Theater

Snapseed

Nach mehreren Moskaureisen nun also ein kurzer Abstecher nach New York – für ein Interview. Also, Betonung auf „ein“. Verrückt, aber nun gut. So ist der Job.

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Bin dieses Jahr soviel unterwegs, dass ich leider auch unseren Familienurlaub zwischen diese ganzen Reisen für den Job „quetschen“ musste.

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Nachdem wir ja letztes Jahr mit dem Wohnmobil unterwegs waren, sind wir dieses Jahr wieder nach Schweden gefahren. Und obwohl wir das Altbekannte sehr genossen haben – angefangen von dem reichhaltigen Buffet auf der Fähre, bis hin zu Angel-, Bade- und Fußballplatz vor der Haustür – war es diesmal doch ein bisschen anders als in den Jahren zuvor. Weil die Jungs in den letzten zwei Jahren so eine enorme Entwicklung durchgemacht haben. Zwei von dreien sind ja jetzt schon junge Männer und der dritte auf dem Sprung dahin, und das war dann schon bemerkenswert.

Interessanterweise hat das nicht dazu geführt, dass sie sich abgesondert haben – nur ab und an, was der Erholung aber auch nicht abträglich war -, sondern dazu, dass wir auf dem Grundstück einiges geschafft haben: einen Baum gefällt und zersägt, einen Riesenhaufen Brennholz gestapelt, den Zaun repariert und die Terrasse vor der Angelbude ausgebessert. Ach ja, und dazu, dass ich beim Fußball spielen zum ersten Mal schneller erschöpft war als der Nachwuchs.

Aber das ist nicht schlimm. Mich hat in den letzten Wochen eine gewisse Ruhe erfasst. Notgedrungen. Das heißt, ich bin mir auch nicht sicher, ob es eher eine Art Müdigkeit ist oder Gelassenheit. Die Jungs aufwachsen zu sehen und zu sehen, wie sie immer selbständiger werden, ist jedenfalls ein großes Glück, zumal sie uns neben den üblichen, kleinen Begleiterscheinungen keinerlei Kummer bereiten. Sogar für Marshmallows am Lagerfeuer waren sie sich an einem Abend nicht zu doof, bzw. zu alt. Im Gegenteil, es war ihre Idee.

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Mich beschäftigen diese Dinge aktuell sehr, was natürlich auch mit dem Thema zusammenhängt, für das ich gerade im Flugzeug sitze: Amokläufer. Interviewe morgen dazu den amerikanischen Experten Peter Langman. Habe gerade noch zwei Aufsätze von ihm gelesen. Mit vielen Details über die verschiedenen Amokläufe und Kategorien der jeweiligen Täter, die in den letzten Jahrzehnten in Erscheinung getreten sind. „In Erscheinung treten“ ist übrigens eine dieser typischen, wissenschaftlichen Formulierungen, die ich so liebe. Weil sie so sachlich und präzise das Grauen beschreiben.

Jedenfalls tauchen da bei den Täterprofilen immer wieder Aspekte auf, die ich – in niedriger Dosierung – natürlich auch von meinen Jungs kenne: Computerspiele, schwarze Klamotten, (Selbst-)Definition von Männlichkeit und so „grandiose“ Sprüche auf dem Fußballplatz wie „Ich bin Gott!“, wenn einer von ihnen mal wieder ein Lattenschießen gegen mich gewonnen hat. Oder einen Kaugummi aus fünf Metern in den Mülleimer gespuckt. Oder was auch immer. Eric Harris, einer der Columbine-Attentäter hat das auch gesagt: „Ich bin Gott!“ Auf Deutsch.

Die große Frage bei diesem Amok-Thema ist natürlich die Rolle der Eltern. Warum haben die in allen Fällen nichts davon bemerkt, dass der Zug, in dem ihr Sohn sitzt, langsam, aber immer unaufhaltsamer in eine gefährliche Richtung fährt!?

Und während ich hier gerade in der alten Boeing 7irgendwas der United Airlines auf meinem „Economy Plus“-Platz sitze und ein Küchlein esse, das laut Verpackung fast ein Jahr(!) haltbar sein soll, denke ich mir, dass es vielleicht eine gute Sache war, mit allen Jungs den Riesenhaufen Brennholz in den regendichten Schuppen zu stapeln. Ein Haufen, der zunächst scheinbar nicht kleiner werden wollte und somit für schlechte Laune sorgte, sich am Ende durch die vereinten Kräfte und Durchhaltevermögen aber schließlich doch in Luft aufgelöst hatte. Ich habe den Dreien beim Abendessen für Ihre Hilfe gedankt und hinzugefügt, dass ihnen im Laufe ihres Lebens noch so einige Haufen in den Weg gelegt würden, die auf den ersten Blick unüberwindbar erscheinen. Und dass man jeden Haufen aus dem Weg räumen kann. Und das Beste? Ich habe es in dem Moment selbst geglaubt.

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