Ma Car

Wer Gutes tut, dem widerfährt Gutes, heißt es ja landläufig, und tatsächlich ertappe ich mich auch ab und an dabei, wie ich mich diesem Vorstufen-Karma-Modell unterwerfe (und meiner Freundin damit richtig auf den Keks gehe). Wie ich sofort mein eigenes Handeln analysiere, wenn irgendwas passiert. Vor allem, wenn es etwas Schlimmes ist. Dann geht´s los: Oh, Gott, was habe ich verbrochen? Einen fiesen Witz gemacht? Meinen Sohn ungerecht behandelt? Der alten Frau heute im Supermarkt die Tür vor der Nase zugeschlagen? Ja, da kann ich mich richtig reinsteigern.

Glück?   Glück

Aber jetzt hat sich das Ganze mal im guten Licht gespiegelt. Ich habe nämlich unserer Firma einen Sprecher vermittelt. Das ist ein guter Freund von mir, der sich sehr über den Kontakt gefreut hat. Und meine Kollegin freut sich, dass mein Freund das so gut macht. Und ich freue mich, weil sich alle freuen.

Und heute Morgen dann bekam ich die Quittung dafür – also, gewissermaßen die Rückerstattung. Ich hatte nämlich verpennt, wie ich war, am Bahnhof meinen Schlüssel am Fahrrad hängen lassen. Das ist mir aber erst im Büro aufgefallen. Ich meine, an dem Bund sind ALLE Schlüssel, inklusive eines Adressanhängers. Der Dieb hätte also zum Schlüssel gleich die passende Tür und das passende Auto gehabt, Wahnsinn. Ich also in nackter Panik meine Freundin angerufen, die schnell zum Bahnhof geheizt – und da hing er noch …

Barelin

Tor

War gestern für Interviews in der Hauptstadt, in unserem Studio am Brandenburger Tor. Hatte zwischendurch 2 Stunden Zeit und bin mit der U-Bahn zum Reichstag gefahren, zum ersten Mal eigentlich. War auch ganz beeindruckend, weil sich der Himmel plötzlich verdunkelte und gleichzeitig, fast wie die Vorboten des Untergangs, ein paar Krähen vor mir auf der Wiese landeten. Schlechtes Omen? Und wenn ja, für wen?

Reichsnacht

Bin morgens in Hamburg kurz in die Bahnhofsbücherei gegangen und hab mich dort ein bisschen umgeschaut. Wahnsinn, wieviele Bücher es gibt. War das früher auch so? Allein der Sachbuchmarkt, da blickt ja kein Mensch mehr durch. Und wieder tausend neue Romane. Woche für Woche. Da fällt der Glaube schwer, dass da irgendjemand ausgerechnet auf meinen warten könnte …

A(h), sozialer Wohnungsbau

Lebenswert. Manchmal muss man Worte nur deutlich aussprechen, dann bekommen sie plötzlich eine ungeheure Spannweite. Ein schönes Väterwochenende geht zu Ende. Mit dem kleinen Glücksbringer dessen Siegtor (von der Mittellinie) im Pokal bejubelt, mit dem großen für den Angelkurs gebüffelt.

Das Leben kann so schön sein!

Diese Ansicht werden einige Bewohner der Hamburger Hegestraße, die ich am Freitag besucht habe, nicht teilen können. Ein Investor hat ihnen die Wohnungen gekündigt und versucht nun, mit allen Mitteln die Räumung zu beschleunigen. Ein weiteres dunkles Kapitel in der kurzen Geschichte der Gentrifizierung.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Wenn ein Vermieter alten Wohnraum sinnvoll saniert, kann er anschließend die Miete sinnvoll erhöhen. Aber alten, erschwinglichen Wohnbestand durch eine Luxus-Sanierung zu Elite-Wohnungen zu erhöhen, und die Menschen, die dort seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt haben, regelrecht zu verjagen, ist eine Schande. Und dass die Politik das zulässt und sogar fördert, ist eine noch größere Schande.

Eine   Schande

Wie kann es sein, dass es für einen Eigentümer lukrativer ist, Wohnungen unbewohnbar zu machen und jahrelang leer stehen zu lassen, als sie sinnvoll und effektiv zu sanieren und zu vernünftigen Preisen der Allgemeinheit zugänglich zu machen? Am Ende bleibt stattdessen nur: Gemeinheit.

Ansonsten? Ist mein kleiner Neffe am Donnerstag eingeschult worden. Bei der Gelegenheit warf ich einen Blick vom Balkon meiner Schwester und sah dieses Prachtexemplar von einer … ja, äh … Dachterrasse. Oder doch eher ein Outdoor-Laufstall für Erwachsene?

Klein, aber sein

Anzeige

Angezeigt

Noch ein kleines Mitbringsel von unterwegs. Eine rheinische Tageszeitung möchte Anzeigen verkaufen – Todesanzeigen. Riskante Platzierung, denn ich finde, es zerstört ein kleines bisschen das feierliche Trauerambiente der anderen, echten Anzeigen. Und auch eine interessante Argumentation: Natürlich geht es der Zeitung nicht ums Geld, sondern bloß um die Erzeugung von Aufmerksamkeit. Also letztlich wie bei der klassischen Produktwerbung. Eigentlich schade, dass ich schon studiert habe. Wäre ein schönes Thema für eine Magisterarbeit. Ach, nee, heißt ja jetzt Bachelor …

Foto-Monteur

Schlüsselszene

Sitze heute den ersten Tag im Schnitt, um die ersten Wohn-Geschichten zu schneiden. Erster Tag ist immer schwierig. Während die Cutterin etwas Licht ins Dunkel bringt, pflüge ich durch eine Flut von Handyfotos, die ich während der Drehreise gemacht habe. Sind doch viele Kleinigkeiten, die einem auffallen, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht.

Fotobeweis

Zum Beispiel diese Werbung für eine Autowerkstatt. Hing auf einem Rasthof über dem Pissoir. Ein vertrauenserweckender Mechaniker mit dem Schraubenschlüssel für alle Fälle. Müsste von der Größe mindestens ein 24er sein, aber wenn man genau hinguckt, ist es bloß ein 13er. Also eine Fotomontage? Muss das sein? Kann man nicht einfach einem Typen eine alte Hose anziehen, ein bisschen Öl in die Fresse schmieren und einen großen Schlüssel in die Hand drücken? Ist denn GAR NICHTS mehr echt?

Cover, Boy

Vorgestern konnte man es schon auf der facebook-Seite von minimaltrashart sehen, heute bei mir:

Cover, Boy

 

Ich finde es toll, und das, was drin steht, auch. Dank und Lob an den Verlag. Alles nicht selbstverständlich. Anais Nin hat sich damals eine alte Presse gekauft und ihre Texte anfangs selbst gedruckt, weil die Verlage diese zu „unkommerziell“ fanden. Hab ich heute wieder in den Briefen Henry Millers gelesen.

Will das gar nicht überstrapazieren, aber ich habe ganz viel Freude an diesem Miller-Buch (wie gesagt, 1Euro im Antiquariat). Heute schrieb er, wie er sich im Dezember 1942 – während einige seiner amerikanischen Freunde zum Kriegsdienst eingezogen werden – als Bewährungshelfer(!) bewirbt und nach seinem ersten Tag total geflasht ist von diesen ganzen rauen jungen Straftätern und den Geschichten, die er dahinter wähnt, und dass das für ihn wie eine „neue Verbindung mit dem Leben in seinem Rohzustand“ sei … da musste ich dann doch an meinen letzten Eintrag vorgestern denken, als ich schrieb, dass dieser Schicksals-Schnelldurchlauf auf Dreh mich natürlich auch immer menschlich weiterbringt. Das ist ja das Gute an meinem Job, nein, der einzige Grund eigentlich, warum man das überhaupt macht.

Büro(h)ängste

Erster Tag wieder im Büro. Schlage die Zeitung auf und sehe eine PR-Anzeige von LIDL – die haben ihren Mindestlohn auf 11 Euro angehoben und sind offenbar ganz stolz. Und die Mitarbeiter sind (jetzt auch) richtig motiviert:

LIDL-PR
LIDL-PR

Was kommt als nächstes? Ein Zeitungsverlag, der sich damit brüstet, immer noch mit Festangestellten zu arbeiten? Die Welt ist toll, äh … ein Tollhaus. Mein Arbeitgeber setzt ein Zeichen und lässt für seine schwitzenden Mitarbeiter den Eismann auf den Hof (li. Foto).

Eis A   Ah, da also ...

Jedenfalls hat mich auch diese Drehreise wieder verändert. Nicht nur, weil ich endlich den richtigen Weg zum Wissen gefunden habe (re. Foto), nein, wenn man diese ganzen Leben im Schnelldurchlauf abklappert, ist das natürlich immer auch ein Spiegel, speziell bei dieser Produktion. Je mehr ich für diese Wohnen-Dokumentation drehe, desto mehr stelle ich fest, wie glücklich man sich schätzen kann, wenn allein die Grundstruktur steht. Wenn ein bisschen Ordnung da ist. Wenn man heute weiß, wo man morgen zuhause ist. Bin gestern Abend ganz schön von Freundin und Sohn empfangen worden. Das ist Glück. Glück, das man in dem Moment aber auch erkennen und sich vergegenwärtigen muss. Weil es das Höchste ist, was man im Leben erreichen kann. Sogar die Tomaten hatten etwas für meine Heimkehr vorbereitet …

Rote Tomaten   Tomaten auf den Augen

In der Zwischenzeit ist beim Verlag auch eine Entscheidung für´s Cover gefallen. Demnächst mehr. Nur soviel: es ist sehr, SEHR plakativ. Aber cool. Vielleicht hilft es dem Verkauf. Köstliche Anekdote übrigens bei Henry Miller, wie er (in Hollywood) schreibt, dass William Faulkner für 300 Dollar die Woche (irre viel Geld) für Warner Brothers schreiben muss, weil „seine Bücher nicht viel Geld einbringen“ … weiß nicht, ob mich das trösten soll. Kurios ist es allemal.

 

Camp Gerrit

Hab 2 üble Reisetage hinter mir. Erst Rückreise vom Dreh am Freitag mit dem Flugzeug: Stuttgart – Hamburg, eine Stunde Verspätung, dann wegen Verdacht auf Reifenschaden zum ersten Mal in meinem Leben durchs Kabinen-Personal auf eine Notfall-Landung (kein Scheiß) vorbereitet worden, aber alles gut gegangen, total gerädert zuhause angekommen, am nächsten Morgen gleich Mietwagen abgeholt, anschließend meine Glücksbringer und dann für die Strecke Hamburg – Schleswig 6 Stunden gebraucht. Kanalbrücke gesperrt, Tunnel gesperrt und dann verzweifelt versucht, bei Schacht-Audorf mit der Kanalfähre überzusetzen … Puh …

Wagen wohnen

Bin dafür jetzt mit 3 wunderschönen freien Tagen mit meinen Jungs und meiner Familie belohnt worden. Super-Wetter an der Ostsee, Super-Unterkunft im Wohnwagen meiner Mutter (passt übrigens gut zum nächsten Dreh, fahre nämlich Dienstag Abend direkt weiter zu dem Campingplatz, der dicht macht, bin ich gleich im Thema), Super-Spaß mit den Kindern, leider ein paar Tage zu kurz.

Am Samstag waren wir alle, meine Mutter, meine kleine Schwester, meine große Schwester mit ihren Kindern, meine Kinder und ich auf dem Brarupmarkt, einer kleinen, traditionsreichen Kirmes in Süderbrarup, was ganz lustig und nett war. Vor allem, meine kleine Schwester als Tante von 3 Neffen und 1 Nichte zu erleben, war der Knaller. Mit Familie ist es ja wie mit alten Autos. Man flucht oft genug über sie, aber wenn´s läuft, ist es ein Traum.

Laber Rind

Waren auch im Glas-Labyrinth. Erst hinterher fiel mir die eklektische Fassadengestaltung auf. Alles etwas konzeptlos. Was macht Superman da? Insofern passt „Labyrinth“ auch ganz gut – auf die Gedankengänge des Designers.

Ansonsten? Haben sich die coolen minimaltrashart-Designer in Hamburg Gedanken über mein Cover gemacht. Hoffe, das gefällt Euch alles. Sind ein paar sehr interessante Entwürfe dabei …

Viel Falt

Musste heute bei meinem Zug durch München an die Worte der Wissenschaftlerin gestern denken, die sagte, wenn sich nur noch die Reichen das Leben in der Stadt leisten können, dann „verödet“ (O-Ton) die Stadt. Es IST so. Ich habe den ganzen Tag Themenbilder gedreht: Vornehmlich Menschen. Es ist unwahrscheinlich, wie viele verschiedene Menschen es gibt, und wie wunderbar das ist, diese Vielfalt. Und dann gab’s ein Wolkenbruch, und ich bin zum Türken geflüchtet, hab eine Lahmacun und Ayran bestellt, und plötzlich waren da so viele nasse, laute, fröhliche, bunte Menschen um mich herum, ehrlich, die reinste Party. Furchtbarer Gedanke, wenn es nur noch irgendwelche Sushibars gäbe, mit Gutverdienern (die Rechtschreibhilfe bot mir eben für Banker „Denker“ an – Haha), die über ihre verzogenen Kinder schimpfen, wenn sie überhaupt welche haben. Alles Bunte wäre dahin. Dann ist man ganz schnell bei den grauen Männern von Momo …

Voll das Bad

Bin im Hotel das letzte Mal umgezogen und jetzt im größten und schönsten Zimmer. Eben ein Vollbad genommen, unter mir schwadroniert die „After Work“-Gesellschaft zu studentischen Jazzklängen.

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Passt alles gut zu Millers Briefen und den Schilderungen von diversen amerikanischen Hotels. Schwebe hier im ersten Stock sprichwörtlich über den Dingen. Pfeife zwar auf dem letzten Loch, und der Tag war ziemlich zäh, aber ich mach das beste daraus. Auch eine Leistung.

Leuchte Käppi der guten Hoffnung Traum-Office

Gestern Abend noch mit Jakob in einem Club gewesen und ein paar Leute von ihm kennen gelernt. War ein bisschen so wie damals mit meinem Freund Jan in Friedrichshain. Heute dann mit minimaltrashart Pressefoto und Cover besprochen – ja, ich fühle mich wirklich ein bisschen wie Miller. Der korrespondierte auf seiner Reise auch die ganze Zeit mit diversen Verlegern. Absagen, Zusagen, Absagen, Zusagen, hier 20 Dollar, da 40, und immer musste Anais Nin ihm Geld zuschicken. Das kann man sich auch nicht mehr vorstellen. Übrigens kam Miller 1941 nach Hollywood und stellte fest, dass die Leute Schwarzdrucke des Steinbocks hatten, die in China illegal gedruckt und re-importiert worden waren. Also auch kein neues Phänomen. Bin ganz froh, dass ich mir das Briefe-Buch gekauft habe. 1 Euro. Unermesslicher Gegenwert.

Die Troit

Sind heute auf dem Weg nach Stuttgart an einem Ort namens Süßen vorbeigefahren. Da fiel mir ein guter Slogan ein: So manch einer muss in seinem Leben nach Süßen (also: nachsüßen) …

Tja, ...

Wunderschöne kleine, fleißige Städte unterwegs. Und trotzdem hinterlassen auch hier die Riesen unübersehbare Spuren. Passend schrieb Miller heute über Detroit – die Stadt, die gerade bankrott geht – dass ihm erstens dieser Gründergeist so eine Angst macht, und er dieser Entwicklung zweitens auch ein Schreckensszenario voraussagt.

Im Grunde ist jetzt genau das eingetroffen, was er damals 1941 gefühlt hat. Es gibt IMMER Leute, die sowas fühlen. Es hört bloß keiner auf sie.

Quelle: Rowohlt - kaufen!

Jakob ist gerade hier. Zeig ihm mal die (geheimen) Pressefotos. Mal gucken, was er sagt. Und was gleich noch geht. Bin ziemlich fertig, aber man muss das natürlich ausnutzen, wenn man schon mal einen kundigen Guide hat …

Ja, Kopp