Fa Kings

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US-Sonderermittler Robert Mueller hat nach fast zwei Jahren seinen Abschlussbericht über die Russland-Affäre vorgelegt. Erstes Fazit: Eine Anklage gegen Trump bleibt aus. Aber: Moskau hat sich in beispielloser Weise in den US-Wahlkampf eingemischt. Interessant, wie klar Unklarheit sein kann. Oder andersherum. Hab die Einzelheiten und Reaktionen heute morgen in der Süddeutschen gelesen. Da kommt einem das Frühstück gleich wieder hoch.

Wer lügt? Wer sagt die Wahrheit? Und was ist überhaupt die „Wahrheit“? Die große Frage der Menschheitsgeschichte, die uns immer wieder im kleinen Privaten, aber auch im großen Stil beschäftigt. Höre gerade mit großer Freude den Stern-Podcast „Faking Hitler“. Thema: die Hitler-Tagebücher, die der Stern damals präsentierte – und die sich kurz darauf als Fälschungen erwiesen. Einer der Hauptdarsteller: Stern Reporter Gerd Heidemann. Meine Söhne würden sagen, ich „suchte den Podcast durch“. Stimmt. Liegt aber auch daran, dass ich, kurz bevor die Kollegen des Stern mit der Produktion des Podcasts begonnen haben müssen, noch wegen einer ganz anderen Geschichte bei Heidemann in dessen Privatarchiv war.

Der Besuch

Foto und Nachbemerkung

Heidemann sagte mir damals, man müsse sich seine Aufnahmen von seinen Gesprächen mit dem Fälscher Kujau noch einmal in Ruhe anhören. Er hätte die Kassetten ja alle noch. Ich glaube, es war ein Angebot. Nun war ich gar nicht in der Position, da zuzuschlagen, aber trotzdem – genau das hat der Stern eben dann gemacht.

Tolles Projekt. Bin jetzt mit Folge 7 fertig, drei kommen also noch. Bin sehr gespannt, ob sie nochmal genauer darauf eingehen, wo die 9 Millionen geblieben sind. Ich habe da ja meine eigene Theorie, aber sowas kann man, glaube ich, nicht so einfach behaupten, ohne mit juristischen Konsequenzen rechnen zu müssen.

Ansonsten? Hat Kollege Stuertz von den Alphabeten die Buchmesse in Leipzig dafür genutzt, um weitere interessante Autor*Innen ins Podcast-Studio einzuladen. Hätte gerne mitgefeiert, aber der Job ruft. Um Hilfe. Wie bereits erwähnt, darf ich mich nach dem Erfolg meiner kleinen ZDF History-Doku über das „Geheime Paris“ nun um das „Geheime Rom“ kümmern. Lese dafür gerade einige alternative Reiseführer quer, u.a. einen kurzweiligen, schön gestalteten von Stefan Ulrich, den ich nur empfehlen kann.

Und da schließt sich der Kreis. Habe darin heute nämlich eine kleine Geschichte über das ehemalige jüdische Ghetto in Rom gelesen. Und während der Stern-Podcast „Faking Hitler“, dieses beinahe tragikomische Mediendrama, dazu führt, dass man die Schrecken des Dritten Reiches eher ausblendet, war es ganz „heilsam“, heute dann nochmal eine Geschichte zu lesen, die die ganze Grausamkeit, Kaltblütigkeit und Unmenschlichkeit der Nazis verdeutlicht.

Ich fasse mal zusammen: Im Juli 1943 wird Mussolini gestürzt. Im September kapituliert Deutschlands Verbündeter Italien und wechselt auf die Seite der Alliierten. Daraufhin besetzt die Wehrmacht den italienischen Norden, einschließlich Rom. Der dortige SS-Kommandant Herbert Kappler bietet den Juden der Stadt an, sich gegen die Zahlung von 50 Kilogramm Gold von einer Deportation freizukaufen. Die römischen Juden zahlen. Trotzdem überfallen hunderte SS-Männer an einem Samstagmorgen im Oktober das jüdische Viertel und treiben die Menschen auf der Straße zusammen. Über eintausend Juden werden nach Auschwitz gebracht, von denen lediglich fünfzehn(!) irgendwann zurückkehren.

Wie kann man sowas vergessen (wollen)?

Und da schließt sich ein weiterer Kreis: Es ist genau diese Faszination an der Figur Hitlers, scheinbar abgekoppelt von den grausamen Taten der Nazis, die mich bei Menschen wie Heidemann, der sich ja nicht nur für die Tagebücher interessiert hat, misstrauisch macht. Insofern ist es wahrscheinlich gut, dass ich damals die Finger davon gelassen habe. Zwar habe ich sein Archiv, aufgrund des Bestandes und des langen Gespräches, damals ziemlich beeindruckt verlassen, aber eigentlich wollte ich das gar nicht. Und wenn man ihm nun hilft, das auszuwerten, ist es womöglich schwer, die nötige Distanz zu wahren. Immerhin wäre ich mir zumindest der Gefahr bewusst.

Und: Hab am Wochenende schon ein paar Blumen geschrieben. Und ein Gedicht gepflanzt:

Die Sonne und ich sind alte Freunde
Sie kennt mich länger
Als ich sie
Das erste Mal bewusst wahrnahm
War ich geblendet
Seitdem sind wir uns gewogen

Ab und zu gehen wir spazieren
Und später einen Trinken
Sie muss immer früh nach Hause
Der Mond wartet nicht ewig
Auf sie
Ist Verlass

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