Junge Frau, zuhause sitzend, blaues Licht, rotes Mikrofon

So langsam reicht es mir auch, muss ich sagen. 2021 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem man sich über einen Impftermin mehr gefreut hat als über einen kleinen Lottogewinn. Wir werden den herzlichen Umgang miteinander wieder üben müssen. Oder wir fallen uns kreuz und quer in die Arme, weil alle erleichtert sind, wenn es endlich überstanden ist.

Nun steht die dritte Welle an, warnen die Experten, und die könnte schlimmer werden als alles andere vorher. Die Ansteckungsgefahr ist so groß, dass alles, was man jetzt außerhalb seiner vier Wände in Angriff nimmt, generalstabsmäßig durchgeplant werden muss, um es mal etwas martialisch zu formulieren.

Wir versuchen daher wirklich, den Kontakt mit anderen Menschen aufs Minimum zu reduzieren, aber am Wochenende war ich dann doch mal wieder draußen, ausnahmsweise. Sebastian hatte ein Online-AutorInnen-Trinken organisiert, mit einer Überraschungsgästin, Alena Schröder, worüber wir uns so gefreut haben, dass wir das Gespräch mit ihr unbedingt für eine neue Podcast-Folge aufnehmen wollten. Und deswegen bin ich dann doch zu Sebastian und Tara ins Atelier gefahren, damit das auch mit der Technik klappt. Also haben Sebastian, Tara und ich vorher noch einen Schnelltest gemacht, uns auf verschiedene Räumen verteilt, gelüftet und zwischendurch Masken getragen. Alles nicht schlimm, aber man muss eben dran denken und sich auch dran halten.

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Unsere Podcast-Gästin, Alena Schröder, hat von zuhause aufgenommen, genauso wie die anderen Gäste quasi live zugeschaltet waren. Und auch wenn so eine Online-Party immer nur eine Notlösung sein kann, war es toll. Und das ist tatsächlich ein großes Glück in meinem Leben, dass Sebastian immer so interessante AutorInnen in mein Leben holt, denen ich dann auch persönlich Fragen stellen kann.

Um es kurz zu machen: Alena Schröder hat ein wunderbares Buch geschrieben, ich kann es nur empfehlen. Und es ist eigentlich noch interessanter, weil es darin auch um ihre eigene Familiengeschichte geht. Ich will gar nicht zu viel verraten. Der Titel kommt erst mal ein bisschen artifiziell daher: Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid – klingt ein bisschen wie Alexander Kluge: Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos! Bei Alena handelt es sich aber um den Namen eines verschwundenen Gemäldes.

Auch der erste Satz macht schon Spaß: „Bevor sich ihre Großmutter weiter mit dem Sterben beschäftigen konnte, musste Hannah die Sache mit der Jalousie erledigen.“

Oder der hier: „Sie hatten sich rausgeputzt, sich gegenseitig die Haare hochgesteckt und zu viel Rouge aufgetragen, hatten ihre beiden Begleiter schnell abgeschüttelt, die sich ohnehin lieber betrinken wollten, und lauschten nun der Kapelle, die Schlager spielte und von der es hieß, sie spiele auch Jazz, später vielleicht.“ Das ist sehr richtig und aus heutiger Sicht tatsächlich schwer vorstellbar, dass die jungen Menschen mal so den Jazz abgefeiert haben, als Party-Tanzmucke. Das hat mich auch immer so an „On the Road“ fasziniert, dem Roman von Jack Kerouac, in dem die beiden Hauptfiguren ja auch so von Jazz sprechen, als sei es etwas „Heiliges“. Für uns Anfang der 90er waren das vielleicht Grunge oder Crossover, aber Jazz war zu seiner Zeit wirklich neu. Ich fürchte allerdings, einige junge Menschen würden heutzutage dasselbe von deutschem Gangsta-Rap behaupten …

Aber um nochmal auf das Buch von Alena Schröder zurückzukommen: Es verwebt zwei Zeitebenen, zum einen die Jahre zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg (und zwar so prägnant, dass man sich noch mal fragt, wie das damals alles möglich war – übrigens auch ein Grund, warum ich das Buch meinen Söhnen empfehlen werde) und zum anderen die Gegenwart. Und das geschieht sehr leicht und intensiv, und es wimmelt nur so von kleinen, gelungenen Ideen, Gedanken und Beschreibungen, die ich in der Kürze der Zeit mit der Autorin gar nicht alle besprechen konnte. Am besten, ihr lest es selbst.

Also, hoffen wir, dass Interviews und Treffen bald wieder real stattfinden können. Ich ziehe meinen Hut vor allen Menschen in sozialen Berufen. PflegerInnen, ErzieherInnen, KassiererInnen, vor allen Menschen, die nicht einfach sagen können: Nö, ich bleib zuhause. Und ganz persönlich kann ich nur sagen: Was für ein großes Glück, dass ich mich ab und an um diesen alten Isländer meiner Frau kümmern darf. Oder er sich um mich.

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Waren am Sonntag eine Stunde mit ihm spazieren. Ist wie Schwimmen mit Delphinen.

Bleibt gesund.

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