Afrika 2

Unsere große Reise geht weiter. Nach Swasiland nun St. Lucia, ein sehr schöner, wenn auch touristischer Ort. Aber davon später mehr.

Swasiland war jedenfalls unfassbar interessant. Zunächst hat es mich allerdings auch ein bisschen nachdenklich gemacht. Fast traurig. Wir sind auf sehr abenteuerlichem Wege von Südafrika nach Swasiland gekommen, über den Grenzübergang Josefsdal und dann weiter über Pigg´s Peak.

josefsdal schotterstrasse

Als Abenteuer zu empfehlen. Bis Pigg´s Peak  geht es allerdings knapp 20 Kilometer über krasseste Geröll- und Steinstraßen. Zum Glück hatten wir unseren Four-wheel drive, sonst wäre es echt eng geworden. Bin da zum Teil Schrittgeschwindigkeit gefahren, weil wir uns sonst alles aufgerissen hätten. Als wir dann von oben in Richtung Mbabane, der Hauptstadt, gefahren sind, haben wir uns natürlich über das Land unterhalten: die hohe AIDS-Rate von über 20 %, die offiziell verschwiegen wird, die hohe Arbeitslosigkeit von über 50 % – und dann ist da ja noch dieser, positiv ausgedrückt, extravagante König, der zwar auf riesigen Plakaten für den Fortschritt wirbt, aber faktisch nichts dafür tut. Und auf der Straße unzählige Menschen, denen man den täglichen Überlebenskampf ansieht.

Urlaub im Kolonialstil, jaja, nächstes Mal alternativer ...
Urlaub im Kolonialstil, jaja, nächstes Mal alternativer …

Als dann in der ersten Nacht im Hotel, das uns im Übrigen auch nochmal vor Augen führte, wie privilegiert wir „weißen Wessis“ eigentlich sind, neben unserem Zimmer die ganze Zeit ein eingesperrter Hund heulte, habe ich mir doch wieder den Kopf darüber zerbrochen, warum die Lebensbedingungen auf der ganzen Welt so unterschiedlich und ungerecht sind. Nicht, dass bei uns alles toll und woanders alles schlecht wäre, im Gegenteil. Die Art und Weise, wie der Tag in Afrika (gezwungenermaßen) im Hier und Jetzt begonnen und nicht nur von dem Gedanken befeuert wird, wie man noch sicherer und (erfolg)reicher werden kann, ist, so gesehen, sehr inspirierend und stünde uns auch durchaus gut zu Gesicht. Aber natürlich tippe ich diese Sätze in dieser Sekunde in mein Macbook und habe gerade meine amtliche Malaria-Prophylaxe genommen, mit einer Mahlzeit, die zu keiner Sekunde in Frage gestellt war.

thebagshop yebogallery

Glücklicherweise haben wir am nächsten Tag ein paar Orte besucht, die so schön waren, dass man sie – von außen betrachtet – beinahe als paradiesisch bezeichnen könnte: House of Fire, den Candle-Market und besonders die Yebo-Galerie. Ich pflege ja schon seit einigen Jahren die Angewohnheit, von meinen Reisen für kleines Geld kleine Gemälde mitzubringen, falls meine Freundin und ich es endlich mal schaffen, unser Resthof-Museumscafé auf die Beine zu stellen. Deswegen sind Besuche in lokalen Galerien immer gut. Auch diesmal bin ich wieder fündig geworden:

irregular

Die junge Galerie-Managerin erklärte die zumeist düsteren und sehr realistischen Arbeiten der einheimischen Nachwuchskünstler damit, dass man im Volk eben immer noch nicht laut die Missstände ansprechen dürfe. Im weiteren Verlauf des sehr netten Gespräches sagte sie, ein richtiges Umdenken in Bezug auf Missbrauch, Vergewaltigung und Arbeitslosigkeit etc. käme eben erst auch dann in Gang, wenn das Volk seinen eigenen Führer wählen dürfe. Und das war ganz lustig, weil ich dann entgegnete, bei uns wäre Kunst natürlich auch immer eine Reaktion auf politische, gesellschaftliche und soziale Missstände. Und wir dürften zwar alle laut unsere Meinung sagen, aber das produziere in der jüngsten Vergangenheit eben auch sehr viel Hass und Lügen und Hetzereien, weil niemand da ist, der dieses negative und anonyme Gebrüll so aufbereitet, dass es die Demokratie nicht gefährdet. Und die Tatsache, dass man in Europa wählen dürfe, führe im Moment in vielen Ländern leider zu einem allgemeinen Rechtsruck. Also Wahl- und Meinungsfreiheit sind zwar per se gut, aber immer auch abhängig von den Bürgern eines Landes im Einzelnen und zusammengenommen.

medusin

Ansonsten ist jeder Gang um die Ecke ein Erlebnis, auch wenn in Afrika heute vieles moderner und westlicher ist als noch vor 20 Jahren. Aber manchmal findet man z.B. im Supermarkt eben auch alltägliche Dinge, die es so nur hier gibt (s. Foto oben), und das ist toll, weil es andererseits natürlich auch viele Produkte gibt, die wir von zuhause kennen, z. B. Coca-Cola oder Nivea. Doch auch, was diese „global player“ betrifft, habe ich in diesen Tagen eine interessante Beobachtung gemacht: Es gibt nämlich Firmen, die ebenfalls weltweit tätig sind, von denen man das aber gar nicht so weiß, weil sie gesichtslos sind, bzw. so indifferent, was ihr Produkt-Portfolio betrifft: Jedenfalls stand ich im Bad und wollte mir gerade meine Ohrstöpsel, die ich immer dabei habe, reintun, wegen des heulenden Hundes (s.o.), als mir der Hersteller ins Auge fiel: 3M.

oropax

Lustig, dachte ich, die machen doch auch dieses breite, braune Scotch-Klebeband, mit dem meine Großeltern früher immer ihre Geburtstagspakete verklebt haben. Und haben die nicht früher auch Disketten produziert? Jedenfalls gingen wir am nächsten Morgen zum Frühstück, und auf der ersten Treppenstufe zum Garten klebte so ein Reflektor, damit man im Dunklen nicht hinfällt, und wer stand als Hersteller darauf? Richtig:

3M2

Verrückt, oder? Nicht!?

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