Televanz

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Was für ein Wochenende. Waren Freitag und Samstag in Berlin, weil meine Freundin gemeinsam mit unserer Kollegin Julia Driesen für eine Dokumentation über Frauen im 2. Weltkrieg den Robert Geisendörfer-Fernsehpreis bekommen haben. Das ist ein Preis der evangelischen Kirche, was umso bemerkenswerter ist, weil die Preisträger jetzt nicht besonders kirchlich oder explizit christlich waren.

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So hat z.B. auch Domian einen Sonderpreis bekommen, und der hat sich ja nun oft genug kirchenkritisch geäußert (nachdem er beinahe Theologie studiert hätte). Eine relativ bekannte Kirchenfrau, deren Namen ich wieder vergessen habe, hielt die Laudatio, bisschen lang vielleicht, aber gut und angemessen. Ich hätte das allerdings auch in 20 Sekunden geschafft:

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir kennen das alle: Man trifft im Supermarkt eine entfernte Bekannte, die einem sofort von der schwerkranken Schwester erzählt, und man möchte eigentlich nur noch weg. Und dieser Domian haut sich das jede Nacht rein, in doppelter und dreifacher Dosis – Respekt!

Mit Domian hätte ich mich in der Tat gerne unterhalten, ergab sich aber nicht, bin da auch immer zu schüchtern, weil ich denke, solche Menschen wollen ihre Ruhe haben, obwohl wir im selben Hotel waren, und er mich in der Lobby sehr nett grüßte. Wir waren stattdessen noch zu dritt, also mit unserer Kollegin Julia, in einer netten, kleinen Charlottenburger Eckkneipe und haben Dart gespielt. Undsoweiter.

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War auf den Fall eine interessante Veranstaltung. Zeigte mir, dass es immer noch Menschen gibt (auf beiden Seiten der Antenne), die Wert auf Inhalte legen. Außerdem hatte ich plötzlich große Lust, selber mal wieder ein relevantes Thema zu beackern.

Hab am Samstag Abend – eigentlich um mich bis zum Sportstudio wachzuhalten – noch ein bisschen arte geguckt und war total begeistert. Erst kam eine Doku über Jean Michel Jarre und hinterher noch eine über ein paar bekannte Klangkünstler. Aber der Reihe nach: Was ich nicht wusste, ist, dass der Vater von Jean Michel Jarre, Maurice, Hollywood-Komponist war, und zwar ein ziemlich erfolgreicher. Dafür war er als Vater nie da, und der Sohn Jean Michel erzählt, wie er sich viele Jahre später mit seinem Vater in Los Angels verabredet hatte, und der Vater ihn aber nicht zu sich nach Hause einlud, sondern in eine Hotelbar. Und wie sehr ihn DAS abschließend noch einmal total getroffen habe. Schrecklich. Dafür erzählt der deutsche Komponist Hans Zimmer in derselben Doku wenig später, dass der Vater, also Maurice, später auch mit elektronischer Musik gearbeitet habe, beinahe wie eine verspätete, verdeckte Kontaktaufnahme mit dem Sohn, verrückt, d.h. er konnte sich offenbar und eigentlich nur auf der Ebene der Musik seinem unbekannten Sohn annähern, und Zimmer sagt dann den Supersatz: Beziehungen sind immer kompliziert. Ja – mehr oder weniger, könnte man hinzufügen, aber die zwischen Vätern und Söhnen sind es wahrscheinlich immer, nicht unbedingt vordergründig, aber wenn man anfängt zu bohren, je älter beide werden, desto mehr kann man wahrscheinlich finden. Deswegen stellen manche Familien ja auch die Kommunikation ein, was die wichtigen Themen betrifft, sondern beschränken sich bis zum Totenbett des einen oder anderen auf Smalltalk.

Die Doku über die Sampler und Klangsammler war auch spannend. Mir fiel dabei ein, dass ich auf der CD zu meinem ersten Roman Jugendstil auch die meisten Klänge und Sounds selber eingesammelt habe, so klassisch mit einem mobilen Aufnahmegerät und einem Diktiergerät, alles analog natürlich. Und heute morgen lese ich schließlich in der Süddeutschen mit Genuss die Kritik zu David Gilmours neuer Solo-Platte und stolpere über folgende Antwort des Gitarristen, auf die Frage, warum es neun Jahre gedauert habe, bis die neue Platte fertig war:

Quelle: Süddeutsche vom 21.09.15, Autor: Alexander Gorkow
Quelle: Süddeutsche vom 21.09.15, Autor: Alexander Gorkow

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