatte ich im Vorfeld zu tun, als es darum ging, eine Drehgenehmigung für den Jugendkarneval zu bekommen.

Mein Eindruck ist der, dass sich die deutsche Community in dem neuen Namibia öffnet. Ja, öffnen muss. Auf der anderen Seite neigt man im Exil und aufgrund der kulturellen Globalisierung natürlich dazu, umso emotionaler an bestimmten folkloristischen Elementen festzuhalten. Aber auch im namibischen Karneval erwächst hier und da eine neue „Narren-Freiheit“.

Kanamib2

Ich glaube, das neue Thema in Namibia ist nicht mehr die Kluft zwischen schwarz und weiß, sondern vor allem zwischen arm und reich. Das alles unter einen Hut zu kriegen, ist eine Riesenherausforderung. Doch dass manch einer in dem jungen Land eben auch laut über eine Bodenreform nachdenkt, darüber kann sich doch niemand ernsthaft wundern. Auch wenn ich die Sorgen der Deutschstämmigen verstehe. Viel beunruhigender finde ich allerdings die Hass-Kommentare auf Delays Facebook-Seite. Wo kommt das bloß her?

Wollte eigentlich gar nichts dazu schreiben, dann sah ich heute dieses Plakat in Wandsbek und dachte gleich wieder an den Karneval. Tja, ich gehe am Wochenende jedenfalls nicht vor die Tür. Das ist mir zu gefährlich. Oder wer beschützt mich als Bürger vor den Bürgerjägern?

Buergerschiessen

Helfer und Freund

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Bin heute bei der Fahrradprüfung meines Sohnes eingesprungen. Leider fing es an zu regnen, und zwar richtig, sodass die Polizistin die Prüfung etwas abkürzte. Aus Gründen der Sicherheit. Fand’s jetzt nicht so schlimm. Durfte nämlich eine total coole Leuchtweste tragen. Ja, da wird aus dem Pseudo-Anarcho ganz schnell wieder ein Pseudo-Polyp.

Ansonsten? Das Kaesler-Interview im Spiegel gelesen. Unterhaltsamer Typ, der seine Eitelkeit nicht so richtig im Griff hat. Erinnerte mich beim Lesen daran, dass derselbe Typ mich vor 20 Jahren mal als Gutachter im Bewerbungsgespräch für ein Promotionsstipendium auflaufen ließ. Na ja, vielleicht war ich auch zu blöd. Fand ich ihn trotzdem auch. Lese gerade, dass er bei der Bundeswehr war – Panzerbrigade. Hmmm …

Und? Niggemeier hat den paid content-Artikel im Spiegel gekontert. Das ist s. E. sein Job. Allerdings hat er damals auch unsere Hafencowboy- Serie diffamiert, als er selbst noch beim Spiegel angestellt war. Fand ich scheiße. Wenn man die Arbeit eines Kollegen nicht mag, behält man das für sich. Zumindest nach außen.

 

Hüher – freute

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Vielleicht sind es nur die Farben, die den Unterschied machen. Besser gesagt: deren konservierte Intensität. Die Gefühlsfarben sind sicher die gleichen. Junge Eltern, Teil der arbeitenden Bevölkerung, irgendwie angekommen und trotzdem weiter auf der Flucht aus der und in die Ungewissheit.

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Hab in alten Fotoalben meiner Mutter geblättert. Osterferien Ende der 70er. Die Schauplätze sind geblieben, im Kern auch die Protagonisten und deren Motivation zu spielen. Durchatmen. Und das Genre. Ölkrise, Kalter Krieg, Bundesliga. Leben eben.

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Einziger Unterschied: Wir haben Ostersamstag noch die Tolkschau dazwischen geschoben. Die heißt immer noch so. Nicht: Talkshow. Der Hipsta-Look ersetzt die fetten Farben, wahlweise auch den verblassten Nostalgie-Look, den ich dieses Mal nicht nachzuahmen brauchte. Weil das Zeit-App immer funktioniert. Was nicht heißt, dass heute nicht auch Karussels von gestern zu bestaunen sind. Vor und zurück und wieder vors vor zurück. Verrückt.

Bein hart

Home-Office
Home-Office

Sichte gerade das Interview mit Naita aus Windhoek, die als kleines Mädchen im Rahmen eines DDR-Swapo-Projektes aus Namibia in die DDR verpflanzt und mit dem Ende der DDR als 14-Jährige einfach wieder zurück nach Namibia geschickt wurde – und dann natürlich riesige Anpassungsschwierigkeiten in ihrer „Heimat“ hatte. Eindrucksvolle Geschichte, die mich zum Spiegel-Titel dieser Woche bringt; Cordt Schnibben schreibt investigativ über seine (Nazi-)Eltern und befragt sich öffentlich im Nachhinein, inwiefern er als Kind infiltriert wurde. Mutig. Ich hab mich das manchmal bei meinem Opa gefragt. Aber nicht hinterfragt. Gab auch keinen konkreten Anlass. Doch es stimmt. Man scheut sich. Der eigene Vater ist auch noch ein anderes Level.

Zwei dramatische, packende Kindheitsgeschichten, auf die ich gerne verzichte, zugunsten einer schönen Kindheit mit Eltern, die den Muff (und womöglich dunklen Geheimnisse) ihrer Eltern auf geradezu bewundernswerte Weise in der schleswig-holsteinischen Provinz gelassen haben, um wirklich offen für Neues zu sein. Vielleicht war das Erwachsenwerden damals noch viel mehr eine Befreiung als heute. Allerdings ist auch manches Alte immer wieder aufs Neue gut. Schlafe mit den Glücksbringern über Ostern nahezu an derselben Stelle im Wohnwagen wie vor über dreißig Jahren, als ich so alt war wie sie heute. Welche Gedanken werden sie in dreißig Jahren beherrschen?

Hab mich gestern massieren lassen, weil meine Beine vom Fußball noch so müde waren. Der Masseur machte allerdings auch einen angeschlagenen Eindruck. Er erzählte, er könne nicht so einfach zuhause bleiben, weil er selbständig sei. Daraufhin kam ich auf diesen massiven Trend in der Medienbranche zu sprechen, nämlich verstärkt mit jungen Freelancern zu arbeiten, anstatt fest anzustellen.

Im Ernst – das mag ja aus betriebswirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar sein, doch am Ende steht eine Gesellschaft mit wenigen sicheren Führungsjobs und einem Heer besorgter, ängstlicher, ausgebrannter Freelancer, von denen sich auch keiner mehr traut, Häuser zu bauen oder Kinder zu kriegen. Die Politik wird das erkennen – wenn es mal wieder zu spät ist. Das ist wie mit der Wohnungskrise: es muss immer erst der Sohn oder die Tochter eines Politikers betroffen sein, bevor sich etwas ändert.

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Ansonsten? Steht bei uns in der Straße seit Wochen ein Auto, von dem niemand weiß, wem es gehört. Jetzt drohen amtliche Aufkleber mit Abschleppen. Meine Freundin wies mich darauf hin. Da fragt man sich schon, was dahinter steckt. Passend dazu gestern morgen in der Zeitung von einer Frau gelesen, die eineinhalb Jahre (!) tot in ihrer Wohnung lag.

Hemma

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Heimat. Nach Plan. Deutschland erkennt man sofort. Von Oben. Seit gestern wieder da. Nach einer Nacht im Flieger ohne Schlaf, aber einer Freundin am Flughafen. Und kein Jetlag, da kaum Zeitunterschied. Ganz entspanntes Wochenende abgefeiert. Gestern noch beim Pferd gewesen, abends früh ins Bett, heute morgen zum Fußball, danach die Gammel-Terrasse bepflanzt und zu guter Letzt meinen Ziehsohn begrüßt. Bin ganz glücklich und zufrieden. Ich glaube, dass man eine Reise erst dann richtig genießen oder zumindest einordnen kann, wenn man weiß, wo man zuhause ist.

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Bin auch zufrieden mit der Reise selbst. Viel erlebt. Mit Manuel und dem Team viel Spaß gehabt – und den Stress im Griff. Das war die eigentliche Aufgabe. Mein Vorsatz für das neue Jahr. Man entwickelt sich ja auch. Aprospos – der Frühling war in meiner Abwesenheit da. Der Apfelbaum blüht. Hab ihm heute Gesellschaft geleistet, die Terrasse gefegt und ein paar Blumen gekauft. Ein Vergissmeinicht in den wilden Topf meiner Mutter vom letzten Jahr gepflanzt, damit die neuen Triebe schon ein bisschen Farbe bekennen können. Country-Living pur für knapp 1 Euro.

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Freue mich über diese Dinge, sie sind wie eine Bastion – in einer Welt, in der der Weltklimarat vergebens rät und rät und die Industrie Gute-Nacht-Sag-Roboter für Kinder entwickelt bzw. für Teilzeit-Väter wie mich.

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Kein Scherz, hab ich im Miles&More-Katalog gefunden. Abgesehen davon, dass das gruseliger als gruselig ist, meine ich mich zu erinnern, dass das Bundesamt mal für Strahlenschutz vor W-LAN in Haushalten mit Kleinkindern gewarnt hat. Was ist eigentlich daraus geworden?

Ansonsten: Hat Bayern 0:3 verloren, aber wir 3:0 gewonnen. Hab sogar trotz Reisestrapazen durchgespielt. Jetzt Blasen an den Füßen. Besser als im Kopf.

Goethes Wärter

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Und Zack – war es das schon wieder. Nach 2 Tagen in der Pampa haben wir heute den letzten Drehtag in Windhoek über die Bühne gebracht. Und es war nochmal sehr bunt.

Haben mit einem ganz cleveren, jungen Herrero gesprochen, der jetzt nach Deutschland geht und weise Dinge über menschliches Zusammenleben gesagt hat. Außerdem noch ein Date mit dem Eminem von Namibia, Ees, reingequetscht. War super, obwohl ich fand, dass der Jan Delay von Namibia passender wäre …

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Am spannendsten waren aber tatsächlich unsere Streifzüge in die Pampa. Safari light – und sehr nachhaltig. Hatte zwar Frösche und anderes Getier im Zimmer, aber das war toll. Schön, dass noch nicht alle Touristen-Unterkünfte zubetoniert sind.

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Swakopmund

Ein Ostseebad tausende Kilometer von Zuhause entfernt. Und direkt am Atlantik. Sind zu Gast bei einem sehr netten Ehepaar, mit dem wir auch gedreht haben. Hatte mein erstes Kundu-Schnitzel. Toll. Alles im Ort schon recht pittoresk, aber irgendwie ein gutes Urlaubsziel für die Familie. Man darf aber nicht in die deutsche Tiefe gehen. Waren heute in einem Antikladen, wo es noch Hitler-Fotos und so gab – weil es hier offenbar einen Markt dafür gibt.

Insofern:

Würde ich öffnen
Würde ich öffnen

 

Das nicht
Das nicht

Nachtrag: Hab letztens noch gelesen, was die Büchse der Pandora eigentlich ist. Hab’s wieder vergessen.

 

 

Wüst

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Heute Swakopmund und zum ersten Mal richtig Afrikafeeling. Sind in die Dünen gelatscht, um in bester Abendstimmung starke Themenbilder zu machen. Zum Glück wurde das Wetter unterwegs immer besser, zum Schluss hatten wir einen ganz tollen Sonne-Wolken-Mix. Bin heute ein bisschen demütig. Meine Süße hat mir geschrieben, dass die Journalistin Anja Niedringhaus in Afghanistan erschossen worden ist. Dann hab ich heute gelesen, dass der lustige, kluge Typ, der mit Broder diese Deutschlandsafari gemacht hat, wegen seines Buches Morddrohungen von radikalen Islamisten erhält. Ich war eben dafür in einem Restaurant, in dem Weiße gegessen und Schwarze serviert haben … Ich versuche, nett und offen zu sein und schäme mich manchmal dafür, dass mein einziges Problem an einem solchen Tag der Stand der Sonne ist.

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