Unter Wegs 0623

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Freitagnachmittag. Nach zehn Tagen on the road bin ich wieder auf dem Rückweg mit dem ICE nach Hamburg. Halten gerade in Münster, da kochen gleich wieder Heimatgefühle hoch. Es waren ohnehin sehr reiche, aber auch fordernde Tage. Körperlich und mental. Mittendrin vier komplizierte Drehtage für den SAT1-Check. Interview in Köln mit der Konsumforscherin Dr. Eva Stüber, einen Tag später in Osnabrück mit dem Preis-Experten Clemens Vest, diese Woche Dienstag in Franken Interview mit dem Baur-CEO Stephan Elsner, gestern in München dasselbe Programm nochmal mit dem Country Manager von Amazon, Rocco Bräuniger. Und zum Abschluss spätabends noch ein funkelnder Biergarten-Besuch in Marbach am Neckar mit meinem alten Studienfreund Jan, der gerade mit seiner Familie aus Amerika gekommen und auf Heimatbesuch ist. Dazwischen, letzten Donnerstag, vom Dreh in Osnabrück direkt nach Münster gefahren, einen wundervoll inspirierenden Nostalgie-mit-Blick-nach-vorne-Abend mit meinem alten Freund DJ Mike Sugar in den schönsten Kneipen Münsters verbracht (Kuhviertel, Nordstern, Mocambo Bar), am nächsten Abend in meiner alten Hometown Wolbeck 30-jähriges Abi-Treffen gefeiert (mit fast 50 ehemaligen MitschülerInnen) und im Anschluss ein Vater-Sohn-Wochende mit meinem alten Herrn verlebt, was auch total nett war. Feuer gemacht. In altem Spielzeug gewühlt. Musste zwar bei der Entrümpelung des Kellers helfen (so einen alten Heizkessel rauszutragen stecke ich auch nicht mehr weg wie ein 20-Jähriger), doch mir ist natürlich mal wieder aufgefallen, dass man im Erwachsenenalter viel zu wenig Zeit mit seinen Eltern verbringt.

DJ Mike Sugar und ich - da geht noch was ...
DJ Mike Sugar und ich – da geht noch was …

Nun bin ich – und vielleicht ist das angesichts des Pensums verständlich – etwas müde. Das Tückische bei meinem Job ist ja auch, dass die Arbeit am Ende einer solchen Drehreise nicht erledigt ist, sondern, streng genommen, erst beginnt. Versteht man den Schnitt als „Montage“ (deswegen heißt es ja eigentlich auch so), ist das Drehen ja im Grunde nur der Gang in den Baumarkt, das Besorgen der Materialien. Dann fängt man an zu „montieren“ und hofft, dass die Teile, die man (über Wochen in ganz Deutschland) besorgt hat, zu den Bauplänen passen, die man ursprünglich mal mit den Kollegen und Kolleginnen gezeichnet hat.

Inside Amazon ...
Kundenzentriertheit …

Ich kann sicher sagen, dass ich, wie immer, nichts auf die leichte Schulter genommen habe. Ich habe versucht, jedes Interview mit den CEOs und den ExpertInnen so optimal wie möglich vorzubereiten, klar und auf Augenhöhe zu kommunizieren, alle möglichen Aspekte, Fragen und Abzweigungen dieses komplexen Themas (Onlinehandel) auf dem Schirm zu haben, links und rechts wach zu bleiben und dennoch das große Ganze dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Und trotzdem ahne ich, dass es wieder Momente im Schnitt geben wird, wo „was fehlt“, ein Ton „kratzt“, eine Frage vergessen wurde oder ein Bild. Wenn ich in 20 Jahren Fernsehjournalismus etwas gelernt habe, dann wohl dies: Die (Handwerks-)Kunst besteht nicht nur darin, ein Thema zu stemmen und aus den vielen Ideen, Gedanken, Bildern und Tönen einen Film bis zur Aufführung zu bringen. Die eigentliche Kunst besteht darin, bei all dem Druck den man hat, gepaart mit dem (leicht pathologischen) Hang zur Perfektion, sich eben nicht über die kleinen Fehler und Unzulänglichkeiten, die normal sind, kaputt zu ärgern, sondern am Ende vor allem die vielen, interessanten Begegnungen mit den Menschen, die man unterwegs getroffen hat (beruflich und privat), in Erinnerung zu behalten. Und so war es diesmal wieder: Die Zusammenarbeit mit den Kamerateams, PressesprecherInnen, die alten WegbegleiterInnen, Freunde, Väter und auch die CEOs riesiger Unternehmen – das ist etwas, was wirklich hängen bleibt: Dass es da draußen sehr viele nette und/oder interessante Menschen gibt, die – wie man selbst – einfach nur versuchen, jedem Tag etwas Gutes abzugewinnen.

Um ehrlich zu sein, hatte ich vor dem Antritt der Reise ein bisschen Sorge, dass diese zehn Tage zu dicht werden könnten. Dass ich irgendwo auf der Strecke bleiben könnte. Aber weil die Tage davor und die Tage davor und die Tage davor auch schon dicht waren, konnte ich an den Plänen nichts mehr ändern, sondern musste mich auf mein Pferd setzen, die Lanze einklemmen und losreiten. Vielleicht hat mich ein Schutzengel begleitet, vielleicht waren die Pläne auch gut durchdacht. Zumindest größtenteils. Vielleicht hatte ich auch einfach Glück. Was soll ich sagen? Ich hab ein paar Treffer abbekommen, aber ich sitze noch im Sattel. In der Hoffnung, dass Rapunzel gleich das Haar herablässt, wenn Stahlross und Reiter beim alten Dorfturm in die Eisen gehen.

Nachtrag am Samstag: Das Sahnehäubchen auf meinem ausgefuchsten Dreh- und Reiseplan-Pudding vernaschen die Prinzessin und ich übrigens heute Abend: Erobique spielt im Stadtpark. Übrigens auch jemand mit Münsteraner Vergangenheit. Zufall? Habe die Karten vor Wochen auf gut Glück gekauft, ohne zu schauen, ob der Termin überhaupt passt. Jetzt kommt der Gig wie eine Belohnung für die ganzen Strapazen daher. Ein bisschen wie Urlaub in Italien … ohne die Eltern.