werden grauer und nasser und das Wetter schlecht wie die Welt an sich. Dennoch gibt es viele Lichtblicke, wenn man die Augen öffnet und das Herz.
Foto: Tara Wolff Photography
Kollege Stuertz und ich haben am Dienstagabend eine weitere Folge unseres – hoffentlich wirklich bald auf Sendung gehenden Podcasts – vorproduziert. „Gästin“ war die wunderbare Dagrun Hintze, deren Gedichte ich mit den Jungs von Minimal Trash Art soeben auf die Welt gebracht habe.
Heute Abend um 19:30 Uhr ist Release-Party im Aalhaus. Wer also in Hamburg weilt, viel von Poesie und etwas auf sich hält, sollte da sein.
Ein Mann stolpert über kluge Sätze und bricht sich einen ab.
Oktober, Oktober, wo nimmst Du das her?
Habe eben das Interview gelesen, das mein Kollege Takis Würger vor ein paar Wochen mit der „Archipel“-Autorin Inger-Maria Mahlke geführt hat, und dabei diesen Satz gefunden:
Als Mahlke vor einem Cortado sitzt, sagt sie, das Seltsame im Leben sei doch, dass es unmöglich sei, »Strg + S« zu drücken, die Kombination, die auf der Computertastatur der Kurzbefehl fürs Speichern ist. Momente lassen sich nicht festhalten, die Liebe nicht, Beziehungen nicht.
Ich denke das häufig, wenn ich im Schnitt sitze und da relativ regelmäßig „Strg + Z“ benutze, weil ich einen Fehler rückgängig machen muss. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass einem diese Kombination im Leben noch mehr helfen würde als „Strg + S“. Andererseits habe ich selber irgendwo mal gesagt, dass man nicht aus Fehlern lernen kann, wenn man keine macht. Hmmm, … aber würde sich Glück immer glücklich anfühlen, wenn man es in dem einen glücklichen Moment als „Glück“ abspeichern würde?
Eben in der taz eine Rezension des neuen Peter Licht-Albums gelesen. Erster Vers auf der Platte:
Erst wenn der letzte Chips gegessen ist, werdet ihr sehen, dass man Chips nicht essen kann.
Herrlich doppeldeutig.
Gestern Abend habe ich meinen jüngsten Sohn wieder nach Hause gefahren. Auf dem Rückweg mache ich dann meistens kurz Halt an einer Tankstelle und sauge das Auto einmal durch. Das ist so ein Ritual geworden am Ende der Woche und zu Beginn einer neuen, ich muss nach diesem „Wegbringen“ auch immer einmal kurz durchatmen und mich zerstreuen. Dabei hilft: Auto saugen. Jedenfalls höre ich dabei immer Radio, im Stadtgebiet vorzugsweise 91,7 xfm und gestern um 19:07 (man achte auf die Ziffern: 9-1-7) spielten die von der Band Haiti das Lied „Monacco“. Nicht weltbewegend, aber es hat mir irgendwie gute Laune gemacht, keine Ahnung. Und dann dachte ich, dass die Welt voll ist mit interessanten Gedanken, und jetzt denke ich, dass viele Künstler, die interessante Gedanken hegen und formulieren, wie z. B. Inger-Maria Mahlke, damit bislang nie das große Geld verdient haben, während andere Leute mit einer Menge Mist eine Menge Kohle machen, und viele, bei denen das eben nicht so ist, sich aber auch nicht davon abbringen lassen. Mutig.
Ich wäre manchmal gerne mutiger. Vielleicht muss ich aber auch nur geduldiger werden.
Nachtrag: Hab gerade versucht, den Song von gestern Abend wiederzufinden. Steht auf der Homepage aber nicht in der Playlist. Und man kann den Song nicht googeln. Wenn man Haiti und Band und Monaco eingibt, findet man alles, nur den Song nicht.
In diesen Tagen ist es mal wieder ein wenig schwierig, Bayern-Fan zu sein. Nicht wegen der sportlichen Situation, sondern wegen der öffentlichen Auftritte der Vereinsführung. Gehen die mir auf die Nerven, ehrlich. Ohne Worte!
Ist mir ohnehin gerade alles wieder viel zu laut überall. Dieser Krach. Überall Gemecker. Gemotze. Geschrei.
Hatte heute das große Glück, erneut rüber in die Deichstraße gehen zu müssen, am Wasser entlang, durch die frühherbstliche Sonne. Da sind mir auf dem Weg zwei Aufkleber ins Auge gefallen, danach ging es mir gleich besser.
Ja, man muss in diesen Zeiten leise Töne anstimmen. Öfter mal zuhören, statt mit um die Wette zu brüllen. Einfach mal die Klappe halten. Oder, wenn man sie aufmacht, Liebe predigen. Und seinen Kindern vorleben.
Aua! Hab gestern Abend beim Training von meinem Kapitän im Zweikampf einen schönen Pferdekuss kassiert. War sicher keine Absicht, aber schon ein bisschen lustig, weil ausgerechnet er und ich in den letzten Spielen ein paar Mal aneinandergerasselt sind.
Er ist jemand, der auf dem Platz die Kollegen coacht, aber leider auch schnell kritisiert, wenn man mal etwas Riskantes versucht. Und da ich jemand bin, der gerne etwas versucht (und mit solchen Aktionen häufig auch schon zählbaren Erfolg erzielt hat), werde ich von ihm häufig kritisiert, was mich mitunter auf die Palme bringt.
Ich hab ihn nach dem letzten Spiel mal zur Seite genommen und versucht, ihm meine Spielweise zu erklären, hatte aber das Gefühl, er versteht meinen Punkt gar nicht.
Nun lese ich gerade mit Hochgenuss das aktuelle 11 Freunde Sonderheft über „Die Zehn“ – Magier und Denker des Spiels und bin dabei über eine Antwort der rumänischen Legende Gheorghe Hagi gestolpert:
Quelle: 11 Freunde Sonderheft, Die Zehn, S. 25, Lesetipp!
Und plötzlich war mir alles klar. Das Problem ist: Ich bin bei uns im Team zwar formal ein Sechser und mag die Rolle auch, aber mental – und was den eigenen Anspruch angeht – ein Zehner. Also, nicht falsch verstehen, das Zitat ist natürlich sehr hochgegriffen. Ich bin nicht Hagi, und mein Spiel ist nicht spielentscheidend, aber was das Spielgefühl betrifft, hat es Hagi genau so formuliert, wie ich es meinem Käpt´n (den ich übrigens menschlich sehr schätze, er hat mir das Buch The Film Club geliehen, s. www.anders-blog.de/?p=6003) deutlich machen wollte: Dass ich weiß, was ich tue, und nicht möchte, dass mir jemand in mein Spiel reinredet. Was nicht heißt, dass ich nicht kritikfähig bin, oder mich nicht selbst am meisten über einen missglückten Pass ärgere. Aber wenn man auf dem letzten Ende versucht, meine Spielweise zu ändern, bleibt die Spielfreude auf der Strecke.
Klar, das Problem ist, wenn man sich als „Zehner“ versteht, muss man das natürlich auch beweisen. In jedem Spiel aufs Neue. Und wenn man nicht fit ist und seinen eigenen Ansprüchen hinterherhinkt, kann man diese Ansprüche auch schlecht stellen. Aber ab und an blitzt es eben auf, ja, vielleicht nicht oft genug. Oder nicht verlässlich genug. Aber gestern Abend im Trainingsspiel war es wieder so weit. Zwei lange Pässe, die nicht ankamen, aber kurz darauf ein für alle überraschender Torschuss fast von der Eckfahne – Tor!
Verrückt.
Verrückt auch, dass mich das so beschäftigt.
Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Toll. Alle haben zum Himmel geschaut und Fotos vom Regenbogen gemacht. Seltsam, offenbar wissen alle, was schön ist, warum sind wir dann oft so gemein zueinander?
Checkliste sagt: fast fertig.
Bin heute vielleicht den letzten Tag im Schnitt. Werde den filmreifen Ausblick aus dem Fenster genießen …
Apropos „filmreif“ – lese gerade The Film Club von David Gilmour (nein, nicht der Gitarrist). Das Buch hat mir ein Kollege aus meiner Fußballmannschaft empfohlen, nachdem ich ihm erzählt habe, dass ich meinem Sohn zum 16. Geburtstag fünf Filme, ab 16,geschenkt habe, unter der Voraussetzung, dass er sie mit mir gemeinsam schauen muss.
Pausenlektüre
In Film Club geht es genau darum, nur anders, also weitreichender. Ein Vater nimmt seinen Sohn auf dessen Wunsch hin von der Schule und sagt: Du kannst bei mir essen und wohnen, ohne etwas dafür zu tun. Einzige Bedingung: Du guckst gemeinsam mit mir drei Filme pro Woche. Klar, dieses Filme schauen und darüber reden, wird dann zur Ersatz-Bildung. Gefällt mir gut. Abgesehen davon, dass es immer lustig ist, über Väter und Söhne und deren Erziehungskämpfe zu LESEN, während man gerade in real life ganz ähnliche Themen beackern muss, fällt mir zudem auf, wie viele großartige Filme ich noch nicht kenne. Muss mir Duell bestellen, das Regiedebüt von Steven Spielberg, am besten die Edition mit dem Making Of. Das kann manchmal Horizonte erweitern. Ich hatte das mal vor Jahren mit einer Musik-Doku über The Notwist, bzw. über die Entstehung ihres Albums Neon Golden. Ein Film, den ich, nebenbei bemerkt, gerne selbst gemacht hätte. So, wie Harald Schmidt angeblich gerne Soloalbum geschrieben hätte.
Steven Spielberg, der den Film als 21-Jähriger gemacht hat, soll (so steht es in Film Club) mal gesagt haben, dass er diesen Film alle 2-3 Jahre guckt, um nochmal zu verstehen, wie er ihn damals gemacht hat. Das klingt erstmal doof, ich kenne das aber auch. Ich gucke mir ab und an die Joe Bausch-Reportage an, die ich mal für SAT 1 gemacht habe, weil das ein schwieriger Dreh (im Knast) war und der erste Film, den ich fast komplett selbst geschnitten habe. Das heißt nicht, dass man sich auf der Vergangenheit ausruhen soll, im Gegenteil. Deswegen mein Tipp an dieser Stelle: Wer sich in einer Phase befindet, in der ihn (oder sie) gerade kein Projekt so richtig begeistert, der möge sich doch einmal wieder ältere Projekte vor Augen führen, auf die er bis heute stolz ist. Wo er/sie glaubt, Grenzen übertreten und sein/ihr Potenzial voll ausgeschöpft zu haben (Aristoteles). Das kann ein Foto sein, für das man auf einen Berg geklettert ist oder unter eine Ruine, oder für das man lange auf den perfekten Augenblick gewartet hat. Das kann sogar eine gelungene Beziehung sein oder nur ein kurzer zwischenmenschlicher „Blitz“. Alexander Kluge hat mir während der Arbeit an einer gemeinsamen DVD über „das Böse“ mal am Telefon gesagt, dass er mich „im Guten“ auf dem Zettel hätte. Also, sinngemäß, ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr. Wir hatten leider auch noch nie ein persönliches Treffen, aber diese Worte, die ungefragt kamen, von jemandem, der Projekte mit Helge Schneider und Ferdinand von Schirach forciert, die kann man sich in kalten Zeiten schon mal zu Herzen nehmen.
Ich denke das sogar manchmal, wenn ich vor dem Hochbett meiner (mittlerweile eigentlich zu groß gewordenen) Söhne stehe, das ich damals mit einem wunderbaren Freund zusammen selbst entworfen und gebaut habe; dass das mit das Sinnvollste, Wichtigste und Beste ist, was ich je erschaffen habe … aber über die Bedeutung des Handwerkens gehe ich demnächst an anderer Stelle ein ;-)
Die Themen Glück, Sinn und Stress (s. die letzten Blog-Einträge) sind natürlich von jeher Themen, die die Menschen beschäftigen. Ich möchte mich in diesem Blog auch nicht als neuer Guru oder „Super-Mann“ aufschwingen, der alles im Griff hat, aber ich denke, jetzt, da zwei meiner Söhne kurz davor sind, den Schritt in die Volljährigkeit zu gehen, werde ich ab und an mal Gedanken teilen, die sich darum drehen, wie man das Leben im Guten und in seinem Sinne erleben kann.
Der SPIEGEL hat auch gerade ein Sonderheft zum Stressvermeidung gemacht, ganz interessant, aber die meisten Ratschläge sind ja auch kein Hexenwerk oder etwas völlig Neuartiges. Trotzdem ist es manchmal gut, externen Input zuzulassen. Hatte selber vor ein paar Jahren mal ein paar Sitzungen bei einem Coach, die mein Handeln sehr beeinflusst haben.
Heute was Einfaches: Gartenarbeit wird immer heraufbeschworen, als Super-Tool, um zu entspannen und Stress abzubauen. Kann ich nur bestätigen. Aber was, wenn ich keinen Garten habe? Kein Problem. Heute habe ich z.B. große Freude daraus gezogen, einen alten Schnittblumenstrauß, der für die Wohnung nicht mehr taugt, ein weiteres Mal auszudünnen, zu beschneiden und draußen in einer Outdoor-Vase einen neuen Platz zu geben. Schön, oder?
Gleich daneben: eine dieser kleinen Miniatur-Landschaften, die ich manchmal gestalte. Mit Mini-Blumen, hier noch mit einem Ableger einer Tanne, kleinen Figürchen, Steinen, die wir im Urlaub gesammelt haben.
Will sagen: Man benötigt für kreative Garten-Arbeit keinen Garten, im Gegenteil. Man hat auf natürliche Weise Spaß, ohne lästiges Rasenmähen. Auch nicht zu verachten. Das Glas ist oft halbvoll. Es sei denn, man hat es ausgetrunken.
Gestern beim ZDF gewesen, zur Abnahme des „Geheimen Paris“. Alles gut gelaufen. Der Film kam sehr gut an, bis auf ein paar Kleinigkeiten, die es immer gibt. Aber die Arbeit hat sich sehr gelohnt. Es war insgesamt ein sehr netter, konstruktiver Termin in Mainz, mit zwei kompetenten ZDF-Kollegen. Wir waren um 13h durch, danach bekam ich von dem betreuenden Redakteur sogar noch eine kleine Führung: Fernsehgarten, das Studio, in dem das Sportstudio aufgezeichnet wird, die Greenbox, wo Besucher Nachrichtensprecher spielen können, Kantine, der Mainzelmännchen-Shop, ich kam mir am Ende – als der Druck abgefallen war – vor wie einer der schwäbischen Touristen, die neben mir im Shop an der Kasse standen.
Warum ich das erzähle? Weil ich gestern etwas gelernt habe … Mein Nebenmann im Flieger hatte die WELT dabei und kurz vor der Landung in Frankfurt fragte ich ihn, ob ich einen Blick in seine Zeitung werfen dürfe. Klar, kein Problem. (Nebenbei: dieser Mikrokosmos oder „Geheimclub“ von Business-Männern in meinem Alter, die alle nahezu uniform gekleidet (schlichte Hose, weißes Hemd, Unterschied nicht im Style, nur in der Qualität) frühmorgens nach Frankfurt, München oder Köln und abends wieder zurückfliegen … manchmal in denselben Fliegern, sich unmerklich zunickend, später am Abend mitunter bereits etwas derangiert, weil man nach dem erfolgreichen (oder erfolglosen) Geschäftstermin in der Fremde nichts Besseres zu tun hatte, als sich ab 16 Uhr mit Weißbier zu betäuben, den müsste man mal darstellen … egal, ich schweife ab). Jedenfalls war in der WELT ein kurzes Interview mit einem Glücksforscher abgedruckt, der seine persönliche „Glücksformel“ an drei Aspekten festmacht, wobei mir insbesondere der dritte sehr einleuchtet: Eudaimonie – Aristoteles hat diesen Begriff geprägt. Es geht, verkürzt gesagt, darum, aus seinem tugendhaften Handeln das Optimum herauszuholen, also, sein Potenzial als wirkender Mensch, im Hier und Jetzt, voll auszuschöpfen. Und nach der erfolgreichen Abnahme dieses Filmes, der mich zwischendurch nicht immer zu 100% gepackt, bzw. eher oft daran erinnert hat, dass ich viel lieber etwas Anderes machen würde (z.B. in Frankfurt auf der Buchmesse zu stehen und endlich als großartiger Schriftsteller entdeckt zu werden), und in den ich aber gerade in den letzten zwei Wochen soviel kreative Power gesteckt habe, bis ich am Ende selber das Gefühl hatte, wirklich für meinen Teil das Optimum aus dem Thema herausgeholt zu haben; und dass mich am Ende der Abnahme, die mir eben dies bestätigte, und ich draußen auf dem Parkplatz in der Sonne stand, ein wohliges Glücksgefühl durchströmte. Ich kann nur jedem raten, sich auf die Dinge zu besinnen, die ihm gelingen. Oder mal gelungen sind. Es geht manchmal eben auch darum, Projekte im richtigen Moment (und rechtzeitig) wirklich anzunehmen. Selbst, wenn es kein Roman des Jahrhunderts ist, sondern „nur“ ein kleiner Film fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen.
Apropos öffentlich-rechtliches Fernsehen – Herr, bitte mach´, dass es immer ARTE geben wird. Ich meine das ernst, wer weiß, wer hier bald an der Macht ist … Jedenfalls gucke ich ARTE zwar nicht immer, bzw. ich gucke auch DMAX oder Sky, aber wenn ich nur ARTE hätte, wäre es kein großes Problem. Gestern Abend kam eine (inhaltlich und formal) atemberaubende Doku über Alice Cooper. Wie die Band nach einer „Andersartigkeit“ gesucht hat (heute würde man sagen: USP), schließlich diese Kunstfigur „Alice Cooper“ entstand und der Sänger irgendwann dachte, ER wäre wirklich „Alice Cooper“. Riesenerfolg, Trennung der Band, erst Alkoholsucht, Entzug, später Kokain und Co. Und aus dieser harten Drogenzeit zeigten sie so krasses Archivmaterial, dass ich fast auf der Couch entsetzt aufgeschrien hätte, im Ernst. Unfassbar … eigentlich müsste man das seinen Kindern zeigen. Bessere Prävention gibt es nicht, ich schwöre.
Noch ein Wort zum Thema Alkohol. So gesehen, schlage ich mich ganz wacker. Ja, vielleicht muss ich den kreativen Wahnsinn, der mich oft beschleicht, die Ideen und Geschichten, die alle herauswollen, in Kombination mit den alltäglichen Sorgen, die uns alle plagen, an manchen Abenden mit einem oder zwei Bier etwas in den Griff kriegen. Aber wenn ich mich selbst als Künstler ernst nehme und verstehe, bzw. verstehen will, mit allen Ups und Downs, die solche Menschen oft auszeichnen, muss ich sagen, dass ich mich im Großen und Ganzen gut unter Kontrolle habe. Dass ich gut funktioniere, als Partner, Vater, Sohn, Bruder, Freund, Arbeitnehmer und Bürger. Ja, als Mensch. Ehrlich gesagt, so gut, dass ich manchmal vor Rührung heulen könnte. Wobei das sicher auch daran liegt, dass ich Menschen um mich herum habe, denen ich etwas bedeute, und für die es sich lohnt zu funktionieren.
Bin gerade auf der Zielgeraden für mein ZDF-History Stück über das Geheime Paris. Sehr kleinteilig, sehr viel zu bedenken, die Materialauswahl und -dokumentaion, das sind zahllose Entscheidungen, die man da treffen muss, in der Hoffnung, allen Fragen und Anmerkungen, die in der Abnahme in Mainz auftreten können, schon zuvorzukommen.
Dementsprechend kühlen Kopf bewahren!
Ich kann in diesen arbeitsreichen Tagen leider immer schlecht abschalten, hab auch das Gefühl, ich kann mir die Zeit nicht nehmen, um zwischendurch mal zu bloggen. Und abends bin ich immer viel zu erschöpft.
Was gut ist: Schneide mal wieder extern, in der Deichstraße bei Flemming Postproduktion. Abgesehen davon, dass es da sehr nett und ruhig ist, genieße ich den Fußweg von der SPIEGEL-Tiefgarage morgens dorthin und abends wieder zurück. Bei dem Wetter zur Zeit hat das fast etwas von einem Sonntagsspaziergang.
Hin… und zurück
Jetzt arbeitet mein Cutter gerade an der Animation einiger sehr künstlerischer Illustrationen, die Michael Meissner extra für den Film angefertigt hat – bin ganz begeistert. Zeit für mich, mal kurz durchzuatmen.
Denn es gibt ja viel zu berichten: Der Gedichtband „Einvernehmlicher Sex“ von Dagrun Hintze ist fertig, den Minimal Trash Art in diesen Tagen herausbringt. War ja diesmal ein Teil des Verlagsteams, unheimlich spannend, mal auf der anderen Seite zu stehen. Der Titel war mein Vorschlag, die Reihenfolge der Texte auch – und ich habe ein kleines Video erstellt, das Dagrun und ihre Texte dem interessierten Leser ein bisschen näher bringen soll. Viel Spaß beim Gucken.
Und, wie immer, wenn es beruflich zur Sache geht, gehen die Gedanken mit einem durch: Wie lange macht man das noch? Ist der Stress gesund? Nimmt das ein paar Mal im Jahr in Kauf, weil der Job toll ist? Doch nochmal ein Drehbuch schreiben? Aber woher die Zeit nehmen? Und dann werden die Kinder noch so schnell groß … es hilft dann immer, ein bisschen zu reden. Mit anderen Menschen, zum Beispiel, weil man dann merkt, dass andere Menschen ähnliche Gedanken wälzen. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, dieses Jahr etwas entspannter, mit weniger Terminstress zu begehen, muss allerdings feststellen, dass 2018 nochmal Fahrt aufgenommen hat.
Das werde ich im neuen Jahr von Neuem versuchen, besser zu machen. Stress eher positiv zu verspüren und in Energie umzusetzen. Mehr Achtsamkeit zu üben, und Dinge, die eigentlich Spaß machen sollen (Fußball, Familie, Kunst) auch mit Freude zu erleben.
Meine große Schwester ist mit ihren Kindern in Süddeutschland und hat ein Foto meiner Nichte geschickt, das eigentlich alles aussagt. Hab es in Stein gemeißelt, um es nicht zu vergessen:
Gerade wieder drei Tage für das geheime Paris unterwegs gewesen. Glück gehabt mit dem Wetter, gestern strahlender Sonnenschein, heute am Abreisetag grau und verregnet. Das muss man schon mal zu schätzen wissen. Ansonsten habe ich eigentlich eine ganz gute Balance gefunden zwischen Drehstress und „den-Moment-erkennen“. Haben auch diesmal wieder interessante Sachen erlebt. Waren zum Beispiel im Keller des Luxushotels Les Bains, wo in den Achtzigern wilde Partys gefeiert wurden. Jeder Promi, der in der Stadt war, wollte dort hin.
copyright: ZDF/Paul Pflüger
Unser Interviewpartner war der damalige Haus- und Hoffotograf: Foc Kan, ein interessanter Mann, der wirklich aus dem Nähkästchen geplaudert und damals schon von Leuten wie Mick Jagger oder David Bowie auf Augenhöhe Schnappschüsse angefertigt hat, die bis heute grandios sind. Es muss eine wilde Zeit gewesen sein damals, von der wir im Film hoffentlich ein bisschen erzählen können.
Waren gestern auch noch mal auf dem Eiffelturm, um das geheime Apartment des Erbauers in der Turmspitze abzufilmen, zumindest von außen. Bis heute darf da keiner hinein. Nicht mal französisches Fernsehen. Die Pressefrau hat für uns am Ende leider doch keine Ausnahme gemacht, uns aber als Bonus ermöglicht, über Treppen für die Turmarbeiter etwas abseits der Touristenpfade in die Turmspitze zu filmen, und das war wirklich ein Erlebnis. Da wusste man bei jedem Schritt auf den schmalen Gittertreppen in 200 m Höhe, dass darüber vor einem noch nicht sehr viele Menschen gegangen sind. Dafür liebe ich meinen Job, abgesehen davon, dass da natürlich auch gute Bilder von dieser gigantischen Konstruktion entstanden sind.
Auch in schwindelerregender Höhe mit ruhiger Hand: Paul Pflüger
Mir war bis vor kurzem nicht klar, dass dieser Turm laut des damaligen Vertrages eigentlich nach ein paar Jahren wieder hätte abgerissen werden sollen. Wenn man in dieser riesigen Stahlkonstruktion drinsteht, ist das umso unvorstellbarer. Zum Glück sind die Abrisspläne wieder eingestampft worden. Aktuell ziehen die gerade eine kugelsichere Glaswand um den Turm, als Schutz vor terroristischen Anschlägen. Aber, im Ernst, wie will man so einen Koloss aus dem Visier nehmen? Der Gedanke ging mir schon durch den Kopf, als ich da oben im Gestänge rumgelaufen bin.
Lustig. Die Auto-Korrektur macht aus Enzensberger „Entenschnabel“ – ist das künstliche Intelligenz?
Tja, wie immer, … wenn man ein paar Tage nicht geschrieben hat, wird der Berg des Ungesagten, aber Mitgedachten so groß, dass man kaum dagegen angehen kann. Wie ein Berg Schmutzwäsche, der einem über den Kopf wächst.
Ich meine, die Lage ist ja auch nicht gerade entspannt. Im Gegenteil, die neuen Rechten haben sich zusammengeschlossen, sind aufmarschiert. Und der Rest steht da und kann es nicht glauben. Dabei ist es gar nicht so unglaublich. So sind Menschen. Zumindest die meisten. Neidisch, auf ihren Vorteil bedacht, unreflektiert, unempathisch, unfähig zur Abstraktion. Und man kann es ihnen – zumindest im Osten – nur teilweise vorwerfen. Nazi-Zeit nicht aufgearbeitet, von einer Diktatur in die andere, immer bevormundet, DDR auch nicht aufgearbeitet, sondern vom arroganten Westen wie eine Krankheit vom Tisch gefegt.
Alles nicht so leicht.
Habe zur Zeit neben dem Job zwei schöne Projekte: Zum Einen den Literatur-Podcast mit Sebastian von den Alphabeten (haben gestern Abend noch eine Folge fertig gemacht), zum Anderen bereiten wir gerade mit minimaltrashart die Veröffentlichung des Gedichtbandes von Dagrun Hintze vor. War am Wochenende bei Dagrun und ihrem Mann auf dem Land (Richtung Osten) und habe ein paar Aufnahmen für einen Buchtrailer gemacht. Tolle Menschen und Arbeit, die sich nicht nach Arbeit anfühlte, aber auf dem Weg dorthin durch die Dörfer habe ich echt leichte Depressionen bekommen. Überall Gaststätten, die „Deutsches Haus“ oder so heißen, Opel-Kombis, mit Babynamen auf der Heckscheibe – in altdeutscher Schrift.
Das Problem ist aktuell gut formuliert: Wer ist mehr? Ich bin mir nicht sicher. Meine Projekte werden daran nichts ändern.
Ansonsten? Trauer, weil es die taz vielleicht bald nicht mehr in ausgedruckter Form gibt, und Wut, weil die BILD erst hetzt und jetzt scheinheilig fragt, was aus unserem Land geworden ist. Eine Frechheit. Ein Verbrechen. Meines Erachtens machen Verbote und Tabuisierungen schon Sinn. Am Ende ist die Demokratie nämlich so gut, dass sie sich selbst zum Opfer fällt.