Relefanz

Vor ein paar Tagen hat Frank Behrendt, Vorstand der Kommunikationsagentur fischerAppelt, eindrucksvoll bewiesen, wie moderne Kommunikation funktioniert, bzw. wie Content mit den richtigen Keywords, richtig platziert, zu einer enormen Verbreitung im Netz führt, selbst wenn die eigentliche Botschaft dahinter dann auch nicht so richtig originell ist.

Was war passiert? Dem Medienmagazin Clap hatte Behrendt seine 10 Tipps gegen Berufsstress „verraten“. Ich möchte hier nicht näher darauf eingehen, weil die Tipps erstens alle nicht so richtig kreativ sind und zweitens so klingen, als müsse man schon über gewisse Grundfreiheiten eines Chefs verfügen, um die Tipps auch tatsächlich befolgen zu können. Vielen überarbeiteten, aber dabei unterbezahlten und zumeist selbständigen Freelancer-Bienen, die der übermächtigen Agenturkönigin zuarbeiten und tagtäglich die eigentliche Arbeit an der PR-Front erledigen, dürfte es die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Einige haben sich ja auch schon geäußert …

Wobei, nicht falsch verstehen, wenn es der Mann in seiner Position tatsächlich schafft, so entspannt zu sein, wie er vorgibt, muss man ihn darum beneiden. Und man kann nur hoffen, dass er seinen Mitarbeitern (zumindest von nun an) die gleiche Chance auf eine gute Work-Life-Balance einräumt. Bei mir sind das ja so Phasen, die sich abwechseln: Anstrengende Produktionsphase mit Dreh und Schnitt bis zur fertigen Sendung, dann kurzes Durchatmen und aufgelaufene Überstunden abfeiern, um anschließend das nächste Thema durch zu denken, vorzubereiten und langsam schon wieder Tempo für die neue Produktionsphase aufzunehmen. Schlage mich alles in allem ganz wacker, auch, weil ich ohnehin immer versuche, die Prioritäten richtig zu setzen. Aber einer dieser chefmäßigen „Tipps“ war dann doch so nah dran, dass ich schmunzeln musste:

Quelle: SPON
Quelle: SPON

Meine Eltern haben alles aufgehoben, und an diesem kleinen Arrangement, das seit Jahren(!) in wechselnder Reihenfolge unsere Fensterbank in der Küche ziert, erfreue ich mich jeden Tag.

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Es erfüllt mich mit sehnsüchtigen Fragen: Was hat der kleine Cowboy in Paris erlebt? Ist es überhaupt ein Cowboy oder ein cooler Schriftsteller? Ist ihm der Hund gerade zugelaufen? Und wird Superman den beiden zu Hilfe kommen? Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf, Erinnerungen, Ideen, eine Mini-Zeitreise im Schnelldurchlauf läuft da ab, wenn ich das morgens mit einer Tasse Kaffee in der Hand betrachte, aber niemals, nein, NIEMALS, würde ich das so wie unser Agenturchef als „Happiness-Kick“ (s.o.) bezeichnen. Und ich würde auch keine Agentur beauftragen, die überhaupt irgendetwas als „Happiness-Kick“ bezeichnet. Ich mag keine Keywords. Ich mag Schlüsselsätze.

Heute war in der BILD unser Grundgesetz abgedruckt. Natürlich mit Hintergedanken. Aber als ich es gelesen habe, habe ich gedacht: Das ist schon gut, dieses Grundgesetz. Das ist aber (leider) auch deswegen so gut, weil das Deutsche Volk als Volk davor so einen Riesenscheiß gebaut oder besser: mitgemacht hat. Und weil man danach sicher gehen wollte, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Doch leider bleiben Meinungsfreiheit und -vielfalt leere Worthülsen, wenn sich die Presse auf ein paar hörbare Stimmen konzentriert. Und dann wirken Claims wie: Bild dir deine Meinung! beinahe zynisch.

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