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War gestern unterwegs im Namen der Firma. Protagonisten-Recherche in Thüringen. Hinfahren, kleines Video drehen, wieder nach Hause. Das sind eigentlich die schönsten Termine, aber gestern war der Aufwand extrem hoch. 6 Stunden hin, 1 Stunde reden, 6 Stunden wieder zurück. Aber, wie gesagt, eigentlich sind das die schönsten Termine. Weil der Druck nicht so hoch ist. Ich würde, glaube ich, gerne jeden Tag so Mini-Reportagen drehen. Interessante Leute besuchen, zeigen, wie die leben, und dann weiter zum nächsten.

Hatte letzte Woche so ein schönes kurzes Zusammentreffen mit einem interessanten Menschen. Die preisgekrönte Autorin Anke Stelling war bei den Alphabeten zu Gast, zwar morgens um 10, aber wir hatten es auch müde und nüchtern sehr nett und lustig. Abends zuvor waren Kollege Stuertz und ich noch auf der Lesung von Vea Kaiser, davor haben wir schnell noch die zweite Folge mit Dagrun Hintze fertig geschraubt, also, zwölf Stunden lang stand alles im Zeichen der Literatur. Es ist aber wichtig, auch diese Dinge weiter voran zu treiben.

meister

Fällt momentan schwer, mal durchzuatmen. Jeder Tag ist etwas Besonderes. Wir sind am Sonntag mit den Senioren Meister in der Landesliga geworden. Haben das letzte Spiel, das wir gewinnen mussten, überzeugend mit 5:0 nach Hause geschaukelt. Ich konnte sogar wieder einen Elfmeter verwandeln. Komme damit auf 6 Treffer in dieser Saison, für einen defensiven Mittelfeldspieler kein schlechtes Ergebnis: 2 Elfmeter, 2 Freistöße und 2 Tore aus dem Spiel heraus. Das ist mir das letzte Mal vor 25 Jahren gelungen, damals noch in Wolbeck. Meister geworden bin ich zuletzt in der A-Jugend, das ist noch länger her. Es war wirklich ein emotionales Erlebnis, mit den ganzen anderen „alten Säcken“, mit denen ich zum Teil ja schon 15 Jahre lang zusammen spiele, noch einmal so einen kleinen „Triumph“ zu feiern. Zumal sich erst am letzten Spieltag überhaupt die Möglichkeit ergab, noch am Spitzenreiter vorbeizuziehen. Herrlich. Und dass die Bayern mit einem überragenden Neuer und einem Weltklasse-Lewandowski noch das Double holen, war natürlich die Krönung. Hätte Uli Hoeneß danach auf der Party nicht über Boateng gesagt, er wirke wie ein „Fremdkörper“ – und das nach dem ganzen Gauland-Blödsinn.

Womit wir beim nächsten Thema wären: die große Wahl. Jetzt leben wir wieder in einer Zeit, in der man sich bei jeder Wahl in die Hose macht, aus Angst vor einem weiteren Rechtsruck. Aber die ganz große Katastrophe blieb aus. Und die Grünen haben zugelegt, auch das ist gut. Wenn man genauer hinguckt, fallen einem aber natürlich auch die Probleme auf: AfD wieder stärkste Partei in Sachsen, die SPD vor dem Aus. Das trifft mich wirklich, dass eine Partei, die eigentlich von jeher den besten Kompromiss dargestellt hat, sich über die Jahre nicht nur selbst so versenkt hat, sondern auch noch nicht verhindert, dass die Rechten wieder auf dem Vormarsch sind.

Und da schließt sich der Kreis: Thüringen ist zwar nicht Sachsen, aber man merkt sofort, wenn man im Osten unterwegs ist. Ich finde das ja gar nicht schlimm und meine das auch nicht blöd, aber man merkt es eben. Aber man merkt es auch, wenn man in Dortmund in der S-Bahn sitzt. Will sagen, der Westen hat es nicht geschafft, seinen Blick und sein Herz zu öffnen. Man sieht den Menschen im Osten an, dass sie sich bis heute irgendwie übergangen und nicht ernst genommen fühlen. Klar, auch in Bottrop oder Bayreuth gibt es ältere Herren mit Brille und Hut, die aussehen wie Honecker, aber hier in der Regionalbahn ab Eisenach sehen sie wirklich aus wie Honecker. Und in Bottrop vielleicht doch eher wie Herbert Knebel. Und ja, wenn ich die Ergebnisse aus Sachsen höre, denke ich auch, lass´ die da doch ihren Scheiß alleine machen, aber das ist natürlich keine Lösung. Es wäre Aufgabe der traditionellen Volksparteien gewesen, die regionalen, strukturellen Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Das Volk auszubilden, Geschichte in den Schulen zu lehren, den Osten und den Westen zusammenzuführen. Der „Content“ der Wiedervereinigung hat sie aber nicht sonderlich interessiert, und jetzt bekommen wir alle die Quittung.

Nachtrag: Die Protagonisten, die ich später am Tag in Thüringen getroffen habe, waren zwei sehr interessante junge Menschen, ein Paar, das sich hier mit anderen Gleichgesinnten auf einem Schloss zu einer großen „Hippie-WG“ zusammen geschlossen hat. Sie bereiten gerade ein Festival vor, bereisen aber auch die Welt, deswegen habe ich sie ja interviewt. Der junge Mann hat mich freundlicherweise danach zum Bahnhof gebracht, und ich habe ihn gefragt, wie er das Leben hier im Osten empfindet, und er sagte, früher sei das schon vorgekommen, dass Neonazis ihre Festivals gesprengt hätten, und dass die älteren Menschen hier vornehmlich „rechts“ seien. Aber es sei eben auch gut, dass sie jetzt da seien, die „Hippies“ vom Schloss, weil man könne denen ja auch nicht das Land überlassen. Das war das Bewundernswerteste und Mutigste, was ich seit langem gehört habe.

Ansonsten? Kann das sein, dass Union Berlin gestern den VFB Stuttgart aus der Bundesliga geworfen hat? Nee, kann nicht sein, oder? Nee, …

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