Berufswal

Mist. Wegen Sandy sitzt meine Interviewpartnerin für Samstag immer noch in New York fest und wird es vermutlich nicht schaffen. Nervig. Leider kann man die Dame auch nicht ersetzen. Das ist das blöde an diesen langen Filmen; dass dir auf dem letzten Ende immer noch irgendwas passieren kann. Das kann man als normaler Mensch schwer nachvollziehen. Das verfolgt einen bis in den Schlaf. Klar, ein Herz transplantiert man auch nicht mal so eben oder baut ein Atomkraftwerk. Ja, es gibt schon Jobs, die man, wenn man nach Hause kommt, nicht wie einen Mantel an die Garderobe hängt. Die schleift man den ganzen Abend hinter sich her.

Ich musste da heute ein paar Mal dran denken, weil ich gestern von meinem Vater schrieb, tagsüber im Finanzamt und nach Feierabend Hobby-Schäfer (jetzt baut er Eisenbahnen). Meine Mutter war ihr Leben lang Krankenschwester. Warum ist mir diese „Verwirklichung“ plötzlich so wichtig? Warum sind meine Eltern scheinbar problemlos mit 30 Urlaubstagen ausgekommen? Steigere ich mich in eine „Das Leben ist so kurz und wertvoll“-Hysterie hinein? Obwohl – der Bestseller-Autor Manfred Lütz sagte in dem Interview, das Timo mit ihm für unseren Lügen-Film gemacht hat, etwas ganz Ähnliches. Nicht neu, auch so ein bisschen „Alles fließt …“, aber ich fand es trotzdem ganz passend, zumal der Lütz ja auch kein totaler Medienpessimist ist.

Also, hier, habe ich eben noch gelesen:

„Dieses Buch (Bluff, Anm.: GJA) soll Menschen ermutigen, dass sie zwar einerseits in diesen Kunstwelten leben müssen, unvermeidlich, aber dass sie wenigstens zeitweilig mal rauskommen. Dass man mal in den Wald geht für eine halbe Stunde und nicht mit einem Buch Mein Wald gehört mir – oder seiner Frau nur zu erzählen, dass man durch den Wald gegangen ist. Sondern diese unwiederholbare halbe Stunde des Lebens zu riechen, zu schmecken, zu erleben. Und sich klar zu machen: Das ist unwiederholbar, ich kann das nicht mehr wiederholen. Morgen mache ich das in einer anderen Atmosphäre und übermorgen lebe ich vielleicht gar nicht mehr. Das heißt, wirklich im Bewusstsein der Unwiederholbarkeit jedes Moments existenzielle Momente des Lebens wirklich wahrzunehmen und sie wichtiger zu finden, als das, was man in diesen Kunstwelten, in künstlichen Rollen so treibt.“

Vielleicht sollte ich wieder nach Island … muss demnächst mal unsere Videos durchgucken.

 

 

 

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