Das Leben ist schön

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Der 9. November – von jeher ein geschichtsträchtiger Tag. Bislang nur in Deutschland, heute auf der ganzen Welt. Das nennt man wohl „Ironie der Geschichte“. Oder ist das schon Zynismus?

Meine Freundin begrüßte mich heute Morgen mit Tränen in den Augen. Ich dachte, ich hätte womöglich im Halbschlaf irgendetwas Unüberlegtes gesagt, doch sie murmelte bloß: Trump hat die Wahl gewonnen!

Ich hab die letzten Monate hier viel dazu geschrieben. Was das für ein Wahnsinn ist, dass die Medien so einen Typen hochjazzen, weil er Quote bringt. Ich habe aber auch immer gedacht: Es wird nichts passieren. Habe beim Bloggen sogar manchmal eher damit kokettiert, wie schlimm das wäre, wenn er gewählt würde, weil ich mir eigentlich sicher war, dass das nicht passieren würde. So gesehen, IST Amerika wirklich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Das ist ein politisches Ereignis, welches die Welt – in dieser ohnehin schon unruhigen Zeit – ganz schön auf den Kopf stellt. Ein Ereignis, das man seinen Kindern erklären muss. Vor dem man ihnen die Angst nehmen muss. Ich dachte heute spontan an „Das Leben ist schön“, den wunderbaren Film von Roberto Benigni, in dem ein Vater versucht, seinem Sohn im KZ vorzugaukeln, die Gefangenschaft im Konzentrationslager sei nur ein großes Spiel und alles in bester Ordnung.

Er tut das, um seinen Sohn zu beschützen. Ich weiß, ich lebe nicht in einem KZ, aber den Impuls, meinen Söhnen die Wahrheit zumindest schonend beizubringen und sie nicht mit meiner Sorge anzustecken, kenne ich seit heute besser denn je.

Thomas Hobbes erarbeitet in seinem Werk „Leviathan“, einem der wichtigsten, politischen Bücher überhaupt, die Bedeutung eines starken politischen Führers zum Wohle des Volkes. Die Gewaltenteilung lehnt er ab. Eine Art Monarchie kann er sich unter Umständen vorstellen. Eine wichtige Voraussetzung, die das Oberhaupt allerdings erfüllen muss: Es muss gut und kompetent sein. Hobbes schrieb das Buch damals unter dem Eindruck des Englischen Bürgerkrieges, der das Land ins Chaos führte. Wenn ich mir den gewaltigen, globalen „Rechtsruck“ anschaue, kann ich nur sagen: Hobbes hat recht. Vorausgesetzt, es gibt da draußen einen klugen, uneitlen, weitsichtigen, großzügigen, aufgeklärten Menschen, der den Job übernimmt –  Bitte, schafft die Demokratie ab! Oder legt eine Pause ein. Weil das System momentan zu anspruchsvoll für den Bürger ist. Auf der anderen Seite liegt genau darin die Schuld der Politik. Wenn Regierungen eben nur den Blick auf Wirtschaftsbeziehungen und die Sicherung von Rohstoffen richtet, anstatt auf die Aus-Bildung ihrer Bürger, dann kommt leider zwangsläufig irgendwann genau das dabei heraus.

Und deswegen sind die ganzen Wutbürger und Protestwähler weltweit womöglich sogar zurecht unzufrieden mit den etablierten politischen Kräften. Paradoxerweise jedoch nicht aus dem Grund, weswegen sie wirklich sauer sein könnten: Dass sie nämlich keine angemessene Bildung erhalten.

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