Bein hart

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Sichte gerade das Interview mit Naita aus Windhoek, die als kleines Mädchen im Rahmen eines DDR-Swapo-Projektes aus Namibia in die DDR verpflanzt und mit dem Ende der DDR als 14-Jährige einfach wieder zurück nach Namibia geschickt wurde – und dann natürlich riesige Anpassungsschwierigkeiten in ihrer „Heimat“ hatte. Eindrucksvolle Geschichte, die mich zum Spiegel-Titel dieser Woche bringt; Cordt Schnibben schreibt investigativ über seine (Nazi-)Eltern und befragt sich öffentlich im Nachhinein, inwiefern er als Kind infiltriert wurde. Mutig. Ich hab mich das manchmal bei meinem Opa gefragt. Aber nicht hinterfragt. Gab auch keinen konkreten Anlass. Doch es stimmt. Man scheut sich. Der eigene Vater ist auch noch ein anderes Level.

Zwei dramatische, packende Kindheitsgeschichten, auf die ich gerne verzichte, zugunsten einer schönen Kindheit mit Eltern, die den Muff (und womöglich dunklen Geheimnisse) ihrer Eltern auf geradezu bewundernswerte Weise in der schleswig-holsteinischen Provinz gelassen haben, um wirklich offen für Neues zu sein. Vielleicht war das Erwachsenwerden damals noch viel mehr eine Befreiung als heute. Allerdings ist auch manches Alte immer wieder aufs Neue gut. Schlafe mit den Glücksbringern über Ostern nahezu an derselben Stelle im Wohnwagen wie vor über dreißig Jahren, als ich so alt war wie sie heute. Welche Gedanken werden sie in dreißig Jahren beherrschen?

Hab mich gestern massieren lassen, weil meine Beine vom Fußball noch so müde waren. Der Masseur machte allerdings auch einen angeschlagenen Eindruck. Er erzählte, er könne nicht so einfach zuhause bleiben, weil er selbständig sei. Daraufhin kam ich auf diesen massiven Trend in der Medienbranche zu sprechen, nämlich verstärkt mit jungen Freelancern zu arbeiten, anstatt fest anzustellen.

Im Ernst – das mag ja aus betriebswirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar sein, doch am Ende steht eine Gesellschaft mit wenigen sicheren Führungsjobs und einem Heer besorgter, ängstlicher, ausgebrannter Freelancer, von denen sich auch keiner mehr traut, Häuser zu bauen oder Kinder zu kriegen. Die Politik wird das erkennen – wenn es mal wieder zu spät ist. Das ist wie mit der Wohnungskrise: es muss immer erst der Sohn oder die Tochter eines Politikers betroffen sein, bevor sich etwas ändert.

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Ansonsten? Steht bei uns in der Straße seit Wochen ein Auto, von dem niemand weiß, wem es gehört. Jetzt drohen amtliche Aufkleber mit Abschleppen. Meine Freundin wies mich darauf hin. Da fragt man sich schon, was dahinter steckt. Passend dazu gestern morgen in der Zeitung von einer Frau gelesen, die eineinhalb Jahre (!) tot in ihrer Wohnung lag.

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