Tag 5

Zurück in Hamburg. Schön, wieder zuhause zu sein, auch wenn die Tage im Knast, wie erwartet, sehr lehrreich waren. Ich glaube, die Haupterkenntnis liegt darin, dass jeder Mensch, egal, was er getan hat, immer noch ein Minimum an Respekt verdient. Sonst funktioniert das alles nicht. Dafür sind die einzelnen Geschichten auch zu kompliziert. Oder andersherum, wenn man z. B. als Journalist meint, sich alles holen oder über alles hinwegsetzen zu können, steigt man die Leiter schon hinab.

Als ich meine Freundin in den Arm genommen hab, fühlte ich mich wirklich wie ein frisch Entlassener oder wie ein Soldat, der im Ausland war. Ich weiß, das klingt behämmert, ist aber so. Unbeschreiblich, einfach auf die Terrasse gehen zu können, ohne dass Gitter die Sicht versperren, ja, zu machen, was man will. Freiheit – man muss wirklich wieder lernen, ihr das hässliche Tuch herunter zu reißen, unter dem sie sich im täglichen Trubel versteckt. Oder hängt das Tuch über uns?

Und gleich die nächste Produktion vor der Brust. Am Montag drehe ich wieder in Berlin für die Dokumentation über die Lüge mit einem alten, sehr vielseitigen Freund von mir. Er wird als Politiker eine 100%-ehrliche Wahlkampfrede halten. Mal gucken, wie das wirkt. Ob man so einen Politiker wählen würde? Oder wollen wir belogen werden?

Unsere Grafik hat dafür auf die Schnelle extra ein Plakat und Flyer entworfen, die wir an Passanten verteilen werden, ein bisschen guerillamäßig, aber vielleicht wird es ja lustig. Also, wer am Montag gegen 14:30 zwischen Brandenburger Tor und Reichstag unterwegs ist, muss sich vorsehen, sonst hat er prompt ein Mikro unter der Nase …

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