Täter-Wissen

Was Banales vorab, obwohl es gar nicht so banal ist: Momentan fällt mir auf, dass bestimmte Gewerke mit sehr frauenfeindlicher Werbung aufwarten, vornehmlich so Produzenten von Garagentoren, Autoteilen, oder Gartenbau-Unternehmen („Bei uns steht nicht nur der Zaun“, letztens erst gelesen). Und heute morgen ist mir in unserer kleinen Esso-Tankstelle eine Warnweste ins Auge gefallen, wo ich mich auch gefragt habe, ob sie dem Hersteller ins Gehirn geschissen haben. Ich meine, das gibt es doch nicht. Man kann doch auch einen Durchschnittsmenschen mit normaler Kleidung vorne drauf packen, oder nicht? So sieht es aus wie eine Werbung für Telefonsex …

Warnweste

Im Moment drehen wir ja unter anderem für die arte-Wissenschaftsdokumentation über „Das Böse“. Am Dienstag hatte meine Co-Autorin die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh im Interview. Ich kenne sie schon seit ein paar Jahren und die Gespräche mit Frau Saimeh sind immer hochspannend, aber diesmal war es vor allem beinahe prophetisch. Denn ein Schwerpunkt des Gespräches war der norwegische Täter Anders Breivik. Und obwohl man immer ein bisschen gucken muss, dass man diese Tat, bei der es ja auch darum ging, eine möglichst große Berichterstattung und öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen, nicht wieder ins Rampenlicht zu stellen und ggf. Nachahmer zu inspirieren, sagte aber Frau Saimeh dazu, dass es gerade deswegen wichtig sei, diese Tat nochmal zu untersuchen, weil gerade solche Taten wahrscheinlich zukünftig öfter passieren würden. Und genau einen Tag später passierte dieses grauenvolle Attentat auf die jüdische Synagoge in Halle. Wenn man die formalen Rahmenbedingungen betrachtet, fast eine Kopie der Tat von Breivik. Und sie geschah nicht, weil wir eine Doku über Breivik gemacht haben, sondern weil der Täter einen jüdischen Feiertag als Tag X auserkoren hat.

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Das „vorbeihuschende Böse“ … ist nur der Kameramann!

Es zeigt uns auf jeden Fall zweierlei: dass eine Dokumentation über Täter wie Breivik sehr zurückhaltend, seriös und sachlich sein muss, dass es aber auch richtig ist, diese Tat von Oslo nochmal zu untersuchen, um noch mehr Sensibilität dafür zu schaffen, was um einen herum geschieht und worauf man achten kann, wenn man zumindest die eine oder andere Tat dieser Art zukünftig verhindern möchte. Wir werden auf jeden Fall versuchen, einen Extrablick auf diese Tätergruppe zu werfen und zu fragen, was diese innere Radikalisierung womöglich begünstigt.

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