Ins Pi ratio N

Im neuen Bond verhindert 007 den Anschlag auf ein Stadion. Jetzt wird spekuliert, ob es für den Anschlag in Paris einen fiktiven „Vorläufer“ in dem Computerspiel „Battlefield 3“ gibt. Darüber hinaus haben die Täter womöglich über die Playstation 4 kommuniziert.

Ich frage mich, was dahintersteckt. Benutzen diese Täter für ihre Zwecke absichtlich die technischen und kulturellen „Errungenschaften“ ihrer Feinde? Gewissermaßen als eine Art doppelte Strafe? Oder um die Opfer zu verhöhnen? Ist das eine perverse Terror-Philosophie? Oder steckt da gar nichts hinter? Daddeln die jungen Dschihadisten einfach gerne ein bisschen zwischen den Anschlägen? Oder trainieren die mit diesen Spielen? Aber wie authentisch ist dann die Kritik an unserer Kultur?

Auch die Bild-Zeitung fragt:

battlefield

Die Frage ist zulässig. Und ist der Triumph über einen erfolgten Anschlag aus Tätersicht nicht noch größer ist, wenn ihn sich die Opfer vorher in der Phantasie ausgemalt haben – und nicht einmal der Computerheld sie schützen konnte? Geschweige denn Bond?

battlefield3

Randnotiz: Bei dem Bild-Artikel gibt es praktischerweise gleich noch eine eingebettete Anzeige für Battlefield 3 dazu. Nein, stopp, ist nur ein Testbericht. Dann geht´s ja …

Freitag, der 13.

Bin noch etwas geschüttelt. Die Beerdigung meiner Tante am Freitag, die mich – mehr als gedacht – mitgenommen hat, abends dann der Terror in Paris. Was für ein Wahnsinn!

Ich weiß, dass das Leben schön ist. An sich. Ertappe mich aber in diesen Tagen bei dem Gedanken, dass man besser keine Kinder in diese bekloppte Welt gesetzt hätte. Andererseits haben das unsere Eltern in den Achtzigern auch gesagt. Kalter Krieg, saurer Regen, Waldsterben, Tschernobyl.

Der November draußen macht es auch nicht besser. Keine Ahnung. Will meine Ruhe. Unsere Ruhe. Wir haben am Samstag den neuen Bond geguckt. War eher so, als sähe man eine Nachrichtensendung vom Vortag. Gespenstisch. Wünsche mir, dass Bond die Welt rettet. Aber „in Echt“. Oder dass wenigstens Angie durchhält. Hätte nie gedacht, dass ich das mal schreiben würde.

Nachtrag

Frage:  Hat der Pfeifentabak ihr Leben verkürzt oder verlängert?
Frage: Hat der Pfeifentabak ihr Leben verkürzt oder verlängert?

Lenz, Grass, Schmidt
WT…
Helmut geht
die letzte Konstanze
in Hamburg
der Herausgeber
gibt sich selbst heraus
kein Rauch mehr
wo er nicht hingehört
was bleiben
sind Kindheitserinnerungen
mit gleichaltrigem
Opa
und Schmidt
in 4:3 vom
viel zu großen Fernsehsessel
aus und ab
ins Bett
denn morgen
ist ein neuer Tag

und die Wahrheit in der taz wird wieder mit dem „Tod“ schimpfen müssen.

Fairdammt

Fair zuerst kommt, sprayt zuerst
Fair zuerst kommt, sprayt zuerst

Dieses Foto wurde mir heute morgen vom Stubenhacker zugespielt. Lustig. Leider. Denn genau diesen Kalauer habe ich ihm vor Monaten für unsere Bilderwitz-Kollektion rübergemailt. Doch offenbar bin ich nicht der einzige, der sich solche Sachen ausdenkt. Blöd. Und jetzt? Wer war zuerst? Vielleicht ja ich? Und wenn nicht: Gibt es auf gesprayte Sprüche ein Copyright? Muss ich diesen Sprayer jetzt suchen und mit ihm die weitere Verwendung verhandeln? Tue ich einfach so, als hätte ich dieses Foto nie gesehen? Oder klaut das jetzt sowieso sofort irgendein Youtuber? Hmmm, …

Main-Streaming

Gestern Abend lief die ZDF-Reportage, für die ich letzte Woche zugedreht habe. Kann man in der ZDF-Mediathek noch einsehen. Ist ganz schön geworden, wie ich finde. Resonanz war auch gut. Schon bemerkenswert, was man mit vereinten Kräfte dann doch wieder auf die Schnelle auf die Beine stellen kann.

Heute u.a. wieder ein bisschen mit dem Thema Werbung beschäftigt. In dem aktuellen IKEA-Weihnachts-Spot, den ich insofern ganz gelungen finde, als dass er das Fest mal aus der idyllischen Verpackung herausholt, ist mir aber noch was ganz Anderes aufgefallen: Bei ca. 24 Sekunden trägt ein Mann einen ziemlich grellen Strickpullover – so weit, so gut.

ikeapulli

Jedenfalls bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mir vor Jahren mal genau dieses Modell im Schlussverkauf bei H&M gekauft habe – und deswegen schon des Öfteren von meinen Mitmenschen belächelt worden bin. Mitunter sogar regelrecht verlacht. Hab ihn damals leider auch eine Nummer zu klein gekauft, egal, Hauptsache, mir gefällt er. Und dass das Ding jetzt von einem kreativen Stylisten für einen Werbespot auserkoren wurde, zeigt doch nur, dass ich meiner Zeit voraus war, oder?

Ansonsten? Ärgere ich mich zunehmend über die McDonalds Plakate für den „Bio-Burger“. Nicht nur, weil es gar kein richtiger Bio Burger ist (deswegen heißt er offiziell ja auch nur „McB“), sondern weil ich finde, dass Sprüche wie: Kann Spuren von gutem Gewissen enthalten oder Schützt ihre Umwelt vor Magenknurren wichtige Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit auf eine blöde Art ins Lächerliche ziehen. Verstehe im Übrigen auch gar nicht, wie es der Slogan Kann Spuren von gutem Gewissen enthalten überhaupt durch die Chefetagen geschafft hat. Bei mir löst das einzig und allein den Gedanken aus, dass man den Rest der McDonalds-Speisekarte nur mit schlechtem Gewissen konsumieren kann. Also, ja, zugegeben, der H&M-Pulli ist womöglich jetzt auch nicht gerade der nachhaltigste Öko-Knaller … oh, hab den Spot gerade nochmal geguckt. Es wird immer besser: Der junge Mann im Spot küsst später nämlich noch seinen Freund. Wenn der Pulli in Fachkreisen jetzt also als hip für die Gay-Community angesehen wird, dann war ich wirklich meiner Zeit voraus …

ikeapulli2

Bin begeistert und wünsche allenthalben einen besinnlichen Abend.

weakender

Hab am Dienstag nochmal in Duisburg gedreht und eine georgische Flüchtlingsfamilie beim Bezug ihrer neuen Wohnung begleitet. Das hat mich sehr berührt und demütig gemacht. Es hat mir vor allem auch gezeigt, dass man nicht immer nur vor einem akuten Bombenhagel fliehen muss, sondern manchmal eben auch vor den Folgen eines Krieges, einem korrupten Politiksystem, einem drohenden Putin und beißender Armut. Fazit des gebildeten, schüchternen, Deutsch sprechenden Mannes: „Bisher haben wir viel Glück gehabt, aber ich habe Angst, wie es weitergeht. Ich war noch nie in dieser Situation …“

Ich bin jedenfalls ganz demütig nach Hause gefahren (im warmen ICE, auf einem sonnenbeleuchteten Fensterplatz) und werde so schnell nicht mehr jammern, wie anstrengend es ist, die Wohnung zu streichen. Andere haben nämlich erst gar keine.

Man möchte mit den Fingern schnipsen – und alles ist gut. Stattdessen werden viele Herzen immer kälter, unser Winter immer wärmer, Gunter Gabriel geht doch ins Dschungelcamp, und Werbeplakate für Fitness-Studios erinnern irgendwie an einen antiken Sklavenmarkt. Oder bin ich hysterisch?

fitness

 

Nachricht von gestern

 

gerritpc

Meine Schwester ist vor ein paar Tagen auf facebook von dem Sänger meiner alten Rockband angeschrieben worden. Er hat immer schon gerne Karikaturen von uns gezeichnet und jetzt offenbar eine wiedergefunden, auf der ich abgebildet bin. I like.

Gestern Abend hat mich dann die Nachricht erreicht, dass meine Patentante gestorben ist. Einfach so, im Fernsehsessel. I hate.

Und wie das immer so ist; ich hab mich länger nicht blicken lassen, immer gedacht, das läuft nicht weg, Weihnachten ist ja bald usw.

Jetzt ist es zu spät. Was bleibt, sind Erinnerungen an schönste Schulferien auf dem Bauernhof und die (nicht neue) Erkenntnis, dass man Familienbesuche nicht ständig aufschieben sollte.

Hab letzte Woche in der großen Moschee in Duisburg-Marxloh gedreht. Die Frage: Wie führt eine Stadt mit hohem Ausländeranteil die Flüchtlingsdebatte? Die Antwort: Weniger besorgt als eine Stadt in Ostdeutschland, in der es kaum Ausländer gibt.

Bemerkenswert allerdings, wie sich in Zeiten wie diesen trotzdem alle Beteiligten noch auf eine „Ziel-Gruppe“ einschießen können. Alle Duisburger meckern über die „Roma“. Überall Müll, keine Wohnkultur, keine Bereitschaft, Deutsch zu lernen, einziger Bezugspunkt: der Clan.

Ich kann die wahren Ausmaße (noch) nicht beurteilen, und im Zweifel fände ich es sicher auch schöner, wenn mein Nachbar seinen Müll in die dafür vorgesehene Tonne schmeißt. Auf der anderen Seite merke ich jetzt, dass scheinbar dringende Erledigungen wie Wohnung streichen, Winter-Check beim Auto, Steuer-Erklärung oder Mülltrennung einem manchmal auch die Sicht versperrt. Oder anders ausgedrückt: Was den Familienzusammenhalt betrifft, sind wir Deutschen sicher nicht Weltmeister.

Altes Neues

Selbst eine alte Kanzlerin ist hierzulande immer noch neu. Immerhin so neu, dass mein Mailprogramm mir eher eine Anglerin unterstellt, als die Kanzlerin zu akzeptieren.

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Auf zeit.de gibt es diese Woche einen Kommentar von Andreas Zick zu lesen, der die Stimmung im Lande erklärt.

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Satz der Woche darin: „[D]er bild- und sprachreiche Hass sowie die unverfrorene Hetze entpuppen Rechtspopulisten als erlebnis- und unterhaltungssuchende radikale Flaneure einer menschenverachtenden Spaßgesellschaft – inklusive des Spaßes an Gewalt.“

Fremdenhass ist nicht neu. Ebensowenig wie der Hass an sich. Hab am Wochenende nochmal eine Doku über die WM 1954 geguckt. Sepp Herberger zitiert da aus einem Brief, den ihm jemand geschickt hat, nachdem Herberger für das Vorrundenspiel gegen Ungarn nur die B-Elf nominiert und 3:8 verloren hatte. Ein Trainer wie er, hieß es in dem Brief, solle sich einen „Strick nehmen“.

Hass gab es schon vor Hasskommentaren und Facebook. Einige Eigenartigkeiten des Menschen sind so tief verwurzelt, dass sich das nicht ändern wird. Auch im Kleinen und Unwichtigen. Hab vor ein paar Tagen z.B. abends auf arte nochmal „King of Comedy“ mit Robert De Niro und Jerry Lewis geguckt; wie die Passantin an der Telefonzelle in der einen Szene will, dass Jerry Lewis ihrem kranken Sohn etwas Nettes ins Telefon sagen soll – das ist das vorweg genommene Selfie von heute. Und die Actimel-Werbung mit Guido Maria Kretschmer gipfelt in einem genauso dämlichen „Mmmmmhhhh“ wie Beckenbauers Suppenkasper-Tor-, äh, … Knorrjubel.

Montags-Demo (unpolitisch)

 

Hab gelesen
wie einer, der durch
die Wüste irrend
nach Wasser sucht,
in diesem Buch
tropft es
schleiche durchs Haus
weil ich weiß
du schläfst
schon – das ist Heimat
zuhause zu sein
wie ein Störenfried

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Kunststoff statt Treppenwitz

Zack – Wochenende schon wieder vorbei. Ging umso schneller herum, da wir mit der Renovierung weitergemacht haben. Jetzt ist der Treppenaufgang rot. „Blütentanz“, um genau zu sein. Frage mich, wer sich den Namen ausgedacht hat, egal, auf den Farbton konnten wir uns jedenfalls schnell einigen. Hab jetzt auch eine Ahnung, was mich dazu unbewusst inspiriert haben könnte …

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Hab außerdem gestern Abend auf Wunsch meines älteren Sohnes noch ein paar alte Lexika von mir aus dem Keller geholt, die mir meine Eltern geschenkt haben als ich so alt war wie er. Schön, dass er danach gefragt hat – und nicht alles googelt.

Vision – Er

aus: Gerrit Jöns-Anders, "Jugendstil", mta 2003, S. 14
aus: Gerrit Jöns-Anders, „Jugendstil“, mta 2003, S. 14

Nachtrag: „Akif Pirinçci hat lebenslänglich“ – hat Benjamin Maack in einem SPON-Kommentar geschrieben. Er meint damit, Akif Pirinçci habe lebenslänglich mit seinem offenbar verwirrten Geisteszustand zu kämpfen und am Ende „Mitleid“ verdient. Man kann das ja nicht mal absurd finden, dass nun ein (Deutsch-)Türke zur neuen Leitfigur der Rechten aufsteigen könnte. Hitler war auch kein blonder Deutscher und auch geisteskrank bis zum Abwinken. Und trotzdem hat ihn das deutsche Volk zu seinem Führer auserkoren. Da bleibt einem selbst das verzweifeltste Lachen im Halse stecken.