Geh, nesen

Bin nach meinem langen Urlaub erstmal krank geworden: Erkältung. Bisschen blöd, aber nicht zu ändern. Bin dann halbe Tage ins Büro, um mit den neuen Projekten nicht gleich ins Hintertreffen zu geraten. Fürs Bloggen fehlte mir da ein bisschen die Kraft. Außerdem hatte ich auch das Gefühl, dass man sich – wenn überhaupt – auf jeden Fall zu Trump äußern müsste, und dafür fehlte mir erst recht die Kraft.

In meinem „kleinen Walser“, in den ich zwischendurch gerne mal spicke, habe ich zwei Sprüchlein gefunden, die zwar schon 40 Jahre alt, aber immer noch hochaktuell sind:

Quelle: Martin Walser: "Der Grund zur Freude. 99 Sprüche zur Erbauung des Bewußtseins." (Rowohlt)
Quelle: Martin Walser: „Der Grund zur Freude. 99 Sprüche zur Erbauung des Bewußtseins.“ (Rowohlt)

Bin auch auf dem letzten Ende von „Geister“ angekommen, dem Roman, den mir mein Alphabeten-Kumpel Sebastian zum Geburtstag geschenkt hat. Tolles Buch – das im Übrigen sehr schön aufzeigt, wie durch die mediale Berichterstattung der Studentenrevolte in Chicago 1968 das „normale“ Volk am Ende so vergiftet war, dass es Nixon zum Präsidenten wählte. Da steht ein wunderschöner Satz, den ich hiermit teile:

„Manchmal glaubt ein Land, es hat verdient, dass man ihm den Hintern versohlt, manchmal will es umarmt werden. Wenn es umarmt werden will, wählt es demokratisch. Ich setze im Moment darauf, dass die Leute bestraft werden wollen.“ (Nathan Hill, „Geister“, S. 687)

Großer Satz – dem ich nach wiederholtem Lesen entgegen setzen würde: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Menschen, die Trump gewählt haben, endlich mal wieder in den Arm genommen werden wollten. Und das Wahlergebnis auch (zunächst) als Belohnung empfunden haben. Oder frei nach den Ärzten: Die verbreitete antidemokratische Aggression ist tatsächlich in allerletzter Instanz ein „Schrei nach Liebe“.

Wie sich die Zeiten ähneln, heute und vor 50 Jahren. Damals waren es die Studenten, heute die Flüchtlinge. Dabei zittern die „besorgten Bürger“ vor allem um die demokratischen Errungenschaften und gesellschaftlichen Freiheiten, die uns – zu großen Teilen – erst die Studentenbewegung gebracht hat. Passt hier der Ausdruck: Ironie der Geschichte?

Meine Freundin meinte, es sei – bei aller Gefahr und Trauer – womöglich gar nicht schlecht, dass sich unsere Kinder wieder politisch werden engagieren müssen. Ich meine, was waren unsere Themen? Bio-Lebensmittel? Öko-Baumwolle? Datenschutz? Ja, auch wichtig, aber nicht existentiell.

Wobei, vielleicht werden auch diese Fragen in Zukunft extremer. Hab heute im Radio gehört, es gebe in Norddeutschland Engpässe bei Freiland-Eiern (wegen der Vogelgrippe) und bei Gemüse (aus Spanien, wegen der Unwetter dort). Ich spare jedenfalls auf eine Ackerparzelle, die meine Söhne noch bebauen können.

Mein Großer ist jetzt 16 geworden. Habe ihm ein paar Actionfilme geschenkt, die mich geprägt haben, z. B. „Leon, der Profi“. Vorgestern nachts noch mal angeschaut. Den Director´s Cut, versteht sich. Was für eine Meisterleistung von Natalie Portman. Beinahe gespenstisch. Bin gespannt, wie meinem Sohn der Streifen gefällt.

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